Open Source Lizenzen

Re: Open Source Lizenzen

drgrandios
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Der Aufwand wird jetzt darin bestehen jeden einzelnen Code, den man verwendet hat zusammenzustellen. Selbst wenn man gar keinen Source-Code dazu hatte, sondern nur fertige Libraries unter LGPL oder compilierte Programme unter GPL verwendet hat.
Wenn das jetzt erst passiert, hat VW einfach Mist gebaut. Das Bereitstellen des Source Code wird von der Lizenz gefordert, wenn man GPL Code ausliefert. Punkt. Jetzt zu motzen, dass das ja irgendwie aufwendig ist.. kann ich nicht nachvollziehen.

Dann muss man eben auf GPL Code verzichten und das Rad selbst für viel viel Geld neu erfinden. Oder sich einfach an Lizenzen halten und die (imho kleine) Aufgabe, den Source Code irgendwo abzulegen, von vornherein mit einplanen.
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Re: Open Source Lizenzen

nicole_f
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So... jetzt wollen wir uns erstmal entspannen und zweimal tief durchatmen... hier knallen gerade offenbar ein paar etwas konträre Auffassungen aufeinander, die aber eigentlich gar nicht so weit voneinander weg sind. Da finde ich es doch gut, mal offen und _entspannt_ darüber zu reden. Um auch den Bezug diesem Forum etwas herzustellen, Fahrzeuge, gerade elektrische, werden in Zukunft noch viel mehr Software beinhalten und da ist es IMHO dann doch sehr gut, wenn man sich mal darüber unterhält, unter welchen Bedingungen das stattfinden kann und vielleicht sollte.
gohz hat geschrieben: Er hilft aber auch nicht die Welt besser zu machen. Er schafft evtl. Bewusstsein, bei VW, was die ganzen Lizenzen bedeuten. Konsequenz wird sein, dass es danach eine Richtlinie intern bei VW gibt was man beim Einsatz von GPL-, LGPL-, Apache-Lizenzen, etc. zu beachten hat und es wird Vorgaben geben wo man es nicht einsetzen darf. Das man als Konsequenz die Sourcen von VW bekommt, glaube ich nicht.
Ich hatte es schon in dem anderen Post geschrieben, ich mache sowas nicht zum ersten mal und ich habe auch schon mit und bei großen Konzernen gearbeitet. Ich weiß durchaus, wie die intern funktionieren und wie Dinge dort ablaufen. Was ich in dieser Diskussion bspw. nicht verstehe ist, warum hier mit zweierlei Maß gemessen werden soll? Wenn solche Firmen Software von anderen Firmen lizensieren ist es doch auch völlig selbstverständlich, dass sie sich an die Lizenzbedingungen halten müssen und ggf. sogar pro Lizenz (oder Seat oder was auch immer) Geld abdrücken müssen, das ganze muss verwaltet und gemeldet werden etc. etc. Da ist es auf einmal OK und selbstverständlich? Die Kosten die alleine für die Verwaltung entstehen sind OK? Aber wenn sie eine Open Source oder freie Software Lizenz beachten sollen, dann ist das auf einmal ein No-Go?

Das halte ich für grundfalsch. Und es ist auch nicht meine Erfahrung bei solchen Unternehmen. Je größer der Laden, desto mehr Leute schauen auf die Software Lizenzen, die in ein Produkt einfließen, weil die genau wissen, dass die das hinterher, wenn es mal im Feld ist, sehr unangenehm beißen kann. Das ist bei kommerzieller Software so und das wird in den meisten Fällen auch bei Open Source und freier Software ganz automatisch gemacht. Wer das nicht macht, handelt schlicht und ergreifend fahrlässig.

Wenn man es von Anfang macht, dann ist das am Ende auch gar kein Problem. Ein paar Skripte und gut ist. In meiner vorherigen Firma haben wir das für embedded Geräte mittels OpenEmbedded gemacht und ein Skript gebaut, dass dann praktisch auf Knopfdruck alle Quelltexte in genau der im Produkt verwendeten Version ausgespuckt hat. Fertig ist die Laube, Aufwand weniger als 1/2h zur _Erstellung_. Das werden nur viele Euros, wenn man vorher die Lizenzen gründlich ignoriert hat. Doch das ist dann eben die eigene Fahrlässigkeit und Schuld, nicht das Problem der Lizenzen und schon gar nicht mein Problem.

