Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

ingo83
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Moin,

ich habe eine Verständnisfrage zum Thema Lastmanagement per OCPP:

Der einfachste Weg des Lastmanagements (Statisch oder Dynamisch) ist ja immer die Hersteller-Proprietär Lösung(z.B. per IP, RS485 oder was-auch-immer). Dabei werden die Wallboxen untereinander verbunden, ggf. noch mit einem Steuergerät, und machen das Lastmanagement dann unter sich aus. Nachteil: Es können nur die Wallboxen des jeweiligen Herstellers in das System integriert werden.

Dann gibt es ja noch die Variante per OCPP. Anscheinend ist damit ja auch Lastmanagement möglich. Ich vermute, dass das so funktioniert, dass die Wallbox dem OCPP-Backend Infos übermittelt zum aktuellen Ladestatus. Andersrum kann das OCPP-Backend der Ladesäule Vorgaben übermitteln, z.B. Anzahl der Ladephasen oder den maximalen Ladestrom.

Ein statisches Lastmanagement via OCPPist somit dann sicherlich kein Problem (im Backend wird die maximale Ladeleistung definiert, und die wird dann halt auf die Wallboxen aufgeteilt).

Es muss dann halt sichergestellt sein, dass kein Ladevorgang möglich ist, wenn die Verbindung zum OCPP-Backend ausfällt.

Fragen:

- Ermöglichen alle relevanten Backend-Anbieter ein statisches Lastmanagement per OCPP?
- Können alle Wallboxen, die das OCPP-Protokoll implementiert haben, Lastmanagement? Wenn die den Standard vollständig erfüllen, dann sollte es da ja keine Inkompatibilitäten geben? Gibt es eine Übersicht darüber, welche Wallboxen OCPP vollständig implementiert haben?

Ein dynamisches Lastmanagement via OCPP ist hingegen nicht so einfach zu realisieren. Der Vorgabewert für die maximale Leistung ist da ja nicht statisch, sondern dynamisch. D.h. der Wert müsste dynamisch als Vorgabe an das OCPP-Backend übermittelt werden. Ich vermute dass der OCPP-Standard keine Schnittstelle enthält, über die dynamische Vorgabewerte an das Backend übermittelt werden können?

Folglich bräuchte man dann einen lokalen OCPP-Controller, welcher einerseits die Messwerte im Netzwerk von einem Zähler aufnimmt und andererseits die OCPP-Kommunikation bzgl. Lastmanagement mit den Wallboxen erledigt. Nach meinem Verständnis macht das z.B. der ChargePilot von TMH.

Fragen dazu:

- Kann man trotz z.B. ChargePilot noch einen externen Backend-Betreiber für z.B. Abrechnung via OCPP nutzen? Der ChargePilot müsste dann ja selbst gegenüber dem Backend-Anbieter als Wallbox auftreten und die abrechnungsrelevante Kommunikation durchreichen. Ist das dann sowas wie ein OCPP-Proxy?

- Warum ist der ChargePilot nicht zu deutlich mehr Wallboxen kompatibel? Solange die alle OCPP sprechen sollte das doch kein Problem sein, eigentlich?

Danke & Grüße
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Re: Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

lategoodbye
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Puh, ganz schön viele Fragen für eine Verständnisfrage ;-)
Als Erstes nehme ich mal an dies bezieht sich auf AC-Ladestationen nach OCPP Version 1.6.
ingo83 hat geschrieben: - Ermöglichen alle relevanten Backend-Anbieter ein statisches Lastmanagement per OCPP?
Das ist eine schwer zu beantwortende Fragen, da man hierzu alle Backend-Anbieter kennen müsste. Es wäre hier schon hilfreich zu wissen, ob es um öffentliche oder private Ladeinfrastruktur geht.
ingo83 hat geschrieben: - Können alle Wallboxen, die das OCPP-Protokoll implementiert haben, Lastmanagement? Wenn die den Standard vollständig erfüllen, dann sollte es da ja keine Inkompatibilitäten geben? Gibt es eine Übersicht darüber, welche Wallboxen OCPP vollständig implementiert haben?
Die wenigsten Wallboxen implementieren wirklich 100%. Die OCA als Organisation ist dazu übergegangen Ladestationen zu zertifizieren, dort kann man die Prüfprotokolle und den genauen Funktionsumfang einsehen. Das in diesem Beispiel relevante Profil nennt sich "Smart Charging".
ingo83 hat geschrieben: Ich vermute dass der OCPP-Standard keine Schnittstelle enthält, über die dynamische Vorgabewerte an das Backend übermittelt werden können?
Doch, doch siehe "Smart Charging".
ingo83 hat geschrieben: - Kann man trotz z.B. ChargePilot noch einen externen Backend-Betreiber für z.B. Abrechnung via OCPP nutzen? Der ChargePilot müsste dann ja selbst gegenüber dem Backend-Anbieter als Wallbox auftreten und die abrechnungsrelevante Kommunikation durchreichen. Ist das dann sowas wie ein OCPP-Proxy?
Ja, das wird nach meinem Verständnis unterstützt.
ingo83 hat geschrieben: - Warum ist der ChargePilot nicht zu deutlich mehr Wallboxen kompatibel? Solange die alle OCPP sprechen sollte das doch kein Problem sein, eigentlich?
Das liegt daran, dass der OCPP-Standard sehr schwammig ist und diverse Lücken enthält. Deshalb macht Mobility House eine eigene Zertifizierung der Ladesäulen. Diese müssen zwar hierfür den Standard nicht 100% implementieren, aber der Ladesäulen-Hersteller muss sich entsprechend darum kümmern.

