Achtung:
Die Arbeiten sind nichts für unbedarfte /unerfahrene Selbst-Schrauber !
Nicht nur weil Arbeiten an der Hochvoltverkabelung nötig sind (Servicestecker entfernen!!!), sondern weil einige Arbeitsgänge (Aus- /Einbau des Motors) ohne Hebebühne, Hebewerkzeuge, ... nicht oder nur sehr schwer durchzuführen sind! Die Beschreibung dient zur Information - ich übernehme keinerlei Haftung für Nachahmer!
Am 23.12.2020 drehte der Motor unseres Stromos nach ca. 128.000km beim Anfahren am Berg plötzlich frei - keine Kraftübertragung mehr vorhanden vom Motor zu den Rädern - lediglich das Surren des E-Motors und ein etwas kratzendes Geräusch.
Ich habe die seltenere AT-Version des Stromos mit Eingang-Untersetzungsgetriebe - also ohne Kupplung und ohne Schaltgetriebe!
Die Besitzer eines Stromos mit Schaltgetriebe können sich also recht entspannt zurücklehnen. Dass dieser Defekt bei der Ausführung mit dem originalem Schaltgetriebe auftritt, halte ich für recht unwahrscheinlich.
Vermutet wurde ein defektes Motorritzel, da dies im Forum schon einmal als Ausfallursache erwähnt wurde. Bei GEC in Kassel wurde damals ein Austauschmotor für 3.500€ angeboten - was angesichts des Restwertes von <5.000€ nicht wirklich eine Option darstellt.
Abgesehen davon ist die Firma GEC in Kassel momentan (Stand Ende 2020) und vermutlich für immer nicht mehr zu erreichen.
Der Defekt hatte sich durch lauter werdende Fahrgeräusche während der letzten paar tausend Fahrkilometer schleichend angekündigt.
Aus dem schon original vorhandenen "Sirren" war eher ein etwas lauteres "Kreischen" beworden ...
In meinem gut gedämmten Innenraum beim Fahren hat man es weniger gehört - beim Vorbeifahren fiel das Geräusch schon deutlich hörbar auf ...
Mein erster Fehler war, dass ich aus der ursprünglichen Fehlerbeschreibung "Antriebsritzel der Motorwelle verschlissen" geglaubt habe und die eigentlich bessere spätere Beschreibung "Verzahnung der Motorwelle ist fast vollständig abgeschliffen" komplett ignoriert habe.
Warum habe ich die zweite Beschreibung ignoriert und mich auf das "Motorritzel" versteift?
Nun, ich hatte schon eine anderes E-Auto, bei dem tatsächlich durch Überlastung /schlechte Stahlqualität /fehlerhafte Härtung das Motorritzel defekt war. Die Ritzel bestehen üblicherweise aus einem zähen Stahl, der nur an der Oberfläche zusätzlich gehärtet ist. Ist diese gehärtete Schicht beschädigt, kommt es zu fortschreitendem Materialabrieb bis zur Totalzerstörung. Genau dies befürchtete ich nach der Darstellung im Forum auch für unseren Stromos.
Bei einem vorsorglichen Ölwechsel wurden auch Metallspäne am Magnet der Ablassschraube festgestellt. Der ursprüngliche Verdacht schien sich also zu bestätigen und mit neuem Getriebeöl und einer sehr defensiven Fahrweise hofften wir, das Sterben unseres Stromos zu verhindern bzw. längstmöglich hinauszuzögern.
Mein zweiter Fehler war, der Ursache nicht weiter nachgegangen zu sein.
Hätte ich damals gewusst was ich heute weiß, hätte man den Total-Schaden an der Motorwelle evtl. vermeiden können. Ich bin aber eben von einem (allenfalls durch einen Wechsel behebbaren) Ritzeldefekt ausgegangen. Da bleibt halt nur (vorsichtig) fahren, bis es eben dann doch nicht mehr weiter geht ...
