Die App-Gesellschaft

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Die App-Gesellschaft

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  • Wiese
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Alle die diesen Text lesen bitte ich darum die Zeilen vorurteilsfrei zu überdenken. Einige werden gar nicht die Zeit haben das alles überhaupt durchzulesen, aber wer sich die Zeit nimmt, sollte darüber nachdenken und sich im klaren sein, dass mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung in einer analogen Welt aufgewachsen ist.
Worum geht es?
Es geht darum, dass für viele zu Vieles selbstverständlich ist. Dass heute jeder ein Smartphone besitzt, hat nichts damit zu tun, dass der/die das auch richtig und vollständig bedienen kann. Ein Smartphone lässt sich meiner Meinung nach gut mit einem Auto vergleichen, und wer sich mal ernsthaft mit den Fähigkeiten von Autofahrer(inne)n befasst hat (ich habe mich aus beruflichen Gründen damit beschäftigt), weiß, dass der Besitz eines Autos und Füherscheins nicht viel damit zu tun hat, dass jemand auch gut fahren kann. Das ist auch ein Grund dafür, dass ich mich für deutliche Einschränkungen bei der "Freiheit" im Straßenverkehr einsetze. Das ist aber ein anderes Thema.
Ich will zum eigentlichen Punkt kommen: Die Selbstverständlichkeit, dass ein Smartphone ein lebensnotwendiger Teil der Existenz ist. Und dass durch diese Selbstverständlichkeit alles im Leben mit diesem Smartphone verbunden werden muss.
Die Storry, die mich zu diesem post veranlasst hat:
Ich habe bei meinem freundlichen Händler mein neues Auto abgeholt. Dass da gleich beim Abholen das Radio nicht funktionierte und 2 Meister plus Telefonjoker recht ratlos waren hat mich zunächst amüsiert. Ich habe den mit einem Laptop bewaffneten Mechaniker dann nach mehr als einer halben Stunde des erfolglosen Suchens gebeten, doch einfach mal den Bleiakku abzuklemmen. Auch das ist für mich wie vieles Anderes ein Problem der digitalen Welt und des digitalen Gehorsams. Die Menschheit beginnt zu glauben, dass der Laptop, in diesem Fall mit Verbindung zum Steuergerät, weiß was zu tun ist - er wusste es eben nicht!
Bei der Fzg-Übergabe wurde mir eine EnBW-Ladekarte mit viel Werbe-blabla als Anhang übergeben. Da bei mir im Umkreis auf fast jeder Säule das EnBW-Logo zu sehen ist, war mir das ganz recht. Zu Hause habe ich dann brav alle aufgeführten Anweisungen befolgt und die Karte bei der EnBW angemeldet, Kontonummer und Adresse hinterlegt und die üblichen unendlich langen Nutzungsbedingungen bestätigt. Auch die App habe ich auf mein mobiles Endgerät geladen, wer weiß, ob mans mal brauchen kann.
Das Ergebnis war aber eher ernüchternd! Die ersten beiden EnBW-Säulen waren defekt, bzw. nicht in Betrieb - ich berichtete bereits darüber. Aber auch bei der nächsten Ausfahrt, bei der ich mal einen Schnellader ausbrobieren wollte, hat die Ladekarte nicht funktinoiert. Ok, dann werd ich mal die EnBW anrufen, dachte ich mir.
Aber ich hab auch noch eine Maingau-Karte. Die habe ich schon bestellt, bevor das Auto da war, und die wartete ja auch mal auf ihren ersten Einsatz. Als ich diese bestellt habe war es natürlich auch die übliche Prozedur, und Maingau hat mir, nachdem sie alle meine geheimsten Daten hatten, eine Karte zugeschickt. Auch die App habe ich brav aufs Smartphone installiert. Die Versuche eine Ladestation zur Zusammenarbeit mit meinem Ioniq zu überreden schlugen aber fehl. Niemand will mir Strom verkaufen - "kein Schwein ruft mich an ..." dachte ich mir.
