Den Soul hatte ich nun 2 Tage und konnte ihn zweimal über Nacht aufladen. Das gestaltete sich anfangs etwas schwierig, denn das serienmäßige Ladekabel für die 220V-Steckdose ist nicht allzu lang, ich schätze 2,5 m ungefähr, vielleicht eine Spur länger. Um normal in meiner Einfahrt zu parken, dennoch zu kurz. Die in Frage kommende Steckdose am Haus erforderte dann, dass der Soul mit der Schnauze (dort wird er aufgeladen) zuerst auf die Parkfläche gestellt wird - das ist anders herum, als es sonst der Fall ist, und erfordert mehr Rangiererei. Das Laden selbst ist aber überhaupt nicht kompliziert - zumindest nicht zuhause. Stecker in die Steckdose, im Auto die Tankklappe öffnen, dort den Rüssel einstecken, fertig. Es dauert dann ein paar Sekunden, und der Soul zeigt über drei blaue Leuchtdioden im Armaturenbrett an, was er tut. Die dürften aber ein wenig dezenter leuchten und tauchten nachts die Hauswand in schönes blaues Licht. Die Nachbarn haben sich sicher gewundert.
Wie fährt er sich? Super! Das Auto liegt sehr satt und sicher auf der Straße. Daran ist sowohl das Akku-Paket schuld, welches im Fahrzeugboden verstaut wurde und so für einen niedrigen Schwerpunkt sorgt, als auch die Tatsache, dass die EV-Soul-Karosserie nochmal über 20% steifer ist als die des Verbrenner-Soul. Zudem hat Kia sehr ordentlich gedämmt. Den Elektromotor hört man nur kurz beim Anfahren, Wind- und Abrollgeräusche halten sich dezent zurück, Fahrbahnunebenheiten wie z.B. Kanaldeckel lassen nur ein dumpfes "Bumm" in den Fahrgastraum dringen. Er ist schön gefedert, ich finde ihn auf jeden Fall angenehmer als meinen Prius.
Die Leistung von auf dem Papier mageren 110 PS wirkt im Verkehr gar nicht mehr so mager. Sicher gibt es schnellere Fahrzeuge, auch in der Soul-Fahrzeuggröße oder -klasse, ohne E-Antrieb. Dennoch reicht die Kraft des E-Motors immer aus. Spurt in der Stadt, Überholen auf der Landstraße, Beschleunigen bis etwa 130 km/h auf der Autobahn: Alles kein Problem, wenn man keinen Sportwagen erwartet, sondern ein hohes Fahrzeug mit schlechtem cW-Wert (0,33) und relativ niedriger PS-Leistung. Aber wie gesagt: Mir reicht die Leistung auf jeden Fall. Mehr brauche ich nicht mehr für den Alltag.
Ausgestattet ist der Soul mit allem, was EV-Fahren zugute kommt: Die Klimaanlage und Heizung lässt sich auf den Fahrersitzplatz beschränken, was dafür sorgt, dass nur dort klimatisiert wird. Zudem arbeitet Kia lieber mit direkter Körperwärme, statt den ganzen Fahrgastraum aufheizen oder kühlen zu müssen. Lenkradheizung, Sitzheizung vorne in drei und hinten (!) in zwei Stufen, Sitzkühlung vorne. Wobei ich nicht ausprobiert habe, ob hier dann wirklich gekühlt oder "nur" ventiliert wird. Mir reichte es bei kalt-nassem Schmuddelwetter und etwa 10 Grad aber aus, mich mit Lenkradheizung und Sitzheizung aufzuwärmen. Er hat eine Standheizung drin, die man timen kann: Für jeden Tag anders, wenn man möchte. Auch Ladezeiten kann man timen, damit das Auto zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Menge Energie gespeichert hat. Das Navi berücksichtigt zwar noch keine Höhen, aber die Ladung des Akkus und warnt, wenn Ziele nicht mehr erreichbar sind. Ladestationen sind dort auch integriert, hier stellt sich aber die Frage nach der Aktualität der Software. Ansonsten: Freisprech, Musik über USB oder Smartphone, Klimaautomatik (eine Zone), Rückfahrkamera, Piepser vorne und hinten, elektrische Spiegel und Smart Key. Und Leder und Dämmerungssensor. Leider weder Fernlichtassistent, noch automatischer Scheibenwischer - beides hat der Verbrenner-Soul. Auch gibt es im EV nur Halogenlicht.
Der Innenraum ist sauber verarbeitet und toll gemacht. Die verschiedenen Grautöne und Materialien harmonieren gut und sind deutlich besser als im Renault Zoe. Spiegelungen des hellen Armaturenbrettes in der Frontscheibe sind zwar vorhanden, aber nicht so extrem wie damals im Zoe, der nun vom Werk ein dunkles Armaturenbrett bekam. Hier im Soul EV kann man prima damit leben und nimmt das nach ein paar Minuten nicht mehr störend wahr. Das Lenkrad ist eine Freude: Klein, dick, schönes Leder, logisch angeordnete Knöpfe, schaut toll aus und fühlt sich auch so an. Die drei Stufen, in welcher man die Lenkung einstellen kann (Komfort, Normal, Sport) machen wirklich Unterschiede aus. Mir gefiel im Stadtverkehr die leichtgängige Normalstellung (Komfort liefert dann so gut wie gar keine Rückmeldungen mehr - passt vielleicht ins Parkhaus, wenn man sehr viel rangieren muss) und auf der Autobahn lieber Sport.
Sitze sind bequem, auch ohne Lendenwirbelstütze. Ob ich die vermisse, kann ich nicht sagen, dazu waren die Fahrten doch zu kurz. Der Kofferraum ist klein, ja, aber genauso groß wie im Verbrenner-Soul. Für kleine Einkäufe reicht es aber. Nur hinten, da sitzt man etwas komisch, denn der Boden ist hier 8 cm höher als im Verbrenner-Soul. Und das merkt man. Unsere Oberschenkel lagen nicht mehr auf der Sitzfläche auf, wir sind aber auch mit relativ langen Beinen gesegnet. Ansonsten aber ist das Raumgefühl vorne großzügig, hinten sehr gut. Der Innenraum wirkt nicht beengend, die Scheiben noch ausreichend groß, viel Platz zum Dachhimmel und den Säulen (auch hinten!) hilft da sehr.
Zum Verbrauch: Als absoluter EV-Neuling habe ich auf den kurzen Testfahrten, viel waren es leider wirklich nicht, zwischen 15,1 und 16,1 kWh auf 100 km verbraucht. Das bei Temperaturen um die 12 Grad und teilweisem Regen. Eine auf 19 Grad eingestellte Heizung verkürzte die Reichweite übrigens genauso um 2 km wie eine auf 23 Grad eingestellte Heizung. Highspeed auf der Autobahn, sprich bis Anschlag bei (laut Tacho) 152 km/h, saugt natürlich gerade bei Schmuddelwetter an der Reichweite.
Der Soul EV hat mich - anders als der Renault Zoe - davon überzeugt, dass ein EV als Fahrzeug ohne Kompromisse im Innenraum oder dem Fahrkomfort inzwischen möglich ist. Und, dass ein EV als Nachfolger für meinen Prius möglich ist. Zumindest als Pendlerauto und für Fahrten zu Bekannten, Eltern, Freunden und zum Einkaufen. Oder mal für einen kleinen Ausflug am Wochenende. Und wer weiß... Finanzierungsangebote liegen hier.
Fotos habe ich leider keine für euch...