Grundlagen

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Im Folgenden werden die wichtigsten physikalischen Größen und Einheiten sowie elektrotechnische Grundlagen im Zusammenhang mit der Elektromobilität erläutert. Selbstverständlich kann man auch ohne dieses Wissen ein Elektroauto fahren und aufladen, aber insbesondere für das Laden sind gewisse Kenntnisse durchaus hilfreich.

Größen und Einheiten

Elektrische Spannung  

Die elektrische Spannung ist der Antrieb des elektrischen Stroms. Sie wird in Volt (V) gemessen. Eine Spannung liegt immer zwischen zwei Punkten an, z.B. sind das 1,5 V zwischen den Polen einer vollen handelsüblichen Alkali-Mangan-Batterie (z.B. Mignon AA oder Micro AAA). Man spricht auch von einer Potentialdifferenz. An einer europäischen Haushaltssteckdose liegen 230 V an. Der Akku von gängigen Elektrofahrzeugen hat je nach Modell eine Nennspannung von 300 bis 900 Volt.

Stromstärke  

Sobald an eine Spannungsquelle ein „Verbraucher“ angeschlossen wird und der Stromkreis geschlossen ist, fließt ein elektrischer Strom. Die elektrische Stromstärke wird in Ampere (A) gemessen und gibt sozusagen an, wie viele Elektronen pro Sekunde durch eine Leitung wandern. Es fließen immer genauso viele Elektronen aus dem einen Pol der Spannungsquelle heraus wie in den anderen Pol wieder hineinfließen.

Von der hindurchfließenden Stromstärke hängt ab, wie dick eine Leitung dimensioniert sein muss. In der Hausinstallation wird für Schukosteckdosen-Stromkreise normalerweise ein Leitungsquerschnitt von 1,5 mm² verwendet, worüber i.d.R. bis zu 16 A fließen können. Im Verteilerkasten sind Sicherungen untergebracht, welche den Stromkreis unterbrechen, wenn mehr als 16 A fließen, damit die Leitungen nicht überhitzen (daher heißen die Sicherungsautomaten auch Leitungsschutzschalter).

Elektrische Leistung  

P = U ⋅ I

Multipliziert man die Spannung mit der Stromstärke, erhält man die elektrische Leistung in Watt (W). Werden an einer 230-Volt-Elektroinstallation beispielsweise 16 A entnommen, entspricht dies einer elektrischen Leistung von 230 V ⋅ 16 A = 3680 W. 

Einheitenvorsätze / Präfixe

Statt 3680 W ist meist von 3,7 kW (Kilowatt) die Rede. Der Einheitenvorsatz „k“ steht wie bei Kilogramm für Tausend und kann vor alle physikalischen Einheiten gesetzt werden (Hinweis: Das „k“ wird grundsätzlich klein geschrieben!).
Der Einheit kW begegnen Elektroautofahrerinnen und -fahrer ständig, denn sie gibt z.B. die Ladeleistung von Ladesäulen an und sagt somit etwas darüber aus, wie lange man für einen Ladevorgang benötigt.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über häufig verwendete Präfixe.

 Symbol Wert
 T  Tera Billion 1012 1.000.000.000.000
 G  Giga Milliarde 109 1.000.000.000
 M  Mega Million 106 1.000.000
 k  Kilo Tausend 103 1.000
 c  Zenti Hundertstel 10−2 0,01
 m  Milli Tausendstel 10−3 0,001
 µ  Mikro Millionstel 10−6 0,000001

 

Elektrische Arbeit / Energie  

E = P ⋅ t

Multipliziert man die elektrische Leistung eines „Verbrauchers“ mit seiner Betriebszeit in Stunden, erhält man die aufgenommene elektrische Energie in Wattstunden (Wh). Deutlich geläufiger ist die Einheit Kilowattstunden (kWh). Beispiel: Wenn ich einen Heizlüfter mit einer Leistung von 2000 W drei Stunden am Stück laufen lasse, wandelt er in dieser Zeit 6000 Wh elektrische Energie in Wärmeenergie um, also 6 kWh.

Wichtig: Anders als bei der Geschwindigkeit, welche üblicherweise in km/h (Kilometer pro Stunde) angegeben wird, sind es hier kWh (Kilowattstunden)! Die Einheit „kW/h“ (Kilowatt pro Stunde) ist keine Standardeinheit. Sie gibt nicht die Akkukapazität an, sondern die Änderungsrate der Leistung!

