Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

Gluehlampe218
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Hallo liebes Forum!

Ich bin neu hier und interessiere mich schon seit einigen Jahren für Elektrofahrzeuge. ;)

Gerade bin ich mit dem ersten Elektrofahrzeug beim Einstieg in die Szene und hätte eine Aufgabe für die VDE-Experten unter euch.
Selbst bin ich aktuell in Fortbildung zum Staatlich geprüften Elektrotechniker.

Derzeit plane ich eine Zuleitung zu einer Unterverteilung am Carport, von welcher aus eine Wallbox 11kW, Licht für das Carport und eine Schuko oder CEE-Steckdose versorgt werden sollen.
Hierzu ein paar Eckdaten:

-Länge: 40 Meter
-Erdkabel (Verlegeart D)
-Häufung: 4 Stromkreise
-Temperatur: etwas erhöht, evtl. ca. 25°C - 30°C Erdtemperatur (Abwasserleitungen)

Um für die Zukunft gerüstet zu sein (Kabeltausch wäre ein sehr aufwändiges Unterfangen), möchte ich sicher gehen, dass ich genug Reserven für eventuell auftretende, größere Ladeleistungen habe. Also eine 22kW-Wallbox sollte möglich sein. Hausanschluss ist 3x63A.

Die ganze Installation soll sicher, langlebig und normgerecht sein, nicht "wird schon klappen".

Dabei gibt es natürlich Reduktionsfaktoren, welche für Häufungen, erhöhte Umgebungstemperaturen und Oberwellen angewendet werden müssen (DIN VDE 0298-4).
Dazu hätte ich zwei Fragen:

1. Gemäß DIN VDE 0100-520 müssen Reduktionsfaktoren für Verteilerstromkreise angewendet werden, wenn die angeschlossenen Verbraucher Oberschwingungen erzeugen. Gibt es bei euch Erfahrungen mit dieser Thematik? Wie sieht es allgemein bei den verschiedenen Fahrzeugen zum Thema durch Ladegleichrichter erzeugte Oberwellen aus?

2. In Anbetracht meiner Situation: Welchen Querschnitt würdet ihr empfehlen?
Für mich steht schon fest: mindestens 10mm². Oder lieber 16?


Ich weiß, zu einem ähnlichen Thema gibt es hier ein paar Themen weiter unter bereits eine große Diskussion, aber ich fand, die geht mit zahlreichen Spekulationen über zukünftige Lade- oder Speicherszenarien etwas an der eigentlichen Fragestellung vorbei.
Zudem mich die Sache mit den Oberschwingungen jetzt mal interessiert.


Es wäre nett, wenn ihr mir ein paar Ratschläge geben könntet.

Mit besten Grüßen
Gluehlampe218
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

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Das ist schon ein sehr spezielles Thema und für sachkundige Laien und Installateuren ungeeignet, da dort einfach die notwendige Grundlagenkenntnisse fehlen. Wenn jemand mit einem Berechnungsprogramm einen Leitungsquerschnitt berechnen kann, dann kann er noch lange nicht das Schwingungsverhalten korrekt beurteilen. Es gibt Fahrzeuge, die bei einer relativ kurze Zuleitung vom Trafo ohne weitere Verbraucher an diesem Trafo durch Oberwellen Probleme haben und darauf ständig mit einem Ladeabbruch reagieren. Dies liegt daran, dass die Elektroplaner keine Ahnung von dem Verhalten der Ladegeräte haben und so tun als ob das Ohmsche Verbraucher sind.

Fakt ist, dass auch der Leitungswiderstand einen Verbraucher ist und damit das Schwingungsverhalten dämpfen kann. Das führt dazu, dass bei größeren Querschnitte, das System eher zum Schwingen neigt. Daher sollten die Querschnitte so klein wie möglich gewählt werden bzw. nicht größer als nötig sein.
Rechnen hilft. Bleistift, Stück Papier und ein Taschenrechner und man wird sich über einige Ergebnisse wundern. :idea:
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

