Dazu mal ein Beispiel:
Im Jahr 2009 gab es die sog. "StVO-Schilderwaldnovelle". Der entsprechende Entwurf sah u.a. die Streichung einer Regelung aus 1992 vor, die den ganz alten Verkehrszeichen aus den 70er und frühen 80er Jahren weiterhin Gültigkeit verschaffte. Sonst wären diese mit der Umstellung der Verkehrszeichen-Gestaltung im Jahr 1992 schlagartig ungültig geworden.
Im Rahmen der Schilderwaldnovelle von 2009 ging man nun davon aus, dass diese alten Verkehrszeichen inzwischen aus dem Straßenbild verschwunden seien müssten, da sie ihre technische Lebensdauer längst überschritten hätten bzw. nicht mehr funktionsfähig wären. Die StVO-Novelle passierte wie üblich den Bundesrat - die alten Schilder waren folglich ab dem 1. September 2009 ungültig. Tatsächlich waren davon aber noch hunterttausende im Einsatz.
Es hat dann ein wenig gedauert, bis dieses Thema richtig hochgekocht ist. Dazu ein Video:
https://www.spiegel.de/auto/aktuell/bue ... 88036.html
Am 13. April 2010 erklärte Verkehrsminister Ramsauer die Novelle, weges eines Verstoßes gegen das Zitiergebotes, für nichtig (ja, Herr Scheuer hat diesen Joker bei seiner Novelle auch gezogen)
https://www.spiegel.de/auto/aktuell/ver ... 88780.html
Das Verkehrsministerium hatte darauf die im Herbst 2010 eingeführte Winterreifenpflicht in die alte StVO (vor September 2009) eingepflegt, das Justizministrium hingegen in die neue StVO von Septeber 2009, die lt. Ramsauer angeblich nichtig sei. Diese Problematik erledigte sich erst mit dem StVO Neuerlass von 2013.
Was ich damit sagen will:
Weder haben die Verantwortlichen, welche die StVO-Novelle vorbereitet haben, die Problematik erkannt, noch haben die Länder im Zuge ihrer Anhörung interveniert. Auch ist das Problem im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren niemandem aufgefallen - die Nummer wurde (wie üblich) einfach abgenickt. Dafür gibt es schließlich entsprechende Erläuterungen usw., welche zusammenfassend beschreiben, was mit einer solchen Änderung bezweckt werden soll. Auf dieser Grundlage werden i.d.R. Gesetze beschlossen. Ob der Gesetzesentwurf tatsächlich praxistauglich ist, wird meist nicht im Detail hinterfragt.
Ebensowenig ist der damalige Zitierfehler aufgefallen, obwohl dies eigentlich ein elementares Kriterium für die Wirksamkeit einer solchen Änderung ist. Alle Instanzen haben diesbezüglich versagt. Und obwohl man angesichts des Dilemmas um die Schilderwaldnovelle von 2009 eigentlich sensibilisiert sein müsste, passiert der Fehler mit dem Zitiergebot 10 Jahre später gleich nochmal.
Insofern: Der Weg zu neuen Gesetzen und Verordnungen ist keineswegs so "professionell" wie angenommen.