Die Einheit kWh ist bei der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung, denn damit wird die „Batteriekapazität“ angegeben, also die Energie, die der Akku eines E-Autos speichern kann. Und diese bestimmt wiederum über die Reichweite des Autos. Die Reichweite kann über folgende einfache Formel berechnet werden:

Nutzbare Akkukapazität [kWh] × 100 km ÷ Fahrverbrauch [kWh/100 km] = Reichweite [km]

Der Verbrauch in Kilowattstunden pro 100 Kilometern ist hierbei natürlich von vielen Faktoren abhängig, vor allem von der Aerodynamik und dem Gewicht des Autos, der Fahrgeschwindigkeit, der Topologie der Strecke und den Wetterbedingungen.

kW oder kWh?

Leider werden die Einheiten für die Leistung und die für die Energie(menge) häufig durcheinandergebracht. Daher nochmal 😉:
Die Einheit kW (Kilowatt) gibt eine Leistung an, z.B. mit welcher Stärke der Fahrzeugakku aktuell geladen oder entladen wird. Nostalgiker geben die Leistung auch gerne in PS (Pferdestärken) an, sofern es ich um die Maximalleistung eines Motors handelt: Eine Pferdestärke entspricht 0,735 kW bzw. 1 kW entspricht 1,36 PS.
Die Einheit kWh (Kilowattstunden) gibt eine Energiemenge an, wie z.B. den Jahresstromverbrauch eines Hauses oder die Strommenge, die in einen Akku geladen wurde. Der Verbrauch eines Elektrofahrzeugs wird meist in kWh/100 km angegeben (Kilowattstunden pro 100 Kilometer).

Hier ein technisch nicht ganz richtiger, aber einfach zu merkender Vergleich:
Die Energiemenge kWh gibt an, wie viel Wasser sich insgesamt in einem See befindet. Die Leistung in kW gibt an, wie stark z.B. der Zustrom eines Baches in den See ist. Je größer die Leistung in kW und je länger diese anliegt (Stunden), desto größer ist am Ende auch die Menge Wasser im See (kWh).

Gleichstrom und Wechselstrom

Batterien und Akkus haben immer einen Pluspol und einen Minuspol. Schließt man einen elektrischen „Verbraucher“ an, fließt Strom vom Pluspol durch diesen „Verbraucher“, wandelt dort elektrische Energie in eine oder mehrere andere Energieformen um und fließt durch den Minuspol zurück in die Batterie oder den Akku*. Da der Strom in diesem Fall immer in die gleiche Richtung fließt, spricht man von Gleichstrom. Die Abkürzung für Gleichstrom lautet DC von engl. direct current.

Beim Wechselstrom hingegen ändert sich die Polung der Spannung und damit die Richtung des Stroms periodisch. In der elektrischen Energieversorgung (also im Stromnetz) wird sinusförmiger Wechselstrom verwendet, da dieser sehr einfach von Generatoren erzeugt und von Transformatoren in andere Spannungen umgewandelt werden kann (zum Transport über weite Distanzen ist nämlich eine möglichst hohe Spannung nötig). Im europäischen Stromnetz haben wir eine Netzfrequenz von 50 Hz (Hertz), d.h. Strom und Spannung oszillieren 50 mal pro Sekunde. Die Abkürzung für Wechselstrom lautet AC von engl. alternating current.

Dreiphasiges Stromnetz

In Europa haben wir Stromnetze mit Dreiphasenwechselstrom, auch Drehstrom genannt. Hierbei sind drei einzelne Wechselströme gleicher Frequenz zueinander um eine Drittelperiode (120°) verschoben. Diese drei „Phasen“ werden als Außenleiter bezeichnet und mit L1, L2 und L3 abgekürzt.

Der sogenannte Sternpunkt der drei Phasen ist geerdet und wird mit einem Neutralleiter N verbunden. Durch diesen fließt bei gleichmäßiger Belastung der drei Außenleiter kein Strom, bei ungleichmäßiger Belastung lediglich ein Strom, der sich aus der (vektoriellen) Addition der Einzelströme ergibt.


 

 

Ein dreiphasiger Stromanschluss besteht also aus vier Leitungen: Den drei Außenleitern und dem Neutralleiter.

