Hi zusammen,
ich habe neulich einen Leserbrief an die augsburger allgemeine geschrieben, der aber nicht veröffentlicht wurde.
Ich habe dort versucht gegen das penetrante Befürworten des Wasserstoffautos zu argumentieren.
Die ganzen Daten habe ich mir im Netz zusammengesucht, vieles davon daraus:
http://www.solar-mobil.heidenheim.com/i ... nauto.html
Hier der Brief:
Reflexartig wird vielfach bei der Diskussion um die Elektromobilität als Alternative der Wasserstoff genannt.
So auch im Kommentar vom Samstag, dem 27. Juli.
Im nostalgischen Gefühl die alten Gewohnheiten des Tankens eines Flüssigkraftstoffes beizubehalten und auch sonst nichts im Verhalten ändern zu müssen, wird das Brennstoffzellenauto mit Wasserstoff als Treibstoff als die Lösung für die Zukunft gesehen.
Sehen wir uns einmal an, ob das Sinn macht.
Zuerst muß man sich einfach noch einmal vergegenwärtigen, dass das wasserstoffbetriebene Fahrzeug schlichtweg ein Elektrofahrzeug ist. Freilich mit einer wesentlich kleineren Batterie (ca 50km Reichweite), dafür aber zusätzlich mit einer sehr aufwändigen, teueren und platzraubenden Technik die die Brennstoffzelle und den 700 bar Drucktank beinhaltet. Zum Vergleich, eine Autoreifen hat ca 3 bar, der Druck im Tank eines Erdgasautos ist ca 200 bar. Allein der Tank wiegt über 100kg.
Der Verbrauch eines durchschnittlichen Elektroautos auf 100 km ist ca 15 kWh, größere Teslas ca 20 kwh.
Der Verbrauch eines Brennstoffzellenautos mit Wasserstoff ist ca 1 kg Wasserstoff auf 100 km.
Jetzt müssen wir versuchen das in Relation zu setzen.
Befürwortet wird die Wasserstofftechnologie mit dem Argument, dass dieser aus regenerativem Strom gewonnen wird. Diese Gewinnung durch Elektrolyse braucht ungefähr 48 kWh Strom um 1 kg Wasserstoff zu gewinnen, also ca 2,5 mal soviel für 100 km als mit direktem Elektroantrieb.
ABER: diese 48 kWh sind nur die Energie für die Elektrolyse, weitere notwendige technische System um die Elektrolyse zu betreiben schlucken nochmal ca 15% Energie. Nach der Elektrolyse muss der Wasserstoff komprimiert werden, zunächst für den Transport und später für den eigentlichen 700 bar Tankvorgang.
Dafür muss der Wasserstoff dann auf – 40°C abgekühlt werden, da sonst wegen des Temperaturanstiegs durch den ansteigenden Druck im Speicher des Autos der Tankvorgang wesentlich verlangsamt werden müsste. Für die Komprimierung kann man ca. 10 % Energieaufwand ansetzen, für die Abkühlung ca. 1 - 2 %.
Man muss also noch 20 – 25 % auf die 48 kWh drauf rechnen, um das alles zu berücksichtigen.
Damit sind wir schon bei knapp 58 kWh bis 60 kWh elektrischen Stroms, die dieses Brennstoffzellen – Auto für 100 km verbraucht, ca 4 x soviel wie ein E-Auto.
Wie kommt jetzt der Wasserstoff zur Tankstelle?
Es gibt die Möglichkeit ihn vor Ort herzustellen, mit großem Platzbedarf, hohem Stromanschluss, großen Tanks, also sehr teuer.
Oder mit Tanklastern. Allerdings ist die transportierte Menge dabei relativ gering – zu größeren Tankstellen müssten jeden Tag ca. 1 - 2 Transporte kommen.
Und so ein LKW verbraucht auf 100 km ca. 2% des transportierten Tankinhalts, bei einer Entfernung von 125 km zwischen Tankstelle und Elektrolyse sind hin und zurück 5 % schon wieder weg.
Das schnelle Tanken mit Wasserstoff im Vergleich zum Laden des Akkus der Elektroautobatterie wird auch immer als Pluspunkt fürs wasserstoffbetriebene Auto verwandt. Doch stimmt das überhaupt?
Beim Wassertstofftanken muß der Hochdruckspeicher der Tankstelle immer wieder aufgefüllt und auf -40°C abgekühlt werden, das erfordert relativ viel Zeit und bedingt größere Wartezeiten zwischen den Tankvorgängen, aktuell können an einem Tag nur ungefähr 40 Fahrzeuge betankt werden (heute übliche Wassertstofftankstellen).
Übrigens das direkte Tanken (evtl mit Photovoltaik) zuhause wie beim E-Auto fällt auch weg.
Kritisiert wird beim reinen E-Auto der Rohstoffverbrauch von zb Kobalt oder Lithium. Wie sieht es beim Wasserstoff/Brennstoffzellenauto aus?
Die Brennstoffzelle (und auch die vorgelagerte Elektrolyse) benötigt einen Katalysator, mit Platin und anderen Edelmetallen, diese sind in der Erzeugung sicher genauso problematisch wie Kobalt oder Lithium.
Fazit: Das Elektroauto ist nach aktuellem Status der Technik unschlagbar im Vergleich zu anderen Techniken. Es verbraucht nur ein Viertel der Energie eines Wasserstoff Autos oder eines Verbrenners. Wasserstoff könnte jedoch für andere Bereiche wie zb die Schifffahrt, Schwerlast etc interessant werden.
Problematisch bleibt beim E-Auto die Batterie, die aus ökologischen Gründen klein bleiben sollte, aus Komfortgründen aber gerne größer ausfallen darf. Ein markenübergreifendes Wechselakku-System das dieses Problem lösen könnte wird leider nicht kommen. Aber die Ladeinfrastruktur und die Batterietechnik werden sich rapide weiterentwickeln, das wird die Akzeptanz des Elektroautos voranbringen