Nun habe ich nach 22 Monaten und 50.000km meinen Tesla P85D verkauft. Ich war mit dem Auto vom Grundsatz her zufrieden, bis auf die Punkte Reichweite, Leistungsentfaltung, Haltbarkeit.
Anmutung,
das Styling würde ich als gelungen bezeichnen. Diese dezente Eleganz die einen ein bißchen an Jaguar erinnert eckt nirgendwo an. Der Wagen kann aus meiner Sicht durchaus als „Weltauto“ gelten und findet auch Abnehmer in der ganzen Welt. Das Panoramaglasschiebedach in Verbindung mit den grauen Ledersitzen ergeben ein sehr luftiges und angenehmes Ambiente.
Verarbeitung, Ausstattung
man kauft sich das Auto nicht wegen der sehr guten Verarbeitung sondern trotz der eher durchschnittlichen Verarbeitung. Nimmt man das Auto mit dem aufpreispflichtigen Premium Interieur sieht es innen recht gediegen aus. Ledersitze, und Applikationen am und auf dem Armaturenbrett, schaffen ein angenehmes Umfeld. Schön ist auch die Ambientebeleuchtung die dann inbegriffen ist, die elektrische Heckklappe gehört bei so einem Auto dazu. Von außen fällt auf, daß die Zierleisten an den Türen nicht in einer Linie verlaufen. Unschön ist auch der große Spalt bei geschlossener Tür an der B-Säule. Im Innenraum klappert es hin- und wieder. Das Panoramschiebedach hat einige unschöne Übergänge, die vermutlich auch für die hohen Windgeräusche mitverantwortlich sind. Beim auf und zu machen merkt man an der Tür auch die etwas preiswerte Machart. Es hört sich beim zuschlagen an wie bei einem Dacia oder Renault. Premium geht anders.
Fahrkomfort,
wie soll man es anders beschreiben als gediegen? Dieses lautlose dahingleiten ist ein Genuß der seinesgleichen sucht. Wenn man will kann man aus dem Stand in 3,3sek auf 100km/h beschleunigen. Das geht so ansatzlos wie auf einer Achterbahn und fühlt sich zu Anfang auch so ähnlich an. Der neueste Tesla schafft das sogar in 2,4 sek.
Ab 130km/h werden die Windgeräusche deutlich lauter, bei 200km/h sind sie doppelt so laut wie bei einem vergleichbaren Verbrenner deutscher Produktion.
Dieselfreunde die ihre Drehmomentwelle schätzen werden aus dem Auto nicht mehr aussteigen. Es steht ein bäriges Drehmoment zur Verfügung. Selbst wenn er die Leistung um die Hälfte reduziert hat, dazu komme ich später noch. Dieses ansatzlos sofort vorhandene Drehmoment verleiht auf der Landstraße Überholvorgängen eine Leichtigkeit, ja Überlegenheit. Man kann so knapp überholen wie mit einem leistungsstarken Motorrad. Nur sollte man im Hinterkopf behalten, daß man immer noch den Platz eines recht großen PKW benötigt.
Bedienung
Über das Navi kann man in der Tat schimpfen, das rechnet manchmal den gleichen Blödsinn wie mein Garmin Motorradnavi. Klar, beide kommen aus dem selben Stall.
Hier muß man den Kopf einschalten, wer Garmin kennt hat weniger Schwierigkeiten.
