bevor ich mit meinem kleinen Bericht starte, möchte ich kurz ein paar Danksagungen aussprechen.
- Vielen Dank an Forenmitglied "Frank" für das kostenlose bereitstellen wichtiger Ersatzteile.
- Vielen Dank an Forenmitglied "Stephan_M" für das kostenlose bereitstellen diverser Dämmmaterialien.
- Vielen Dank an die Firma CITYSAX Mobility GmbH für die großartige Unterstützung mit Wissen & Werkstatt.
Einleitung
Wenn ein Werkstatttermin bevor steht, freuen sich die wenigsten Autofahrer darauf. Als Elektroautofahrer gibt es dagegen Momente, bei denen man einen Werkstattbesuch unbedingt machen will, weil im Ergebnis ein besseres Auto heraus kommt. Gemeint ist ein Upgrade der Akku- und/oder Ladetechnik. Was das bringen kann sieht man sehr gut bei Forenmitglied Stefan_M, dessen 1998er Peugeot 106 über 200 km Reichweite erzielt. Mit einem so alten Stromer von Leipzig nach Berlin durchfahren zu können ist schon eine Ansage.
Der Wunsch nach mehr Batteriekapazität geht durch alle Fahrzeugklassen. Egal ob Smart, i-MiEV, ZOE, Leaf, i3 oder e-up!, fast jeder Fahrer wünscht sich mehr Reichweite bei besseren Fahrleistungen. Und wir alle hoffen natürlich, dass die Hersteller zu gegebenem Zeitpunkt entsprechende Optionen anbieten werden.
Fakt ist aber, dass sich - ohne auf den Hersteller angewiesen zu sein - aktuell nur die Gen1 Fahrzeuge aus den 90er Jahren mit vergleichsweise einfachen Mitteln sinnvoll aufrüsten lassen. Sinnvoll deswegen, weil die Batterieentwicklung seitdem enorme Fortschritte gemacht hat und weil die Akkus bei weitem noch nicht so stark in die Fahrzeugsteuerung integriert sind. Und genau deswegen geht es auch bei mir um die Umrüstung eines Gen1 Autos, meinem norwegischen Think PIV4 Baujahr 2001. Seit über einem Jahr träume ich davon und diese Woche wird es nun endlich umgesetzt. Unterm Strich wird ein wesentlich besseres Fahrzeug mit höherem Nutzwert auf den Rädern stehen.
Ausgangssituation
Ursprünglich besaß dieses Auto zuverlässige Nickel-Cadmium Akkus, die aber schon vom Vorbesitzer durch Lithium-Eisen-Phosphat Zellen ersetzt wurden. Die Mischbestückung aus alten und neuen Zellen wurde zwecks Kostenersparnis gewählt. Allerdings bestimmt bei ausschließlicher Reihenschaltung die schwächste Zelle Leistung und Reichweite des Fahrzeugs.
Originalbestückung:
- Typ: NiCd, Saft STM 5-100 MRE
- Kapazität: 11,4 kWh
- Nennspannung: 114 Volt
- Kühlung: Wasser
- Nettogewicht: ca. 250 kg
- Reichweite: ca. 85 km
nach erster Umrüstung 2011
- Typ: LiFePO4 / LiFeYPO4, ThunderSky TS-LFP 90/100 AHA & Winston WB-LYP 100 AHA
- Kapazität: 11,5 kWh
- Nennspannung: 115 Volt
- Kühlung: Luft
- Nettogewicht: ca. 120 kg
- Reichweite: ca. 60 km, 65% Restkapazität (2014)
- BMS: GK Anlagentechnik
Problemstellung – warum eine zweite Umrüstung notwendig ist
Der Think hat meinen Verbrenner vollständig abgelöst und ist der einzige PKW im Haushalt. Entsprechend zuverlässig muss er funktionieren und jede Alltagsstrecke sicher bewältigen, wobei die längste Strecke von Radebeul nach Leipzig führt und 110 km lang ist. Im derzeitigen Betriebszustand ergeben sich einige Probleme.
- - Durch die geringe Reichweite wird der Trip nach Leipzig zu einem fünfstündigen Erlebnisausflug.
- - Wegen fehlender Isolierung und Akkuheizung ist die Leistungsbereitschaft besonders im Winter stark vermindert.
- - Die knapp bemessene Batteriekapazität belastet die Akkus beim beschleunigen sehr stark.
Um das Upgrade erfolgreich durchführen zu können, müssen Ziele definiert und ein Budget festgelegt werden. Es sollen 2.500 Euro nicht überschritten und folgende Optimierungen erreicht werden:
- - gesteigerte Kapazität für 100 km Reichweite
- - einheitliche Akkuchemie auf Lithium-Eisen-Yttrium-Phosphat Basis
- - Isolierung und Akkuheizung für problemlosen Winterbetrieb
- - fixieren der Akkus am Akkukasten für Sicherheit im Falle eines Unfalls
- - Steigerung der Motorleistung durch höhere Batteriespannung
- - verbessertes Handling und cw-Wert durch höheres Gewicht und Schwerpunktänderung (bezogen auf Umrüstung 2011)
Von den derzeit verbauten 36 Zellen mit je 320 Wh werden die 30 besten übernommen. Die 5 alten ThunderSky Zellen Bj. 2008/2009 sowie eine hochohmige Winston Zelle werden entfernt. Mit 12 neuen Winston Zellen stehen am Ende insgesamt 42 Zellen der Baujahre 2011-2013 zur Verfügung, um einen homogenen Akkusatz zu realisieren. Dessen Nennkapazität beträgt 13,4 kWh. Der neue Akkukasten wird so modifiziert, dass alle Zellen in einem Verbund zusammen stehen und auf zusätzliche Verbindungsleitungen verzichtet werden kann. Wichtig ist, dass man die Batteriespannung nicht zu hoch nimmt, da sonst Fehlermeldungen vom Fahrzeug ausgegeben werden. Bereits bei 44 Zellen kann es zu Problemen kommen.
Upgrade Praxis Teil 1 – Ausbau der alten Akkus
Zunächst sollte das Fahrzeug aufgeladen werden, um eine möglichst kurze Balancierphase nach Montage der neuen und ebenfalls aufgeladenen Zellen zu gewährleisten. Wie bei fast allen Elektroautos befinden sich die Akkus auch beim Think im Unterboden. Das Auto muss nach dem Ladevorgang auf eine Hebebühne, um den Akkukasten entfernen zu können. Mit Bier kann ich im Allgemeinen nicht viel anfangen, aber Bierkästen erweisen sich als sehr stabile Tragelemente für diesen Einsatzzweck.
Da beim Upgrade ein Großteil der Komponenten übernommen und der Akkukasten ersetzt wird, muss dieser vollständig entkernt werden. Man entferne BMS Platinen und Zellverbinder und kann anschließend die 'Lego Duplo' Bausteine aus dem Kasten heben, da sie in diesem Fall nur durch das Eigengewicht - 3,3 kg je Zelle - in Position gehalten werden (Gefahr bei Unfall!). Bei der Demontage ist erhöhte Vorsicht geboten, da an den Kabelenden die volle Gleichspannung anliegt.