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Oberwellen, erzeugt durch das Ladegerät gibts immer, war mal ein heißes Thema, speziell bei den ersten Renault Zoes. Was die Norm da genau für solche Ladegeräte mit hoher Leistung fordert, da bin ich auch überfragt. In der Praxis sind aber wohl noch kaum irgendwo Filter gegen Oberwellen zum Einsatz gekommen. Ich habe einen E-Auto fahrenden Bekannten der hatte wohl mal, wenn er an seinem Industrie-Betrieb geladen hat, einige Oberwellenprobleme durch seine ZOE und hat dann letztendlich einen Filter eingebaut. Das hat er auch, sofern ich mich noch erinnern kann, damals hier im Forum gepostet.
Was genau die Norm da fordert solltest du mal nachlesen. Ein allgemeiner Posten in der Norm ist da allerdings auch keine konkrete Hilfe. Oberwellenspektren kann man vor Ort analysieren, da gibt es Messgeräte für mit denen auch eine Aussage dazu getroffen werden kann ob die zulässigen Toleranzen im Netz noch eingehalten werden.
Ist das nicht gut ?
Ja ! Das ist nicht gut !
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

Tommy601
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Hallo,

ich habe hier mal einen Link der sich mit der Thematik von Oberschwingungen recht detailliert befasst. Ich kann den jetzt nicht zu Ende lesen, aber vielleicht ist es ja ein hilfreicher Ansatz:

http://www.linowsee.de/media/files/fach ... lhofer.pdf

Grundsätzlich sollte man jedoch für den Anwendungsfall "Elektroauto" gar keine besonderen Vorkehrungen zu treffen haben.

Das ElektroautoMOBIL ist durch die Sache mit der Mobilität gleichzusetzen mit mobilen elektrischen Betriebsmitteln, wie Bohrmaschinen oder sagen wir mal PCs (Schaltnetzteil) Diese sind ja dadurch charakterisiert transportiert und an irgendwelche elektrischen Netze angeschlossen zu werden, die nicht direkt dafür ausgelegt sind.

Vernünftige Ladegeräte, wie z.B. von Brusa sind da auch ganz gut. Problematisch wird es wenn der Hersteller schon Pfuscht. Beispiel, Zoe, der hat überhaupt gar kein Ladegerät! Da wird einfach die Netzspannung über die Motorwicklungen in den Umrichter gejagt, und der Wagen "rekuperiert", wobei man mal eben das IT-Netz des Fahrzeuges mit dem TN-Netz aus der Dose direkt ohne galvanische Trennung zusammenschaltet. Das wäre so, wie den PC mit einem Phasenanschnitt-Dimmer ohne galvanische Trennung anzutreiben. Vermutlich machbar, aber absolut außerhalb jeglicher Norm. Gab es sogar wirklich, gefakte Apple-USB Ladegeräte aus China mit Dimmertechnik. Handy+Ladegerät+Badewanne=Tod. Leider so wirklich passiert.

Mit steigender Verbreitung des E-Autos wird der Verordnungsgeber sicherlich nachsteuern, so das eine allgemein großzügige Auslegung der Anlage (wie ja auch geplant) ausreichend sein dürfte.

Nette Grüße,
Thomas.

Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

leckermojito
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Zahlen habe ich aus Mangel an passendem Messgerät keine. Habe früher selbst bei einem Energieversorger Netzschutz-Messungen vorgenommen und seit einiger Zeit Erfahrung mit einer Renault Zoe.
Zoe mit seinem recht speziellen Chameleon-Umrichter kann zwar große Leistungen, verursacht auch rückwärts massive Netzrückwirkungen.
Das Fahrzeug ist knapp an der Grenze des Zulässigen, misst aber intern selbst und schaltet im schlimmsten Fall ab.

Wenn das Netz klein genug ist ( Stromerzeuger ) schaltet sie oberhalb 16A wegen Oberwellen stumpf ab wenn du keine Oberwellendrossel hast. Habs getestet mit und ohne Drossel.

Andere Fahrzeuge sind da weniger störend wegen leistungsschwächeren Gleichrichtern. Laut derzeitigen Trend werden die Ladegeräte in den Fahrzeugen immer kleiner und verlassen sich alle auf die DC-Infrastruktur.

Alles in allem kannst du aber im Falle deiner Installation nicht viel gegen die „Harmonischen“ machen, die Hersteller der Fahrzeuge/Umrichter müssen sicherstellen das es normkonform ist.