Genial ist, daß man keine Adresse eingeben muß. Sondern einfach nur die Location, in 95% der Fälle findet das Navi es auch, wenn nicht dann eben nur Straße, Hausnummer und Stadt. Einfacher geht es nicht. Zumal direkt über Touchscreen und nicht über Drehdrücksteller. Der Nachteil ist, der Touchscreen sieht immer schäbig aus wegen der Fingerspuren. Ich hatte mir deswegen ein Microfasertuch und ein Spray ins Handschuhfach gelegt. Stand ich an der Ampel oder fuhr mit Autopilot wurde geputzt
Fahrwerk und Traktion
in meinem war das Luftfederfahrwerk verbaut. Das normale kenne ich nicht. Aber ich kann soweit sagen, daß das Fahrwerk über alle Zweifel erhaben ist. Der Schwerpunkt liegt unterhalb der Radachse, das ist besser als in der Formel 1 und man merkt es beim fahren. Trotz der Größe ist das Auto sehr wendig hat einen weiten Grenzbereich, der zudem kontrollierbar ist. Dies ermöglicht für das Fahrzeuggewicht recht hohe Kurvengeschwindigkeiten, bei optimalem Grip. Zwei parallel dazu gefahrene Autos, ein A5 V6quattro und ein AMG CLS ermöglichten zwar annähernd die gleichen Möglichkeiten, jedoch fühlte man schon das Gewicht des Motors auf der Vorderachse mit einem leichten Ansatz zum Untersteuern. Insgesamt fuhr der A5 im Vergleich dazu sogar etwas hölzern.
Beim Beschleunigen egal auf welchem Untergrund konnte man stets die volle Leistung abrufen, sofern diese vorhanden war. Der Allradantrieb gewährleistet stets beste Traktion. Schlechtes Wetter findet für die anderen statt, beim Tesla hat man stets sicheren Grip auf allen Straßen und Belägen.
Reichweite,
zügelt man sehr drastisch den rechten Fuß sind knapp 400km drin. Was aber nicht realistisch ist, real sind zwischen 250 und 300km, mit der 85kWh Batterie. Kommen Faktoren wie schlechtes Wetter dazu sinkt die Reichweite noch mehr.
Ich kam mit der Reichweite meines P85D zwar zurecht, aber auch nur weil ich mich zu den Leuten zähle die damit umgehen und sich anpassen können. Die Ladepausen, anfangs noch als angenehm empfunden, wurden aber zunehmend lästiger. Einmal am Tag lasse ich mir eine längere Ladepause gefallen, weil ich ohnehin zwischendurch was esse oder E-Mails beantworte. Die zweite Ladepause am Tag nervt schon leicht, die dritte wird lästig. Hinzu kam, das fahren auf Langstrecke nach Energielevel, also so sparsam wie möglich um so weit wie möglich zu kommen, gerade auf Langstrecken nervt das irgendwann nur noch. Wenn ich dann abends zwei bis drei Stunden später zuhause bin, wegen langsamen Autofahren (max.100-120km/h) trotz absolut freier Strecke und einer oder mehrerer Zwangsladepausen, die noch dazu keine 40 Minuten sondern manchmal 60 Minuten dauerten, da kam ich ins Grübeln ob es die richtige Entscheidung war. War es an sich schon, weil der lokal emissionsfreie Antrieb hilft einige Umweltprobleme zu lösen. Aber wenn es im Alltag dermaßen lästig wird, dann muß man sich eingestehen, daß der Stand der Technik bei den BEV noch nicht ausreicht um einen Verbrenner in allen Situationen zu ersetzen. Ab da setzte ich für Langstrecke wieder auf den Verbrenner und fuhr den Tesla nur noch auf Kurz- und Mittelstrecke. Vorteil, alles unter 300km ist kein Problem, man kann die volle Performance dieses Autos nutzen und genießen, ohne sich Gedanken um die Reichweite zu machen.
Und letztendlich erwarte ich von einem Auto in dieser Klasse, daß ich damit auch mal schneller als 100-120km/h fahren kann, was zwar geht, dann aber die Reichweite in die Nähe von 200km rückt. Entweder fährt man langsam und sitzt länger drin, oder man sitzt daneben trinkt einen Kaffee während das Auto mal wieder lädt. Schnelles reisen geht damit nicht, absolut nicht!
Von Raserei zu sprechen ist in dem Zusammenhang falsch. Man kann tatsächlich in Deutschland weite Strecken mit höherer Geschwindigkeit als 130km/h fahren, ganz entspannt und ohne andere zu gefährden. Gefährder sind eher die Unaufmerksamen, ganz gleich mit welchem Tempo die unterwegs sind.
