Also Tübingen hat schon ein ganz besonderes Geschmäckle:
Da gibt es nicht nur die kostenpflichtige EnBW-Säule im kostenpflichtigen Parkhaus "Behördenzentrum" (für zu Fuß-gehen in die Innenstadt ziemlich weit draußen), sondern auch die kostenlose (!) 2x22 kW Säule im Parkhaus "Metropol". Leider wird man gleich mit einer Sperrbake im Parkhaus "Derzeit außer Betrieb" begrüßt. Auf dem nicht gesperrten Platz steht die Car-Sharing-ZOE. Also stellt man sich daneben, auf den Platz "für den Arzt".
Die Säule ist echt der Hammer. Wird per SMS entsperrt, dann geht eine große Klappe auf, unter der befinden sich eine Schuko-Dose und eine Typ-2. Die Typ-2 ist dermaßen bescheuert da reingebaut, dass man den serienmäßigen Stecker nicht ohne erhebliche Gewalt eingesteckt bekommt. Dann muss man noch die große Klappe wieder schließen, ebenfalls mit Gewalt. Wenn man dann den Stecker ins Auto steckt und viel Glück hat (hatte ich beim verzweifelten dritten Anlauf), dann kommt Strom. Laden beendet man ebenfalls per SMS, man bekommt sogar eine Bestätigungs-SMS mit der grob gerundeten Energiemenge (bei mir 16.000 Wh). Rechnung gibt es keine, lediglich ein Parkentgelt ist zu entrichten.
Also habe ich ein Dankeschön E-Mail an den Oberbürgermeister gesendet, mit einen Hinweis auf das Problem und der Bitte, in der schönen, großen, grünen und Universitätsstadt Tübingen noch mehr Ladepunkte einzurichten.
Es hat einige Tage gedauert, dann kam tatsächlich eine Antwort:
Sehr geehrter Herr K.,
seit einem halben Jahr reklamieren wir diese Ladestation beim Hersteller. Es ist eine Katastrophe! Sie müssen leider zu den Stadtwerken, dort funktioniert es.
Meine Antwort:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
vielen Dank für die Antwort. Sicher wird die Ladesäule irgendwann verbessert, da muss man halt auch Geduld aufbringen.
Aber stimmen Sie mit mir überein, dass zwei Ladesäulen in einer so großen und so grünen Stadt wie Tübingen deutlich zu wenig sind? Ich würde mich freuen, wenn auch in Tübingen die Ladepunkte „aus dem Boden sprießen“ würden.
OB's Antwort:
Sehr geehrter Herr K.,
bei Kosten von 40.000 Euro pro Ladestation und keinerlei Refinanzierung: Leider nein.
Darauf ich nochmal:
Sehr geehrter Herr OB,
Ladepunkte im öffentlichen Raum, mit zwei Dosen vom sogenannten Typ2 mit 22 kW (der im Moment verbreitetste Standard) kosten momentan zwischen 4.000 und 8.000 Euro zzgl. der notwendigen Stromleitung. Eine Refinanzierung findet statt, wenn man z.B. das Billing über einen Dienstleister abwickeln lässt. Gerne stelle ich dazu weitere Informationen zur Verfügung.
Bei einer Installation in einem Parkhaus, bei dem der Strom ja ohnehin vorhanden ist, muss man für die Montage und den Kabelweg je nach den örtlichen Umständen sicher noch einmal 2.000 Euro rechnen.
Kurzes Rechenbeispiel:
• Angenommene Gesamtkosten für Doppelladepunkt: 10.000 Euro
• Angenommener Deckungsbeitrag je kWh (Preis über Eigenkosten): 0,15 Euro
• Durchschnittliche Lademenge je Fahrzeug: 20 kWh
• Im Mittel eine Ladung pro Ladepunkt und Tag, also 700 Ladungen je Jahr
• Deckungsbeitrag pro Jahr 2.100 Euro, RoI unter 5 Jahre (ohne Zinsbetrachtung)
Ich finde das nicht so schlecht und absehbar möglich. Selbst ein RoI von 10 Jahren wäre für eine Gemeindeinvestition noch akzeptabel, vor allem wenn man damit auch beim Thema „Mobilität der Zukunft“ etwas Flagge zeigen kann.
Seither ist leider Funkstille. Das Thema ist in Tübingen wohl so beliebt, wie der Sozialismus. Hier haben wir wohl als Elektrofahrer die Aufgabe, nicht nur Kunden zu sein, sondern auch noch die Geschäftsmodelle ins Rathaus zu tragen.