Was VW da gemacht hat? Nuja, wir wissen es noch nicht und aktuell vermute ich einfach mal, das dauert so lange, weil die Anfrage noch zwischen Abteilungen Ping Pong spielt und noch nicht die richtigen in der Entwicklung erreicht hat. Ich unterstelle VW an dieser Stelle keine Unwilligkeit, nur werde ich vermutlich in der Tat die erste sein, die konkret danach gefragt hat. Nuja, c'est la vie ;)

Was viele Firmen in der Tat noch nicht kapiert haben ist, und das ist auch schlicht meine Erfahrung aus vielen Kundengesprächen, dass das Beitragen zu Open Source Projekten schlussendlich ihnen selbst wieder zugute kommt. Das ist ein Lernprozess, den andere Industrien schon länger begonnen haben und der jetzt auch in der Automobilbranche ankommt. Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen und einfach die Sachen nur konsumieren "Oh toll, free beer!". Doch die Entwicklung bleibt nicht stehen, man will auch morgen noch den gleichen Vorteil haben, weitere Entwicklung, weitere Features, Bug Fixes etc. Wenn immer nur konsumiert wird aber niemand etwas zurückgibt, dann sterben die Projekte und damit ist dann niemandem geholfen.

Sicherlich gibt es Projekte, in denen man einfach wenig bis nichts zurückzugeben hat, außer eben vielleicht mal einen Bug Report - auch gut. Dagegen hat ja auch niemand etwas. Ich arbeite seit fast 25 Jahren im embedded und mobile Linux Umfeld (mein erster Kernel Patch war IIRC gegen 0.96, also um 1992 - weio) und da fallen ständig Patches an, Bugfixes, Verbesserungen, neue Features etc. - entweder an den verwendeten Open Source Komponenten selbst, dem Build System und vielen anderen Stellen. Wenn ich das alles ständig für mich behalten würde, dann lande ich in einer völligen Maintenance Hölle, da ich dann in alle Ewigkeit diese Bugwelle von Kram weiter schieben muss, um meine Kund*innen mit aktuellen Versionen des Rests versorgen zu können - oder die Alternative ist, dies eben nicht zu tun, dann altert und gammelt das Produkt vor sich hin, bis es irgendwann auseinanderfällt. Wozu das führt, sehen wir immer wieder in der Presse, wenn irgendwelche China Plaste E-Tronik völlig ranzige ur-alt Stacks enthält, die diverse Bugs hat, die keiner fixt. Oder auf Autos bezogen, wann gäbe es schonmal Updates für die darin verwendete Software? Selten, sehr selten, und wenn, dann werden nur die allernötigsten Löcher gestopft.