Re: Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

ingo83
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Danke für die Antworten, das war auf jeden Fall schonmal hilfreich..
ingo83 hat geschrieben: Ich vermute dass der OCPP-Standard keine Schnittstelle enthält, über die dynamische Vorgabewerte an das Backend übermittelt werden können?
Doch, doch siehe "Smart Charging".
Wie werden denn die dynamischen Vorgabewerte an das Backend üblicherweise übermittelt? Ich gehe mal nicht davon aus, dass das Backend direkt mit einem Modbus-Zähler kommunizieren kann?

Re: Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

lemuba
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Die wenigsten Lastmanagement und/oder PV-Überschuss Laden Systeme (EMS-Energiemanagement Systeme generell) die ich kenne, steuern und regeln über OCPP, sondern über Modbus TCP im lokalen LAN. Z.B. Clemap, Solarmanager Schweiz, TQ, etc.,etc. OCPP eher für Backends/Abrechnungssysteme und im Anlagenmonitoring (Zeit unkritisch). So ein EMS-System zu verwenden hat dann den Vorteil, dass der einstellbare Ladestation OCPP Backend Point, z.B. für Abrechnungssysteme, frei bleibt. Außerdem kann so ein EMS dann alle seine validierten Ladestationen unterschiedlicher Hersteller im Mix steuern. Ladestationen mit integriertem Lastmanagement, z.B. die Webasto Unite MID- oder Eichrechtskonform bis zu 32 Ladestationen, benötigen kein externes EMS, sondern maximal ein validiertes Smartmeter im dynamischen Lastmanagement. Im statischen Lastmanagement, z.B. von vielen EVUs für u.a. Mehrfamilenhäuser, etc., gefordert, wird kein weiteres Smart Meter benötigt, nutzt die als Hub konfigurierte Ladestation den integrierten Zähler um die verfügbare Gesamtleistung gleichmäßig auf alle als Satelliten konfigurierten Ladestationen aufzuteilen. Integriertes Lastmanagement Statisch- oder Dynamisch funktioniert praktisch in Echtzeit im lokalen LAN über Modbus. Auch hier, für entsprechende Backends (Abrechnungssyteme) wie Spirii, ChargePoint/has to be, etc. steht dann die OCPP Schnittstelle weiterhin zu Verfügung. Sofern mehr als 32 Ladestationen in einem Cluster benötigt werden, oder im Mix unterschiedlicher Ladelösungen, nimmt man dann wieder ein EMS. So ein Clemap EMS kostet ca. €1.000,- , kann Lastmanagement Cluster bis zu 50 Ladestationen händeln. Clemap EMS können auch weiter im Hub/Satellite Modus skaliert werden - z.B. für Parkhäuser mit mehreren Parkdecks und dann X * 50 Ladestationen. Backends, wie z.B. Webasto Charge Connect, registrieren dann auch für z.B. jeden Ladevorgang über die Ladestation integrierten Zähler (MID oder Eichrechtskonform) für z.B. weitere Abrechnungszwecke, etc.. Aber viele Wege führen nach Rom…

Re: Verständnisfrage Lastmanagement per OCPP (u.A. ChargePilot)

ingo83
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Das Clemap-Ding sieht ganz interessant aus, allerdings ist man auch da wieder in der Auswahl der Wallboxen ein wenig eingeschränkt.. Und Modbus ist ja leider auch kein Standard für Wallboxen, im Gegensatz zu OCPP.

"lategoodbye" schrieb ja, dass die gängigen OCPP-Backends/Abrechnungsdienstleister auch dynamisches Lastmanagement unterstützen (bzw. dass der OCPP-Standard das unterstützt). Da frage ich mich aber noch, wie da die Kommunikation mit einem lokalen Zähler abläuft. Da braucht man ja eigentlich einen Controller, der den Zähler/Strommessgerät ausliest und via IP dann an das Backend schickt.. Das wäre sicherlich das komfortabelste. Mit diesen Drittanbieter-Lösungen wie z.B. Clemap tue ich mich immer ein wenig schwer.. Da ist man leider immer sehr von dem jeweiligen Anbieter abhängig. Wenn der irgendwann seine Software nicht mehr updatet, wars das.

Bei so Anforderungen wie "Parkplatz mit 50+ Stellplätzen" würde ich direkt eine Wallbox nehmen, die das kann. z.B. Alfen. Da lassen sich 100 Wallboxen per IP vernetzen und dann auch direkt nen ModbusTCP-Zähler einbinden. Nachteil ist dann halt, dass man da herstellerbeschränkt ist. Das ist nachteilig, wenn man z.B. Tiefgaragen von Eigentümergemeinschaften hat, die alle ihre Wallbox selbst kaufen wollen. Da kann man dann eigentlich nur sagen "du musst ne Box von Anbieter XY nehmen". Außerdem kann man dann auch keine DC-Ladepunkte mit ins Lastmanagement hängen dann.. Da würde man dann wahrscheinlich wirklich eher statisches Lastmanagement per OCPP machen..
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