Es kann keiner verlangen das deine Installation die Oberwellen eines zugelassenen „normkonformen, mobilen Verbrauchers“ absorbiert. Ist ein nettes Bastelprojekt aber kein Zwang. Anderes Fahrzeug, andere Schwingungen. Nach was will man sich da richten?
Zumal die Netzbetreiber das im NS Netz eh nicht messen. Nur wenns irgendwo mal klemmt wird gemessen.

Wir hatten bei Messungen vor Industriebetrieben so große Oberschwingungen, dass das Rundsteuersignal nicht ausgewertet werden konnte. Da lacht der Netzbetreiber über Ladegeräte von Fahrzeugen....

PS: 10 Quadrat für 32A passen


Cheers

Ben
Gruß Benjamin

2014er Zoe Intens seit 11.2017 bei uns

Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

Gluehlampe218
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Guten Abend!

Danke für eure ersten Einschätzungen! :danke:
Also scheint das Thema ja wirklich hoch komplex zu sein, sodass man keine eindeutigen, allgemein gültigen Aussagen treffen kann...

Wie bewertet ihr denn den notwendigen Querschnitt zur Versorgung der Unterverteilung in Anbetracht der Häufung, Temperaturen und Oberwellen?
Zudem soll von der UV ja auch noch eine Steckdose CEE blau (auch für EV) und die Beleuchtung fürs Carport betrieben werden.

Gruß
Gluehlampe218

Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

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In Unterverteilungen muss sowieso seit Neuestem mindestens 10² als Zuführungsquerschnitt verlegt werden. Aufgrund der Kabellänge hast du die Wahl noch mehr zu nehmen. ;)
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

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bm3 hat geschrieben: In Unterverteilungen muss sowieso seit Neuestem mindestens 10² als Zuführungsquerschnitt verlegt werden.
Du meinst wohl "Zur Unterverteilung" aber ab HAK ist es bis auf die Zuleitung zum Zähler dem Netzbetreiber egal welche Kabel Du verwendest. Das liegt nicht mehr in seiner Verantwortung. Bezogen auf die Oberwellen ist eine dünnere Leitung vorteilhafter, da die dann stärker bedämpft werden. Ich war in der glücklichen Lage am Anfang meiner Laufbahn mich mit dem Thema rumschlagen zu dürfen.(Thyristor gesteuerte 4-Quadranten-Antriebe für Gleichstrommotoren).
Rechnen hilft. Bleistift, Stück Papier und ein Taschenrechner und man wird sich über einige Ergebnisse wundern. :idea:
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

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Ich schrieb doch "als Zuführungsleitung". Dem Netzbetreiber mag das (noch) egal sein aber der hat ja TAB und wir haben ja auch Normen für die Installation und ein ordentlicher Installationsbetrieb hält sich an die TAB und auch an die bestehenden Normen. Falls mal etwas passieren sollte kann es auch sein dass der Installateur für seine Arbeit gerade stehen muss.
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Re: Oberwellenbelastung durch Elektrofahrzeuge?

Gluehlampe218
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Hallo und danke für die weiteren Antworten! :thumb:

Genau die Reduktionsfaktoren wie von Tommy601 verlinkt, hatte ich auch angenommen.
Dementsprechend müsste ich gemäß Normen (zusammen mit den anderen Reduktionsfaktoren) auf 16mm² gehen, um die Leitung auf 40A absichern zu können, will ja von der UV dann auf die Wallbox und die anderen Verbraucher reduzieren.

Fragen an ecopowerprofi:
Du meinst, eine dünnere Leitung sei in Bezug auf Oberwellen vorteilhafter.
Meinst du damit, dass diese dann eher in Wärme umgewandelt werden und sich somit nicht so stark ausbreiten?
Aber genau das möchte man ja anscheinend in der DIN VDE 0100-520 verhindern, weshalb für Oberwellenbelastungen Reduktionsfaktoren anzusetzen sind... :?:
Begründet wird das damit, dass durch die Oberwellen nicht nur 3 Außenleiter, sondern auch der Neutralleiter belastet sind, was dann plötzlich 4 belastete Adern statt vorher 3 laut der normalen Tabelle für Belastbarkeiten ergibt.

Beste Grüße
Gluehlampe218
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