Ich möchte an der Stelle auch mal auf die Entwicklung von Mobiltelefonen verweisen. Vor 20 Jahren waren das genau solche Dinger, völlig vernagelt, super proprietär, das hast Du gekauft und das war's. Wenn da ein Bug drin war, musstest Du damit sehr wahrscheinlich leben lernen, weil es keine Updates gab. Das war eben ein Klumpen Hardware und so wurde das auch von den Herstellern betrachtet, einmal verschippert war es eben so wie es ist. Apple hat diesen Markt grundlegend mit dem iPhone umgekrämpelt, die Komplexität des nötigen Softwarestacks drastisch erhöht, einige Zeit später kam Android und heute haben wir ein in großen Teilen auf Open Source und freier Software basierendes Smartphone System, das alle paar Tage irgendwelche Updates bekommt. Je höher man im Stack geht, desto besser klappt das auch. Nur auf der Hardware Ebene verhalten sich die Hersteller nach wie vor fast wie vor 20 Jahren, was dann zu uralten Kernel Releases führt, weil die ihren Kram einfach nicht weiter pflegen - und es gerade bei diesen Dingern oft auch nur der Hersteller kann, weil noch proprietäre Userspace Komponenten dranhängen.
gohz hat geschrieben: OK, dann geht es Dir gar nicht um Open-Source. Dir geht es um GPL. Das sind zwei Paar Schuhe.
Mir geht um beides, nicht das eine oder das andere, beides. Ich möchte a) dass sich Firmen wie VW an die Lizenzen, die sie verwenden und mit der Verwendung zugestimmt haben, auch halten und b) dass die Sachen, so wie es gerade die GPL/LGPL verlangen, auch wieder öffentlich gemacht werden. Der Grund, warum die GPL/LGPL diese Verpflichtung beinhalten ist schlicht und ergreifend, um das Ökosystem freie Software am Leben zu erhalten, s.o. Wenn alle nur noch konsumieren, wer entwickelt den Kram dann noch? Je mehr öffentlich wird, desto besser und schneller geht es vorwärts.
gohz hat geschrieben: Dir ist aber schon klar, dass Du vermutlich nichts bekommst, was VW zusätzlich entwickelt hat, oder? Und auch nichts dagegen machen kannst, weil die Nutzung von GPL-Software nicht verlangt, dass man Entwicklungen, die man mittels Nutzung von GPL-Software gemacht hat, auch veröffentlicht werden. Es sei denn Du kannst nachweisen, dass VW tatsächlich die bestehenden GPL-Sources geändert hat oder die verwendete LGPL-Libraries.
Die Software darum herum ist von GPL, LGPL nicht erfasst. Und bei SW mit Apache-, BSD- und anderen Lizenzen sieht es so und so ganz anders aus.
Habe ich etwas anderes behauptet?
Und ja, das ist genau die Kritik der FSF an freizügigeren Lizenzen wie Apache, BSD etc. Kann man sich drüber streiten, was nun besser sein könnte. Ich bin auch kein uneingeschränkter Fan der FSF, doch die Vorteile der GPL/LGPL für die Verbreitung von Wissen sehe ich absolut und daher verwende ich die auch für meine Sachen.
gohz hat geschrieben: Bin gespannt. Glaube nicht, dass Du etwas bekommst, was man an den GPL-Sourcen geändert hat. Weil man vermutlich auch nichts geändert hat. Warum sollte man das auch? Ich habe bei meiner SW nie etwas an GPL-Komponenten ändern müssen. Wenn es da Fehler gibt, gibt man das als Fehlermeldung an die eigentlichen Entwickler.
Da können durchaus interessante Dinge dabei sein, denke ich bspw. an einen laufenden Linux Kernel, dann ist der sehr wahrscheinlich für diese Hardware angepasst worden und ggf. neue Treiber entwickelt worden. Das wäre doch super, wenn dass auch sichtbar und öffentlich würde? Dann braucht die nächste Person, die die gleiche Peripherie hat oder die gleiche CPU verwendet das nicht noch einmal von vorne zu machen? Das ist doch gerade der Witz bei Open Source und freier Software?

Ist ja schön, dass Du das noch nicht musstest. Für mich ist es Alltag, gerade für embedded Systeme. Ohne Kernel Anpassung geht fast nirgends etwas. Für Applikationen etc. bastelt man auch oft an Toolkits und Bibliotheken herum. Oder auch so Sachen wie Dalvik (ja, nicht unter GPL) werden gerne angefasst, um ggf. noch etwas mehr Dampf mit JIT rauszuholen etc. Toolchains und andere Werkzeuge werden auch oft angepasst etc.

Also Stellen, an denen man etwas fixen, anpassen oder verbessern könnte gibt es massig. Und nicht alles davon ist sofort ein "Geschäftsgeheimnis". Es gibt massenweise Firmen, die inzwischen eine sehr ordentlich Kultur zum Umgang mit Open Source haben, sich an den Projekten, die sie verwenden, beteiligen etc. - zu ihrem eigenen Vorteil, denn damit sichern sie sich das Überleben dieser Projekte für ihre eigene Zukunft. Wer das als reine Last und Verpflichtung sieht, sollte mal anfangen an seine Zukunft zu denken.
gohz hat geschrieben: Die Libraries zum Linken unter LGPL kann man für eigene SW auch so verwenden. Sollte einer der Entwickler bei VW eine Library fälschlicherweise verwendet haben, die unter GPL statt unter LGPL steht, wird man das schnell ändern.

