dreamfish86 hat geschrieben:Es werden wahrscheinlich nur wenige Geräte verkauft. Aber (jetzt mal plakativ und egozentrisch gesprochen) warum soll ich das zu meinem Problem machen?
Musst du nicht. Aber warum soll das Unternehmen es zu seinem Problem machen, dass dir persönlich die Box zu teuer ist?
dreamfish86 hat geschrieben:Ich arbeite hart für mein Geld. Habe jahrelang Geld zurückgelegt, um mir jetzt ein Elektroauto zu kaufen,...
Meinst du nicht, dass einem Unternehmen die Entscheidung überhaupt Ladeprodukte herzustellen nicht ebenso schwer fällt? Hart erarbeitetes Geld in einen Geschäftszweig zu investieren, dessen Gewinnabwurfchancen völlig unklar sind? Wenn so ein Projekt schiefläuft, besteht ein Insolvenzrisiko für das gesamte Unternehmen und alle Angestellten.
dreamfish86 hat geschrieben:Ich habe keine Zahlen, bin kein Insider, aber ich denke, es werden mehrere Millionen verbrannt, bevor ein EV in Serie gehen kann.
Beim BMW i3 sollen es 6 Milliarden gewesen sein. 3 Milliarden für die Entwicklung das Fahrzeugs und 3 Milliarden für den Aufbau der Produktionslinien und Prozesse.
dreamfish86 hat geschrieben:Ich kann nicht sehen, daß eine Firma Millionen investieren muß, um eine Wallbox herzustellen. Bis auf das EVSE-Modul sind das alles Standard-Komponenten, die seit mehrern Jahrzehnten auf dem Markt sind (FI, Last-Relais, Gehäuse, LSS).
Die Ladesäulen bestehen aus deutlich mehr. Da sind Kühlventilatoren drin und teilweise auch Heizsysteme, um Frostfreiheit zu gewährleisten. Einige haben eine Tauwasserüberwachung. Wer sowas in den Markt bringt und erfolgreich sein will, muss sich auch mit Patenten und Gebrauchsmusterschutz beschäftigen. Das kostet alles Geld. Die Form der Ladesäulen muss bedienbar sein und Vandalismuss-Sicher. Mennekes hat einige Versuche gebraucht, um eine Luftführung zu entwickeln, die A) zu einer guten belüftung der Bauteile führt, aber B) den Eintrag von Wasser, sowie Drähten/Gegenstände (Dumme Leute gibts immer) zu verhindern. Und dann muss man auch erstmal Stromeinführung und 6 Leitungswege auf dem kleinen Platz unterbringen und zwar so, dass es sich noch vernünftig warten lässt. In den 2x22kW Mennekes-Säulen sind 2x32A und 2x16A-Pfade verbaut, sowie 2x Schuko. Von der ganzen Software (Leitstandlösung, RFID-Autohorisation, etc.) mal ganz abgesehen. Die Panels sind Spritzgussteile, die konstruiert und in Serie produziert werden müssen. Du brauchst einen zuverlässigen Lieferanten für die Gehäuse. Du musst eine Prüfstrecke aufbauen, damit die Geräte auch gecheckt werden können, bevor sie das Werk verlassen. Und du musst Platz in einem Gebäude bereitsstellen, damit die Teile dort gebaut werden können, sowie ein Lager anlegen. Und bis hierhin waren wir noch gar nicht beim Personal, was die Teile baut, im Markt vertreibt und supportet. Die Leute wollen am Monatsende auch alle ihr Geld.
Und dann braucht es noch eine Reihe von Außendienstlern, die sich auch gut mit der Technik auskennen, damit ich als Handwerker auch mal Kontakt zu einem Herstellervertreter habe, der mir bei Problemen helfen kann.
Wenn du als Kunde deinen Elektriker anrufst, weil die Wallbox nicht geht, dann erwartest du ja, dass der die binnen wenigen Tagen repariert. Das geht aber nicht, wenn der Handwerker selbst keinen Zugriff auf Personal des Herstellers hat. Weitehrin muss der Hersteller finanzielle Rückstellungen für Gewährleistungsfälle bilden oder Entwicklungsfehler, die sich erst später zeigen. Das soll es ja bei völlig neuen Produkten geben... Ich will diesen Absatz mal mit dem Punkt Marketing schließen. Man muss Werbung machen - und zwar gewaltig, damit man im Markt als Anbieter von Ladeinfrastruktur wahrgenommen wird. Diese Werbung muss entwickelt werden und das ist teuer.
dreamfish86 hat geschrieben:Was soll der ganze Mist mit Proximity- und Pilot-Signal.
Gäbe es dieses Signal - oder eine andere Kommunikation - nicht, würde das bedeuten, dass entweder alle EVs Schnarchlader wären oder dass es faktisch keine Ladepunkte gäbe. Es muss sich abgestimmt werden, was das Fahrzeug laden kann/darf und was der Ladepunkt hergibt. Und dem normalen KFZ-Fahrer ist es A) nicht zuzumuten, die Vorinstallation der Ladestelle zu prüfen und B) kann das ein Nicht-Fachmann gar nicht. Damit das einfach und für jedermann bedienbar ist - nur so hat Elektromobilität eine Chance in der Masse anzukommen - muss es idiotensicher sein.
dreamfish86 hat geschrieben:Ich stehe auf dem Standpunkt, daß eine Firma, die es finanziell nicht stemmen kann, keine elektrischen Geräte bauen sollte.
Sei mir nicht böse, aber wenn du es finanziell nicht stemmen kannst, dann kaufe einfach die Wallbox nicht. Ich bin ehrlich gesagt froh, dass es überhaupt Unternehmen gibt, die dieses Risiko eingehen. Entweder ich akzeptiere den Preis oder ich kaufe das Produkt nicht.
dreamfish86 hat geschrieben:Aber das gesamte Invest-Risiko auf die wenigen Kunden abzuwälzen ist ja wohl nicht der Weißheit letzter Schluß.
Auf wen denn bitte dann? Den Angestellten das Gehalt kürzen? Unternehmen habe keine Goldkiste im Hinterzimmer, die sich von selbst füllt. Die einzige Frage ist nur, auf wieviele Jahre wird diese Invest-Last verteilt.
Wenn du es so einfach findest, eine Wallbox zu bauen, dann schlage ich vor, es selbst einmal auszuprobieren. Kaufe dir die Bauteil: Gehäuse, Schütze, LS, etc. lassen sich im freien Markt kaufen. Pilotboxen ebenso. Dann kannst du noch mit einer SPS das ganze ein bißchen ansteuern und fertig. Aber schreib dir dir Arbeitsstunden mal dazu auf und rechne dann am Ende zusammen, was das Teil gekostet hat. Und zwar nicht den Netto-Lohn, sondern Bruttokosten + AG-Anteil, DB-Anteil und Gewinn.