Irgendwas muss ich falsch gemacht haben! Also hab ich nochmal die HP der Maingau-Energie studiert. Nur blabla und wie einfach es doch ist ein E-Auto aufzuladen. Ok, die App hab ich nicht ausprobiert, das wäre noch eine Möglichkeit gewesen. Aber ich wollte eigentlich die Karten testen, denn die liegen immer im Auto. Eine App funktioniert nur, wenn man auch ein Netz hat.
Also mit dem Laptop auf die Maingau HP - einfach strom laden - und dort aufs Nutzerkonto. So landet man sozusagen automatisch in der App und kann dort alles prüfen und einstellen - fast alles!
Dort finde ich beim Zugriffsschlüssel nur Typ: app. Ich denke mir, dass dort doch auch meine Ladekarte zu finden sein müsste. Aber die Suche ist nicht von Erfolg gekrönt.
Die FAQ verrät mir, dass ich meine Ladekarte in der App registrieren muss. Aha, aber ich finde beim besten Willen nichts. Stand da irgenwo wie das geht? Ich kann mich nicht erinnern, dass mit der Ladekarte ein Hinweis kam, dass die Karte oder wie die Karte registriert werden muss. Schließlich habe ich ja die App auf meinem Laptopp geöffnet und auch die ganze HP durchsucht - nichts!
In meiner letzten Verzweiflung öffne ich die App auf meinem Smartphone. Ich weiß aber, dass die dort genau so aussieht, ich hab die ja schon öfter mal benutzt um zu testen, ob ich dort zu den Ladestationen navigieren kann usw.
Jetzt entdecke ich auch den Unterschied zwischen Smartphone- und Computerapp. Der Punkt Zugriffsschlüssel heißt jetzt Ladekarten / Ladechips und dort findet man nun auch einen Button "Ladekarte aktivieren".
Genau das Selbe habe ich dann bei der EnBW-App entdeckt.
Und jetzt frage ich mich ernsthaft, ob eigentlich die so tolle digitale Welt nur dafür gemacht ist unbedarfte Leute zu verarschen. Eigentlich dachte ich, dass ich nicht ganz blöd bin. Ich hab schon Lagerverwaltungen für unsere Firma auf Access erstellt, ich kann recht gut mit Excel umgehen, ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit Computern und Steuerungen. Ich brauche oft etwas länger bis es "klick" gemacht hat, aber dann läufts. Ich kenne sehr sehr viele Leute, für die ein Computer immer noch ein Buch mit 7 Siegeln ist, wie sollen die alle mit diesem Unfug zurecht kommen. Da ist es doch tausend mal einfacher an die Tanke zu fahren und Sprit nachzufüllen.
Ich frage mich wirklich ernsthaft, wer auf die bescheuerte Idee gekommen ist, dass man eine Ladekarte nur mit einem Smartphone frei schalten kann. Es gibt nirgends einen klaren und deutlichen Hinweis, dass man die Karte freischalten muss, und dass man für die Freischaltung zwingend die Smartphone-App benutzen muss.
Es gibt noch viele Millionen Menschen, für die ein Smartphone nicht zum Lebensinhalt geworden ist. Für viele Millionen Menschen existiert noch eine analoge Welt.
Die nächsten Jahre werden spannend. Gerade wir älteren Leute, die das Auto in der Regel nur für kleinere Strecken nutzen und gelegentlich mal nen Ausflug machen oder in Urlaub fahren, sollten doch die perfekten Kunden fürs E-Auto sein. Aber so wird das nichts!
Zuletzt geändert von Wiese am So 29. Dez 2019, 14:51, insgesamt 1-mal geändert.
Umweltrelevantes: ab 2007 5,76 kWp PV, ab 2008 Naturstromkunde, ab 2009 20m² Thermie, ab 3. Dez. 19 Ioniq FL Style in blau
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Re: Die App-Gesellschaft