Zudem wird man die Nutzung von GPL generell hinterfragen und mit den SW-Entwicklern abklären. Die Welt machst Du damit nicht besser. Eher verzögerst Du die SW-Entwicklung bei VW, weil die intern einen langwierigen Review machen und etwas umstellen müssen.
Also wenn meine Anfrage bei VW die Software Entwicklung verzögert, dann ist das vielleicht auch ganz gut so, denn dann hätten die intern echt eine Menge falsch gemacht, was wirklich mal aufgeräumt gehört. Wer aus solchen Anfragen für sich den Schluss zieht, besser keine freie Software mehr zu verwenden, nun bitte sehr, das ist dann auch kein Verlust für die Open Source Community, denn sie hätten ja eh nichts beigetragen? Was haben wir denn von diesen stillen Konsumenten? Nichts. Also wäre deren Nicht-Verwendung dann auch kein Verlust. (Und nein, ich entwickele keine freie Software, damit dann Konzerne wie VW damit "schneller" entwickeln und einen Marktvorteil = Gewinne haben können.)
Singing-Bard hat geschrieben: So eine Anfrage erzeugt mal ebend Kosten von mehreren 10k Euro. Das muss durch viele Abteilungen, dann muss Security und Legal das prüfen was veröffentlicht wird, zuwenig, falsch oder inklusive geheimnisse btw copyrightbgeschütztem code sollte ja nicht veröffentlucht werden.
Wenn das bei einer Firma "Kosten von mehreren 10k Euro" verursacht, dann hat diese Firma grundlegende Dinge nicht verstanden und beachtet und dann ist das auch das Schmerzensgeld, was sie zahlen müssen. Da habe ich keinerlei Mitleid. Wie gesagt hätte solches Fehlverhalten genauso bei kommerziellen Lizenzen schwerwiegende Konsequenzen, doch da wäre es dann auf einmal OK? Frag mal Konzerne, wie hoch deren Kosten alleine für die Verwaltung von kommerziellen Lizenzen sind - von den Lizenzkosten selbst gar nicht zu reden. Zu argumentieren, das Prüfen der Open Source Lizenzen könne ja Kosten verursachen und sei daher nicht zumutbar, halte ich für falsch. Das wird nur gerne so gesehen, weil Open Source ja nichts kostet und daher darf es dann auch keine anderen Kosten verursachen? Nö.
Singing-Bard hat geschrieben: Kurz: Das jedermann (man muss ja nicht mal Kunde sein) aus reinem Interesse, weil es halt geht diese Kanone abfeuern kann, dürfte ein Grund sein warum man Unternehmen eigentlich nur empfehlen kann keinen GPL Code zu verwenden.
Das stimmt so nicht. Ein Recht auf den Quelltext haben nur die Empfänger*innen der übersetzten Version, nicht alle. Es kann also nicht einfach so jede*r mal eben eine solche Anfrage bspw. bei VW stellen, sondern nur die, die auch im Besitz der laufenden Software sind. Das sind in diesem Fall hier vor allem die Kund*innen, die ein solches Auto besitzen (genau genommen Eigentümer*innen sind). Zwischen diesen und VW entsteht dann ein Nutzungsvertrag und Teil dessen sind dann GPL/LGPL und daraus wiederum leiten sich Rechte und Pflichten für beide Seiten ab. Etwas anders sieht das aus, wenn das ganze dann eingeklagt werden sollte. Juristisch haben Copyright Inhaber*innen, also Autor*innen der fraglichen Software, die stärksten Rechte, da sie auch eine einstweilige Verfügung gegen den weiteren Vertrieb erwirken könnten - wird gegen die Lizenz verstoßen, dann erlischt die Lizenz und Lizenzgeber*in ist eben die Autor*in.


Also schauen wir einfach mal... ganz entspannt.

Viele Grüße
nicole

Re: Open Source Lizenzen

Singing-Bard
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du machst das Beruflich und willst deine Dienste anbieten?

Re: Open Source Lizenzen

fluegelfischer
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Ganz schöne Liste...und es sin auch ein paar Apache Sachen drauf.

Immerhin kein log4j. Schon mal was.

