Es wird auch immer wieder Bioerdgas in Erdgasautos als Alternative zum billigen und ökologischen Tanken ins Spiel gebracht.
Aus einer individuellen Perspektive (Systemgrenze das eigene Auto und die Herstellung des Bioerdgases und kurzfristig gedacht) mag das sinnvoll klingen, aus einer Perspektive, in der das gesamte Energiesystem optimiert und auf 0 Emissionen umgestellt wird, passt es aber nicht.
In Zukunft wird die meiste Energie aus den volatilen Quellen Solar- und Windenergie kommen. Da ist ausreichend Potential da, und sie sind auch die günstigten Energiequellen.
Wir haben dann wenige Stunden mit extremen Überschüssen und auch wenige Stunden mit extremen Mangelsituationen.
Zudem haben wir einen saisonalen Mangel im Winter. Der ist nicht so extrem, wie in der von Jupp78 angesprochen Situation (PV zu Wärmepumpe zum Heizen im Winter, Systemgrenze das Eigenheim). Es ist in Europa im Winter deutlich windiger als im Sommer. Auch ist ein gewisser Ausgleich über Fernleitungen in die südliche Peripherie Europas möglich. In Ländern wie Saudi Arabien ist der Sommerkühlbedarf so hoch, dass da im Sommer der Stromverbrauch doppelt so hoch ist wie im Winter. In Europa ginge der Ausgleich über nationale Grenzen, was die Sache etwas erschwert. In den USA ist es tatsächlich so, dass innerhalb der Landesgrenzen gemäßigtes und heißes Klima kombiniert wird und da aufgrund des großen Kühlbedarfs ein Sommerpeak im Strombedarf zu verzeichnen ist.
https://cleantechnica.com/2020/09/22/20 ... ctrify-50/
"Notice that with the 90% clean grid, the greatest need for fossil fuels is in July and August when wind energy is lowest."
Beim Heizen kommt noch hinzu, dass auch der Heizbedarf sehr konzentriert ist und Wärmepumpen bei sehr kalten Temperaturen einen schlechteren Cop haben.
Von einer Gesamtsystemperspektive bietet es sich an, dass Bioerdgas konzentriert im Winter genutzt wird, zum einen in KWK Anlagen, die gezielt in windarmen Perioden laufen, und zum anderen in Hybridheizungen in Bestandseinfamilienhäusern abseits von Wärmenetzen. Da kann dann eine Außenluftwärmepumpe 90% des Wärmebedarfs erschlagen und klein und billig dimensioniert werden.
Bioerdgas ist eine sehr begrenzt einsetzbare Resource. Im Erdgasauto wird die gleichmäßig über das ganze Jahr eingesetzt und nicht konzentriert in die 10% des Jahres im Winter mit wenig Wind und hohem Wärmebedarf. Biogas ist heute 8% der Stromproduktion. Konzentriert man das auf 10% der Zeit, hat man damit die Dunkelflaute schön erschlagen. Nimmt man das weg für den Verkehr, kann nur ein kleiner Teil des Verkehrs umgestellt werden, und man hat immer noch das Dunkelflautenproblem beim Strom.
Damit individuell so optimiert wird, wie es für das Gesamtsystem passt, muss folgendes passieren:
Bioerdgas/Erdgas/Syntheseerdgas wird teurer werden müssen, kann aber weiterhin zu einem einheitlichen Preis abgegeben werden, statt bisher 7 Cent die kWh, dann eher 15 Cent die kWh
(Umrechnungen hier, es fällt auf, dass Erdgas an der Tankstelle kaum mehr kostet als Erdgas zum heizen, während Diesel deutlich teurer ist als Heizöl, hängt an den Steuern zur Zeit)
https://www.erdgas.info/erdgas-mobil/er ... npreise%20(Stand%3A%20Jahresdurchschnitt%202019,13%20Euro%20(H%2DGas)
Strom dagegen muss im Schnitt billiger werden, dafür muss der Preis schwanken, je nach Verfügbarkeit der Erneuerbaren und und Auslastung der Leitungen.
Also z.B. bei lokalem Überschuss 4 Cent für den PV Erzeuger, 0 Cent an Netzkosten und 0 Cent Steuern, Abgaben, Umlagen, bis auf 19% Mehrwertsteuer
Und in der Dunkelflaute um 18;00 80 Cent für den Erzeuger (Gasturbine oder Motor mit 40% Wirkungsgrad aus 15 Cent Bioerdgas gibt schonmal fast 40 Cent, dann noch die niedrigen Volllaststunden und 80 Cent passt), 40 Cent an Netzkosten (Auslastung unter 1% für diese Ausnahmesituation), macht 1,20 Euro pro kWh plus Mehrwertsteuer.
Der Elektroautofahrer mit großer Batterie lädt dann nicht gerade um 18;00 in der Dunkelflaute, außer es ist ein Notfall, dann kann er es. Er wird nicht zwangsabgestellt über eine smarte Ladestation (durch den Netzbetreiber).
Das Einfamilienhaus mit Hybridheizung und Cop 2 (kaltes Wetter), stellt ab etwa 30 Cent die kWh für Strom auf Bioerdgas in der Heizung um, wenn der lokale Wärmespeicher zu klein zur Überbrückung der Hochpreisphase ist.