Besonders ärgerlich für mich, da ich erst im Herbst 2020 eine Sitzheizung für die Vordersitze nachgerüstet hatte. Dazu evtl. bei Bedarf ein extra-Bericht.
Das Auto wurde nach Großhartmannsdorf zu Olaf Heinecke geschleppt, einem Wartburg-Restaurator und E-Auto-Fahrer, der eine (beheizte) Autowerkstatt besitzt und unter den Typus "Mann mit goldenen Händen" fällt. Ich glaube nicht, dass es noch viele Menschen gibt die in der Lage sind, aus einer Blechtafel einen neuen Kotflügel zu "dengeln" /zu treiben - der letztlich nicht vom Originalteil zu unterscheiden ist ...
Es ist ein Glücksfall, dass er auch ein "E-Mobilist der ersten Stunde" ist und ich ihn dadurch schon länger kenne. Ich glaube auch nicht, dass eine normale Werkstatt einen solchen Reparatur-Auftrag für einen Stromos annehmen würde bzw. die Reparatur (nicht einmal die De- bzw. Montage) zu einem vertretbaren Preis durchgeführt hätte. Da ist Freundschaft unbezahlbar.
Nach den Weihnachts-Feiertagen und wetterbedingter Wartezeit wurde Mitte Januar Motor und Getriebe ausgebaut.
Das klingt harmlos, aber abgesehen davon, dass der Motor doch einige Kilogramm auf die Waage bringt, musste dazu die rechte Antriebswelle gezogen werden und einige schwer zugängliche Verschraubungen gelöst werden.
Nach dem Ausbau stellte sich heraus, dass auf der Motorwelle gar kein Ritzel sitzt, sondern diese eine Vielverzahnung aufweist. Dieser Vielzahn greift in die Hohlwelle am Getriebeeingang ein. Der Vielzahn am Wellenstumpf wurde im Forum fälschlich als "Antriebsritzel der Motorwelle" beschrieben.
Diese Profilwellen-Verbindung ist radial formschlüssig, kann aber achsiale Verschiebungen der Getriebeeingangswelle ausgleichen. Diese Verschiebungen ergeben sich aus der Schrägverzahnung der Ritzel und den ständigen Lastwechseln beim Beschleunigen /Rekuperieren.
Leider wurde die Erstmontage völlig ohne Schmiermittel /komplett trocken an der Vielverzahnung durchgeführt, was bei Verschiebungen /Vibrationen logischerweise zu höherem Verschleiß führt. Ich bin ziemlich überzeugt, dass mit etwas hochwertigem Schmierstoff der Defekt an der Motorwelle nicht /erst sehr viel später eingetreten wäre.
Außerdem sind die beiden Radialkugellager der Getriebeingangswelle wohl nicht für die wechselnde achsiale Belastung /die Verschiebungen beim Beschleunigen /Rekuperieren ausgelegt. Einer der Kugellagerkäfige war defekt und beide Lager wiesen deutliches Spiel auf. Die Metallspäne an der Ablasschraube stammten also NICHT von der Motorwelle, sondern vom defekten Radilkugellager.
Durch das entstandene Spiel im Lager, die hohen Drehzahlen /Vibrationen am Getriebeeingang und die Verschiebung der Eingangswelle durch die Lastwechsel beim Beschleunigen und Rekuperieren hatte sich die wohl aus weicherem (ungehärtetem?) Stahl bestehende Vielzahlwelle stark abgearbeitet.
Die Hohlwelle vom Getriebeeingang wies ebenfalls deutliche Abnutzungsspuren auf. Vor allem im mittigen Bereich war sie ausgeschlagen /ausgeschliffen, während am äußeren und am inneren Ende der Vielzahn noch besser erhalten war.
Natürlich stand damit die Frage nach einer Verschrottung im Raum. Auch weil sich trotz vieler telefonischer Versuche keinerlei Kontakt mehr zu GEC in Kassel herstellen ließ. Aber als gelernter Maschinenbauer /Gerätetechniker gibt man da nicht gleich auf.