Re: Open Source Lizenzen

nicole_f
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Ich arbeite in dem Umfeld beruflich, ja. Aber auf der Entwicklungsseite und dabei habe ich schon oft Kunden in diesen Dingen beraten.
Und nein, ich frage das nicht bei VW an, um denen eine Dienstleistung unter zu jubeln. Ich mache das als Privatmensch und Open Source Enthusiastin. Sollten die in der Tat nach einer Beratungsdienstleistung fragen, so würde ich das entweder kostenlos machen oder, wenn es mehr Aufwand ist, an Dritte vermitteln. Ich verfolge da keinerlei kommerzielles Interesse.

Viele Grüße
nicole

Re: Open Source Lizenzen

drilling
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@nicole_f Wo hast du deine ursprüngliche Anfrage gestellt? Telefonisch beim Kundendienst oder per Email oder wie sonst?
Ich frage weil ich selber überlege das gleiche bei Skoda zu machen da ich einen Citigo-e fahre.

Auch denke ich das es so lange dauert weil VW den Source Code gar nicht hat, sondern LG, da das Radio ja von LG stammt, ich denke nicht das VW die Software selber entwickelt hat. Für uns ist natürlich trotzdem VW bzw. Skoda der Ansprechpartner.

Re: Open Source Lizenzen

schnarchIader
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Ich finde dein Engagement richtig krass, so eine Fähigkeit muss man erst mal entwickeln. Stark, danke!

Wenn es noch irgendwo zur Bearbeitung liegt, dann sicherlich gaaanz weit unten in der Queue, mit allerniedrigster Priorität. Und vielleicht war ja auch ein externer Dienstleister damit beauftragt, die Software für Komponente XY zu entwickeln. Bei VW fand dann die Abnahme statt, der Code wurde übergeben, die Dokumentation dazu auf irgendeinem Magnetband archiviert und das wars. Bei VW geht man im blödesten Falle sowieso davon aus (und sichert sich vertraglich ab) dass der Entwicklungsdienstleister sich an die geltenden Bedingungen (wie hier: Lizenzen, Copyright etc.) hält und prüft das nicht noch selbst.
Klar ist es hoffentlich anders, aber oft ist die Praxis leider genau so.

Ich bleibe jedenfalls gespannt darauf ob es hier Ergebnisse gibt und werde immer mal wieder rein schauen. Dran bleiben!

Re: Open Source Lizenzen

gohz
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Für den auslaufenden e-Up finde ich die ganze Aktion ziemlich uninteressant. Die interessanten Komponenten wären beim e-Up auch nicht das wirklich stark abgespeckte Radio in dem es vermutlich GPL-Komponenten geben könnte, sondern die bei Tier-1 oder Tier-2-Zulieferern eingekauften Steuergeräte und z.B. der Lane-Assist im Steuergerät der Kamera, das VW selbst gar nicht entwickelt hat, sondern das vermutlich von Mobileye stammt. Und deren Quellen kann VW nicht liefern, weil die in Israel sind und VW kein Anrecht darauf hat.

Re: Open Source Lizenzen

drilling
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gohz hat geschrieben: Für den auslaufenden e-Up finde ich die ganze Aktion ziemlich uninteressant.
Dann wundert es mich das du in diesem Thread so aktiv bist wenn dich das nicht interessiert. :roll:

Mich persönlich interessiert nur der e-up bzw. Citigoe und das Radio ganz besonders.

Und deren Quellen kann VW nicht liefern, weil die in Israel sind und VW kein Anrecht darauf hat.
Wenn GPL Code enthalten ist dann muß VW den Source Code liefern, genauso wie deren Zulieferer es ihnen liefern muß, es ist völlig egal wo auf der Welt sich dieser befindet.
Abgesehen davon scheint der Lane Assist von Bosch zu kommen, darauf deuten zumindest die Identifikations-PIDs im Steuergerät hin.

Re: Open Source Lizenzen

nicole_f
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Laut aktuellen Gerüchten wird der e-Up! ja wieder produziert werden, also ganz so irrelevant ist es nicht. Zudem - ich habe so ein Teil und oich möchte gerne wissen, was da drin ist? Viele Möglichkeiten das rauszufinden habe ich nicht, nach den Sourcen zu fragen ist eben eine davon. Noch einmal, ich mache das nicht, um irgendjemand zu ärgern. Ich mache das für mich, für mein Wissen, weil es mein Recht ist und weil ich denke, dass wenn solche Dinge offen zugänglich sind, wofür ich dann ja sorgen werde, dass dies wieder der Allgemeinheit zugute kommen kann.

