Rekuperation beim Betätigen der Bremse: Wer kann das alles?

[phonehoppy]

Alle E-Autos rekuperieren beim Bremsen, das ist ja klar. Selbst wenn die Reibungsbremse wirklich greift, addiert sich deren Bremswirkung ja auch nur zu der sowieso vorhandenen Rekuperation die es beim frei Rollen gibt. Da aber die maximale Rekuperationsleistung begrenzt ist, macht ein System, das explizit in bestimmten Phasen des Bremsvorgangs nur auf Rekuperation setzt, nur dann einen Sinn, wenn die Reku-Leistung beim Treten der Bremse gegenüber der Leistung im „Schiebebetrieb“ noch einmal erhöht werden kann - sonst würde ja gar keine echte Bremswirkung einsetzen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass im Schiebebetrieb die mögliche Reku-Leistung begrenzt wird und nur beim Treten der Bremse voll greift. Da stellt sich dann für mich die Frage, warum nicht gleich die Reku im Schiebebetrieb maximal sein soll.
Bei den Systemen wie aus der Ursprungsfrage geht es eher darum, dem Fahrer ein Verbrenner-ähnliches Gefühl zu vermitteln, d.h. im Schiebebetrieb rollt das Auto relativ frei, erst beim Treten der Bremse rekuperiert es ernsthaft. Für mich ist so eine Funktion aber überflüssig, denn dadurch wird kein bisschen Energie gespart, eher im Gegenteil. Das ist Augenwischerei, bzw. man will dem Kunden, der vom Verbrenner umsteigt, ein vertrautes Gefühl vermitteln. Mehr aber auch nicht.

[Ecano]

Reku ist gegenüber Rollen immer energetisch schlechter. Daher sind die unterschiedlichen Reku Stufen sinnvoll. Ich habe z.B. beim e-Up auf der Landstraße Reku 2, in der Stadt B und auf der Autobahn Stufe 1 oder 0 eingestellt. Auf der Autobahn lasse ich daher oft rollen und es wird dann erst beim Betätigen der Bremse rekuperiert.

[ollli]

Ich denke, dass ein Break by Wire, und das wäre ja notwenig, halt viel teurer ist als eine "normale" Bremse.

[Wintermute]

So isses, deshalb eine akademische Diskussion über vermeintliche Vorteile von Autos, die das können. Wenn die Kiste eine solide Reku inkl 'richtigem' OPD hat, brauche ich die Bremse so gut wie gar nicht.

Jedes Mittelklasseauto hat eine Bremsleistung von 1.000 PS und mehr. Darauf eine rekuperative Bremse auszulegen, wäre Ressourcenverschwendung. Sinnvoll ist eine Maximal Auslegung auf ca. 90% der maximalen Dauer-Motorleistung: diese gibt es praktisch ohne Mehraufwand.

Und segeln ohne den Fuß auf dem Pedal in einer bestimmten Position halten zu müssen, finde ich doche recht komfortabel. Und die Grundeinstellung der maximalen Rekuperation (Bergabfahrt, Autobahn, Stadt, etc. ...) und deren Steilheit mithilfe der paddels ist eine gute Lösung, ausreichende Abstufung vorausgesetzt.

[UliK-51]

Mein Ioniq28, den ich im Segelmodus fahre, verwendet die Nutzbremse mit einer- m.W.- Bremsleistung bis zu 80 kW und einem Wirkungsgrad von ca. 65%. Ca. einen halben Meter vor Stillstand (oder beim Befahren von Schlaglöchern) schaltet die Nutzbremse ab und die Scheibenbremsen übernehmen bis zum Stillstand.
Rostprobleme an den Bremsscheiben habe ich noch nie gehabt. Flugrost, ja. Lächerlich, das haben Verbrenner nach zwei Tagen Stillstand bei feuchtem Wetter auch. Ernsthaft rostende Bremsscheiben halte ich beim Ioniq28 für ein Märchen.

[Elektro-Jens]

Mein WoMo steht im Winter mehrere Monate und da sind im Frühjahr die Bremsscheiben immer schön braun. Ist nach einer Bremsung immer alles schön blank. Reicht schon die Fahrt zum TÜV. Gab noch nie Beanstandungen wegen Rost. Mit 230.000km ist erst der zweite Satz Bremsscheiben drauf.

[Karlsson]

Naja, der Eindruck ist auch nicht völlig falsch: Es gibt E-Fahrzeuge, eben auch Tesla, die verhalten sich da eher wie ein Verbrenner: Fuß vom Gas und es wird "Motorgebremst". Im Falle des E-Autos bremst der Motor als Generator und man nennt es Rekuperation. Ähnlich wie die Motorbremse beim Verbrenner ist diese Wirkung erstmal gleich und verzögert somit auch gleich. Eine Pedal/Fußbremse (aka Betriebsbremse) bremst hingegen abhängig von der Pedalstellung.

Das ist bei allen Elektroautos, die ohne Benutzung des Bremspedals rekuperieren genauso.
Beim Tesla kann ich ja auch Segeln, indem ich das Gaspedal so positioniere, dass weder beschleunigt noch gebremst wird. Gehe ich jetzt weiter vom Gas kann ich darüber die regenerative Bremsung stufenlos erhöhen. Beim Zoe ging das ein bisschen (reichte aber auch meist) und beim Tesla eben bis zur maximalen Rekuleistung.
Der Vorteil ist, dass man die maximale Rekuleistung ausnutzen kann ohne mechanisch zu bremsen.
Der Nachteil ist, dass man nicht präzise segeln kann. Also man wird immer ein bisschen beschleunigen oder bremsen. So, wie man bei Fahrzeugen, die erst beim Betätigen des Bremspedals rekuperieren, nicht die volle Reku reell nutzen kann ohne mechanisch mit zu bbremsen.
Es hat halt beides seine Vor- und Nachteile.
Würde man beides voll ausnutzen wollen, dann bräuchte man wohl ein zweites Bremspedal für rein regeneratives bremsen.
Oder den Wechsel zwischen maximaler und gar keiner Rekuperation wenn man vom Gas geht.
Das sind für mich aber Feinheiten. Letztlich kommt man mit beiden in der Praxis gut zurecht, es ist halt ein bisschen Geschmackssache und Gewöhnung.

[electic going]

Eigentlich gibt es dafür schon recht praktische Lösungen: den klassische Fahrstufenwahlschalter (aka Ganghebel). D, B und N schaffen das heute schon. Einzig dass N oft auch beim Bremsen ohne Reku ist. Aber sowas wäre lösbar, selbst Verbrennen können das mit passendem Gang. Aber so was simples wäre wohl nicht modern genug. Und da etlicher Fahrer glaubt mit exakt dieser oder jener Reku Stärke sparsamer zu sein als alle anderen Menschen, wird das natürlich auch kein Autobauer einfach lösen.

[Jens.P]

Ioniq5/ EV6 können, trotz Reku 0, bei betätigen des Bremspedals rekuperieren. Verhindert wird das in der Praxis jedoch, da es einen Bremsscheibenreinigungsvorgang gibt. Erst nach einer gewissen Anzahl an hydraulischen Bremsungen wird die Reku eingeschaltet. Und dieser Vorgang fängt bei jedem Fahrzeugstart von vorne an.

[Karlsson]

Aber so was simples wäre wohl nicht modern genug.

Ich denke eher, dass es für überflüssig gehalten wird. Und so total falsch ist das ja auch nicht. Den Normalnutzer kümmert das nicht, er gewöhnt sich einfach an sein Auto und fährt damit nach kurzer Zeit gut.