Ckraftwerck
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Hallo,
schön zu lesen, ja es stimmt, es geht einem jeden Tag so, mit irgendeiner app oder webseite oder Gerät, man denkt sich entweder "bin ich blöd oder die".
Aber ich mache mir dann immer klar, dass wir gaaanz am Anfang stehen, Standards werden sich früher oder später etablieren und dann wird alle viieel viiiell besser....

Re: Die App-Gesellschaft

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:lol: :lol: :lol:
Das ist gut - vielen Dank für Deinen Beitrag!
Jetzt kann ich meinem 20-jährigen Sohn endlich sagen, wie er die Karte aktiviert bekommt.

Es liegt also nicht nur am Alter. :D
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Re: Die App-Gesellschaft

Misterdublex
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Sehr schön dargestellt!

Es wird Zeit, dass an jeder Ladesäule Giro-e geht, denn dann hat man wenigstens die Gewissheit (vorausgesetzt die Ladesäule hat auch wirklich Strom/Netz), dass man Strom bekommt. Gedeckelt sind die Stromkosten dann auch, denn m.W.n. gehen damit nur ca. 20 €.
11/2017 bis 10/2023: VW E-Golf300 als Zweitfahrzeug, mit AHK (Heckträger) von Bosstow nachgerüstet,
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Re: Die App-Gesellschaft

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Wenn Tapatalk hier "like" unterstützen würde... Bild

Ich sage schon seit Monaten, dass ich mich auf die vielen Elektromobilisten "freue", die fluchend vor den Ladesäulen stehen. Besonders die hochhackigen :)

Aber irgendwo steht es schon, ich hatte das glücklicherweise schnell so eingerichtet. Und gerade die EnBW App ist vorbildlich. Aber ja, ohne App-Affinität ist man auf verlorenem Posten.
Tesla Model 3SR+, Nissan Leaf 2018 Acenta, Lade optimiert zuhause per PV und/oder Tibber. Habe eine App geschrieben für das PV-unterstützte Laden (siehe https://android.chk.digital/).

Re: Die App-Gesellschaft

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Schwani hat geschrieben: :lol: :lol: :lol:
Das ist gut - vielen Dank für Deinen Beitrag!
Jetzt kann ich meinem 20-jährigen Sohn endlich sagen, wie er die Karte aktiviert bekommt.

Es liegt also nicht nur am Alter. :D
Ich glaube es nicht !!!
Danke, dass Du mir ein bisschen Selbstvertrauen zurückgegeben hast. Ich bin also nicht alleine :massa:
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Re: Die App-Gesellschaft

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Ist jetzt OT, aber Du hast es ja angestoßen:
Wiese hat geschrieben: ....wer sich mal ernsthaft mit den Fähigkeiten von Autofahrer(inne)n befasst hat (ich habe mich aus beruflichen Gründen damit beschäftigt), weiß, dass der Besitz eines Autos und Füherscheins nicht viel damit zu tun hat, dass jemand auch gut fahren kann. Das ist auch ein Grund dafür, dass ich mich für deutliche Einschränkungen bei der "Freiheit" im Straßenverkehr einsetze.
Ich kann diese Ansicht voll bestätigen!
In den vergangenen 14 Jahren habe ich beruflich mehr als 1,1 Mio km mit meinen Fahrzeugen zurückgelegt, und was ich dabei auf den Straßen erlebt habe läßt mich zu folgendem Schluß kommen:
Jeder Fahrschüler lernt in der Fahrschule zumindest so viel, daß er nach bestandener Prüfung den Führerschein erhält.
Er kann üblicherweise also ohne eine wesentliche Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer darzustellen am Straßenverkehr teilnehmen.
Nun obliegt es ihm selbst durch ausreichende Fahrpraxis das in der Fahrschule erlernte Wissen zu festigen und noch auszubauen.
Leider zeigt die Praxis aber, daß bei seeehr vielen Autofahrern dieses Minimalwissen eben *nicht* ausgebaut wird, sondern im Gegenteil sogar elementares Wissen wieder *verlernt*, oder dieses sogar bewußt nicht angewendet wird (blinken ist Luxus, WhatsAppen während der Fahrt eher Standard als Ausnahme, Tempolimits werden nicht einmal mehr als Empfehlung angesehen, etc, etc....)!
Nur so lässt sich erklären daß man z.B.auf einer Bundesstraße in einer 70er-Beschränkung selbst mit 80 unterwegs ist, und dann vom nachfolgenden Fahrzeug mit mindestens 100 und gleichzeitig eine Sperrfläche überfahrend, überholt wird - und das passiert nicht nur einmal!
Oder wenn einem auf der Autobahn (Tempolimit 130), wo man selbst schon 140 fährt, dutzende andere Fahrzeuge mit über 160 um die Ohren fahren.... :roll:
Die "Spielregeln" werden also von Vielen bewußt nicht eingehalten, also sind die angedachten "deutlichen Einschränkungen bei der Freiheit im Straßenverkehr" dringend notwendig und müssen mit massiven Strafen auch durchgesetzt werden! :geek:
Seit 11/2015 Leaf Tekna 24kWh (EZ 03/2015), 229.000 gefahrene km
seit 07/2020 Leaf Tekna 40kWh (EZ 10/2019), 39t gef. km
seit 04/2023 Leaf Tekna 62kWh (EZ 08/2021), 9t gef. km
verkauft: 2016er Leaf Acenta 30kWh, 42t gef. km