In welchen Teilen in dem Wagen freie Software eingesetzt wird, weiß ich nicht, das sagt weder das Handbuch noch die Lizenzliste. Das sich das einzig auf die Multimedia-Einheit beschränkt, wage ich aber offen gestanden sehr zu bezweifeln. Die Antwort auf diese Frage können vielleicht in Teilen die Quelltexte geben.

Was Herkunft und Rechte an den Quellen angeht, mein Vertragspartner ist Volkswagen, von denen habe ich das Produkt gekauft. Wenn in dem Produkt freie Software enthalten ist, dann muss Volkswagen mir diese zur Verfügung stellen, piep egal, von wem Volkswagen die bekommen hat. Wenn sie das nicht könnten, dann hätten sie grundlegende Pflichten verletzt - glaube ich aber nicht.

Natürlich fände ich es auch am besten, wenn noch mehr, nach Möglichkeit alles, frei wäre! Ich verstehe aber auch, wenn die nicht alles frei machen wollen. Das ist deren gutes Recht.

Andererseits wenn man sich bspw. die großartigen Ökosysteme rund um Android anguckt, wo man früher auch gesagt hat "Ohweh, das ist doch ein Mobiltelefon! Da kann doch nicht jede*r einfach so was eigenes bauen und flashen!? Die Sicherheit! Das Netz!" - und heute? Wir haben hunderte von alternativen Builds und "ROMs", mit teils ganz unterschiedlichen Ausrichtungen, Funktionen etc. Ist deswegen die Welt untergegangen? Die Hersteller pleite? Die Netze zusammengebrochen? Nö. Was es aber gebracht hat ist, dass das magische Schloss "Mobiltelefon" entzaubert wurde. Es ist ein schnöder Computer in der Tasche. (Und ja, die Diskussionen mit "Ohweh, das Telefon!?" hatte ich in der Tat mit vielen Managern, zuerst mit Nokia und später als ich Beraterin (External Expert) bei LiPS war (https://en.wikipedia.org/wiki/Linux_Pho ... ards_Forum) - kann man sich heute kaum noch vorstellen.)

Dahin würde ich auch gerne mit mehr Teilen im Auto kommen. Warum nicht ein eigenes System auf der Media-Einheit flashen!? Warum nicht für nicht-kritische Teile offene APIs und Dokumentationen anbieten? Oder zumindest eben Quelltexte und Header? Ja klar, an seinem Auto, mit dem man auch im Straßenverkehr unterwegs ist, sollte man nicht unbedingt am ABS oder der elektronischen Lenkunterstützung basteln. Aber warum sollte ich nicht Zugriff auf das Display, Batteriedaten, Fahrzeugdaten, Kamerabilder etc. bekommen können? Wenn ich da etwas draufbrate, was dann nicht funktioniert, dann ist das mein Problem. Das ist meine Hardware, die habe ich bezahlt, also möchte ich sie auch so benutzen können, wie ich das möchte - so wie viele heute eben kein Windows auf ihrem PC benutzen wollen, sondern etwas, dass eine große Gemeinde von Enthusiasten in den 1990ern angefangen hat gegen massive Widerstände zu entwickeln (oder BSD, noch älter, oder Minix oder...).

Freie Software steht für Freiheit, die Freiheit selbst zu entscheiden, was, wie und wofür man Software benutzt. Ich hätte gerne die Freiheit, den blöden Bluetooth Bug in der Media-Einheit selbst zu debuggen und eventuell zu fixen. Kann ich aber nicht. Doof. Oder eine eigene App für Linux zu basteln, die die Fahrdaten via Bluetooth anfragen kann. Kann ich auch nicht, weshalb ich dann auf ein Android Handy angewiesen bin.