Teslafahren ist vergleichbar mit einer Oldtimerausfahrt, hier ist der Weg das Ziel und die Reisezeit spielt keine Rolle. Unter dem Gesichtspunkt ist es eine angenehme Form des Reisens und man lernt bei den Ladepausen auch interessante Dinge kennen. Den Gartenfachmarkt in Emsbühren z.B. oder das Hotel Lindtner in Hamburg mit einem delikaten Restaurant, ein weiteres Hotel mit sehr guter Gastronomie gegenüber dem Supercharger in Lermoos. Den netten Lebensmittelmarkt mit Verkostung am Brenner, etc.
Tanken daheim und die Umwelt,
ist ein Vorteil aber relatviert sich auch. Ein Diesel so sachte wie ein Tesla gefahren reicht dann locker bis 1200km. Man muß unter normalen Umständen dann nur zwei bis drei mal monatlich tanken. Damit relativiert sich das "tanken daheim" beim Elektroauto. Und so ein Diesel-Auto ist um bis zu dreiviertel billiger in der Anschaffung als ein Tesla, wenn ich davon ausgehe ohnehin nur mit 100km/h auf der Autobahn zu fahren wird es sogar noch preiswerter.
Leistung,
der Wagen zeigt bei Vollast 400kW an. Vollast macht er drei- viermal mit, dann wird die Leistung reduziert. Bis auf unter 200kW. Alle die den Wagen außer mir gefahren sind meinen allerdings, daß dies zu Anfang als wir den Wagen neu hatten besser war und die Leistung öfter und länger abgerufen werden konnte. Der Wagen nicht so schnell runterregelte wie er es zuletzt tat.
Die 250km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht er zwar, aber nur kurz, dann regelt er zunächst auf 220km/h herunter. Bleibt man auf dem Pedal drauf standen nach weiterer Reduzierung nur noch 190km/h auf dem Tacho. Man kann noch von einem schnellen Auto sprechen aber das sind keine Sportwagenwerte mehr. Ich erwähne es deswegen weil man im Netz immer so lustige Videos sieht, bei denen ein potenter Verbrenner nach dem anderen vom Tesla abgeledert wird. Das verfälscht das Bild völlig, das ist ein Sprinter aber kein Renner.
Denn nur beim Spurt bis max. 120km/h und das auch nur ein- zweimal ist der Tesla schneller. Danach nicht mehr, den Wagen also auf Augenhöhe mit Sportlimousinen oder gar Sportwagen zu sehen trifft es nicht. Auch wenn er bei der Beschleunigung von 0-97km/h schneller sein sollte. Er kann die Leistung nicht dauerhaft erbringen, das ist die Krux.
Ich sehe den Wagen daher eher auf Augenhöhe mit z.B. mit einem 2.0 Turbodiesel, der irgendwas um die 190 PS hat. Und selbst der geht am Ende besser als der Tesla und fährt doppelt so weit.
Hinzu kommt, daß der Antrieb unter der hohen Last leidet und kaputt geht. Die hintere Drive Unit erzeugt dann ein lautes mahlendes Geräusch, der Wagen schafft dann die 250km/h auch nicht mehr. Bei meinem Wagen wurde die hintere Drive Unit mehrmals getauscht.
Autopilot,
richtig eingesetzt funktioniert der sehr gut. Ich darf nur nicht davon ausgehen, daß ich ein Nickerchen halten oder Zeitung lesen kann. Gerade in Zonen mit Geschwindigkeitsbeschränkung eine wirkliche Entlastung.
Soundanlage,
ich hatte das Sound-Paket drin. UKW Radio war grottig vom Empfang wie auch vom Sound. DAB und Internetradio hingegen klangen sehr gut. Spotify habe in dem Auto kennen und schätzen gelernt. Tolle Sache.
Das wars dazu, die Teslajünger mögen jetzt hyperventilieren weil ich das Auto nicht in allen Punkten lobe, aber das ist mir egal. Für mich war die große Zoe aka Tesla Model S ein Versuch wert und es war bestimmt nicht mein letztes Elektroauto in dieser Klasse, sie müssen eben besser werden. Dann sieht man weiter. Bis dahin fahre ich auf Langstrecke Verbrenner und Kurz- und MIttelstrecken mit der bewährten Zoe.