Re: Die App-Gesellschaft

Afaik
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Wiese hat geschrieben: Jetzt entdecke ich auch den Unterschied zwischen Smartphone- und Computerapp. Der Punkt Zugriffsschlüssel heißt jetzt Ladekarten / Ladechips und dort findet man nun auch einen Button "Ladekarte aktivieren".
Für den Programmierer der Software ja auch total logisch, hat er ja selber geschrieben. Man könnte ja eine Abfrage hinterlegen, die beim ersten Starten fragt ob man den nicht rein zufällig eine Ladekarte aktivieren möchte. Rettet einen aber auch nicht, wenn nach dem ersten Rumspielen, dann Wochen später die Karte kommt.

Taxi-Stromer hat geschrieben: Die "Spielregeln" werden also von Vielen bewußt nicht eingehalten [...]
Wenn die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden gegen Null geht (oder die Strafe entsprechend klein ist), dann interessieren die Spielregeln wenig. Lass mal irgendwo ein Polizeifahrzeug rumfahren, dann kommen auf einmal alle Erinnerungen schlagartig wieder und werden auch übertrieben umgesetzt. Da die Zeiten des "Streife fahren" ja scheinbar vorbei sind, bleibt es halt leider immer öfter beim Desinteresse an den Spielregeln. (Besonders gut beim Rechts überholen zu sehen, könnte über hunderte Meter ohne Messgeräte festgestellt werden, interessiert aber trotzdem immer seltener und das Thema taugt grade noch dazu um eine Diskussion über Mittelspurschleicher los zu treten)

Re: Die App-Gesellschaft

Helfried
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Ich finde halt, wer das mit den Apps nicht versteht, kann doch klein anfangen und sich langsam einüben. In dem Alter hat man doch alle Zeit der Welt.
Mal eine einfache Wetter-App sich vom Enkerl installieren lassen, damit rumspielen, (hoffentlich) Gefallen daran finden, dann die nächste App schon selber installieren usw.
So schwierig kann das doch nicht sein.

Re: Die App-Gesellschaft

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Schon mal versucht, ab einem gewissen Alter eine Teetasse ruhig zu halten? Dann kannst Du Dir vorstellen, dass ein Touchscreen nichts taugt. Stichwort Tatterich.

Randloses Display? Nur für Leute unter 70. Alle andere machen irgendwelche Aktionen allein beim Halten des Phones.

Heutiges UI braucht Intuition bei der Bedienung, es fehlt die Abgrenzung der Bedienelemente (Buttons, Editfelder,...). Intuition, die selbst Computeraffine schon manchmal zur Verzweiflung bringen kann, wenn sie über 40 sind. Einfachklick, Langklick, Ziehen,... Hä? Hilfen, Handbücher? Wassn das?

Tesla Model 3SR+, Nissan Leaf 2018 Acenta, Lade optimiert zuhause per PV und/oder Tibber. Habe eine App geschrieben für das PV-unterstützte Laden (siehe https://android.chk.digital/).
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