Ich wage mal eine Voraussage. In einigen Jahren wird Open Source / freie Software in vielen Bereichen der Autos Standard sein. Es wird, ähnlich wie bei Android, ein mehr oder weniger offenes SDK geben, App Entwicklung und App Stores. Nicht kritische Systeme werden, wenn auch nicht ganz offen, aber deutlich offener werden. Die Hersteller werden in einen Wettbewerb um App Entwickler*innen treten und den wird die Plattform gewinnen, für die am leichtesten entwickelt werden und die am besten monetarisiert werden kann. Für die "leichte" Entwicklungsumgebung gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Enorme Menge an Geld in Werkzeuge, Dokumentation und Beispielcode stecken (ala Apple) oder 2. möglichst viel der Last auf möglichst viele Schultern verteilen, in dem man es so offen wie möglich macht. Ich tippe mal, dass die großen Auto Konzerne (1) versuchen werden, dann aber merken, dass es mehr Geld ist, als sie bereit sind zu bezahlen und sich dann entweder in die Fänge von Monstern wie Google mit Android Auto begeben oder auf (2) setzen, was mehr und mehr Open Source bedeutet. Ich hoffe auf (2), denn in einem völlig ver-Googelten Auto möchte ich nicht täglich fahren.

Also was könnte die Nachfrage nach den Quellen bei VW bewirken? Nun, dass mindestens schonmal etwas deutlicher wird, was da alles drin steckt. Vielleicht kann es auch dazu führen, dass so ein Laden wie VW seine neue Software Strategie etwas mehr öffnet, weil sie realisieren, dass sie mit einem zugenagelten System nicht sehr weit kommen. Ich wäre auch total interessiert, was wohl in so einem ID.3 oder ID.4 alles steckt!? Das sind ja rollende Computer. Gute Beispiele findet man dafür bei Tesla. Die Hardware der großen Mittelkonsole der alten Model-S ist inzwischen ganz gut bekannt - ein NVidia Tegra mit Linux und einer Qt Oberfläche auf dem, was war's, 15" Display? An der Einheit hängt alles dran, was Spaß macht, also man bekommt viel Kontrolle über große Teile des Autos - vielleicht schon ein bisschen sehr viel, aber nuja. Was das Beispiel aber zeigt ist, welche Möglichkeiten man auf so einem System hätte - für Bugfixes, alternative Apps etc. Hier ist ein Talk von der FOSDEM dazu: https://archive.fosdem.org/2019/schedul ... a_hacking/

Also ich denke, die Entwicklung von Software für Fahrzeuge fängt gerade erst an. Fast alle Hersteller stehen hier noch sehr am Anfang und schlingern auch noch kräftig. Praktisch alle haben angekündigt, massiv in Software Entwicklungscenter zu investieren. Die zukünftigen Herausforderungen sind enorm. Da geht es nicht nur um ein wenig Musik abspielen oder vielleicht mal ein Game für den Ladeplatzbesuch. Fahrerassistenzsysteme werden das erste große Schlachtfeld. Wenn so langsam Autonomie erreicht wird, wird die Fahrzeugvernetzung und vernetzte Flotten Management Systeme das nächste große Ding werden - Car Sharing oder nur noch Teilzeitmiete, warum noch ein Auto kaufen, wenn immer eines in ein paar Minuten vor der eigenen Tür sein kann? Oder das eigene Auto mal autonom zum Laden schicken - die Tante vom Bahnhof abholen oder eine Lieferung in den nächsten Ort. Das Auto als dezentraler und mobiler zwei Wege Energiespeicher. Energie Sharing. Das werden Software Herausforderungen, die selbst ein einzelner Konzern wie VW kaum noch finanzieren kann, wenn die _alles_ alleine entwickeln wollten. Selbst Monster wie Google (the company with indefinite funding ;) wirft immer wieder unglaubliche Mengen an Open Source raus und das bestimmt nicht, weil sie Gutmenschen wären (das Gegenteil hat Google bereits eindrucksvoll bewiesen).

Ich möchte nicht in einer Welt leben, die von Software Monopolisten kontrolliert wird. Und Software wird immer weitere Teile unseres Alltags kontrollieren, machen wir uns nichts vor. Schon heute sind wir unglaublich abhängig von Software, fast überall. Freie Software ist ein Weg zum Erhalt von gesellschaftlicher Teilhabe an Technologie.

Oh, und zu der Frage, wo ich bei VW nachgefragt habe, da stand eine eMail Adresse extra dafür im Handbuch:

https://www.volkswagen.de/de/besitzer-u ... einfo.html
CVB OEM Software Info <softwareinfo@volkswagen.de>

Viele Grüße
nicole
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