Daneben gibt es noch den Schutzleiter, der der Sicherheit von Lebewesen bei der Benutzung elektrischer Geräte dient. Er ist geerdet, wird mit PE (von engl. protective earth) abgekürzt und mit den Farben grün-gelb gekennzeichnet. Bei Elektrogeräten der Schutzklasse I sind alle berührbaren metallenen Teile mithilfe des Schutzleiters mit der Erde verbunden, sodass im Fehlerfall ein Stromfluss durch den menschlichen Körper gegen Erde verhindert wird.

Normale Haushaltssteckdosen (z.B. in Deutschland und Österreich Schuko-Steckdosen) sind nur einphasig, das heißt, neben dem Neutralleiter und dem Schutzleiter ist nur einer der drei Außenleiter vorhanden. Dies kann L1, L2 oder L3 sein, meist wird daher einfach mit L abgekürzt.
Einige wenige leistungsstarke Stromverbraucher in unseren Häusern sind dreiphasig angeschlossen, z.B. Elektroherde und Warmwassergeräte.

Links/oben: dreiadriges Anschlusskabel für einphasigen Wechselstrom (Adern L, PE und N), z.B. für Haushaltssteckdosen. Rechts/unten: fünfadiges Drehstrom-Anschlusskabel (Adern L1, L2, L3, N und PE)

230 oder 400 Volt?

Die Spannung zwischen dem Neutralleiter und einem der drei Außenleiter beträgt jeweils 230 V, dies ist dementsprechend auch die Spannung, die an Haushaltssteckdosen anliegt.

Die Spannung zwischen zwei (beliebigen) Außenleitern beträgt 400 V; diese lässt sich errechnen aus 230 V ⋅ √ ̅3̅ .
Häufig wird daher bei Dreiphasenwechselstrom eine Spannung von 400 V angegeben, das gilt auch für dreiphasige AC-Ladeanschlüsse im GoingElectric Stromtankstellenverzeichnis. Trotzdem kann man an jede der drei Phasen einen 230-Volt-Verbraucher anschließen.

Anschlussleistung berechnen

Die Anschlussleistung eines Stromanschlusses ergibt sich aus der Spannung sowie der zur Verfügung stehenden Stromstärke (siehe oben: Abschnitt „Elektrische Leistung P“). Bei einphasigem Anschluss ist die Berechnung also ganz einfach:

P = 230 V ⋅ I

Beträgt die mögliche entnehmbare Stromstärke beispielsweise 20 A, so liegt die Anschlussleistung bei 4,6 kW:

P = 230 V ⋅ 20 A = 4600 W = 4,6 kW

Aber wie berechnet sich die Anschlussleistung eines dreiphasigen Stromanschlusses? Man multipliziert einfach die einphasige Anschlussleistung mit der Anzahl der Phasen!

P = 230 V ⋅ I ⋅ Phasenanzahl

Bei einem dreiphasigen Stromanschluss mit einer möglichen entnehmbaren Stromstärke von 16 A läge die Anschlussleistung z.B. bei 11 kW:

P = 230 V ⋅ 16 A ⋅ 3 = 11040 W ≈ 11 kW

Schieflast

Die Betreiber der Stromnetze haben ein Interesse daran, dass alle drei Phasen stets möglichst gleichmäßig belastet werden, da es sonst zu Energieverlusten und sogar Schäden an z.B. Transformatoren kommen kann. Bei einer ungleichmäßigen Belastung spricht man von Schieflast.

Eine gleichmäßige Lastverteilung wird beispielsweise dadurch sichergestellt, indem die einzelnen einphasigen Stromkreise eines Hauses oder einer Wohnung auf die einzelnen Außenleiter gleichmäßig aufgeteilt werden. Auch wenn dabei nicht pro Haus oder Wohnung eine vollständige Symmetrierung sichergestellt ist – dies ist immer vom momentanen Verbrauch in den einzelnen einphasigen Stromkreisen abhängig – ist die Symmetrierung über eine Region und größeres Versorgungsgebiet meist gut erfüllt.

In Deutschland gibt es zur Vermeidung von Schieflast außerdem die Vorschrift, dass einphasige Stromverbraucher eine maximale Anschlussleistung von 4,6 kW (20 A) haben dürfen. Höhere einphasige Anschlussleistungen sind nur mit Genehmigung des örtlichen Netzbetreibers erlaubt.


 

Fußnote:
* Hier wurde die technische Stromflussrichtung zugrunde gelegt – die Flussrichtung der (negativ geladenen) Elektronen ist genau umgekehrt.