Re: E-Autos aufladen im Rahmen einer Hotelübernachtung
Coati Roux
06.05.2019 21:44Zunächst einmal finde ich es sehr gut, dass sich auch der DEHOGA mit dem Thema Ladesäulen auseinandersetzt. Es mag noch kein wirkliches Massenphänomen sein, wird jedoch immer mehr. Vielen Dank dafür, smochen!
Dann: Ich fasel gerne und viel und das hier soll kein "Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem"-Beitrag werden. Ich denke jedoch, wenn sich schon jemand (smochen) die Mühe macht, tatsächlich die Leute nach ihrer Meinung zu zu fragen, welche die Sache am Ende auch nutzen, auch möglichst viele, natürlich auch kontroverse, Meinungen lesen sollte.
Zur Sache:
Wir (meine Frau und ich) waren gerade in einem wunderschönen Hotel in der Eifel, welches eine Ladesäule nach dem Modell "Ein Tesla only, einmal Typ-2" betrieb. Der Strom war dort kostenlos für Hotel-, Restaurant- und Cafégäste und wurde durch die Rezeption auf Nachfrage freigeschaltet. Dann blieb die Box für ca. 2 Stunden unter Feuer und schaltete sich anschließend wieder ab. So hervorragend ich diese Leistung fand, dafür bezahlt hätte ich nicht, und zwar gleich aus zwei Gründen: Zum Einen erwarte ich, dass ein Hotel bei einer Übernachtung in der Preisklasse von fast 200 € je Nacht (für 2 Personen) nicht noch für eine Leistung im Gegenwert von maximal (22 kW x 2 h x 0,20 €/kWh) 8,80 € die Hand aufhält, wobei das schon für eine Zoe sportlich wird, geschweige denn für die in sieben Tagen (geschätzte 60 kWh x 0,20 €/kWh) insgesamt 12 €, die ich gezogen habe. Es geht mir hier nicht um das Geld, sondern um die Geste. Zum Anderen war die Ladesäule entsprechend unflexibel, man musste ständig jemanden fragen, nach 2 h war der Saft weg, was für einen Einphasenlader auch keinen Spaß macht, den Parkplatz sollte man anschließend freigben, was wieder Aufwand bedeutet und das akkuschonende Vorheizen/-kühlen morgens ging auch nur nach Nachfrage. Nochmal, das ist keine Kritik am Modell des Hotels, die Tatsache dass sie Strom anbieten hat uns überhaupt erst dorthin geführt, nur bezahlen würde ich für diese Leistung nicht. Für lau war es jedoch super.
Eine Leistung, für die ich durchaus bereit wäre zu zahlen, wäre ein zugesicherter Parkplatz mit zugesicherter Lademöglichkeit für jeweils einen Tag, gerne auch gestaffelt. Das sähe dann zum Beispiel wie folgt aus (Parkplatzpreise willkürlich, in der Eifel ist der Platz nicht das Thema, in Downtown Berlin sieht das wohl anders aus)
- Nur Parkplatz: 10 €
- Parkplatz mit 10 A Schuko (2,3 kW): 12 €, also 2 € für den Strom
- Parkplatz mit 16 A CEE-Blau (3,6 kW): 13 €, also 3 € für den Strom
- Parkplatz mit 16 A CEE rot (11 kW): 15 €, also 5 € für den Strom
- Parkplatz mit Typ 2 (22 kW): 20 €, also 10 € für den Strom
Jeweils mit abschließbarer Dose, bzw. Schlüsselschalter an der Wallbox, was die Installation sehr vereinfacht.
Vorteile:
- Bei den ersten dreien brunzeinfache Installation, kann jeder Dorfelektriker (die sollten jedoch auch bei der Box nicht allzu große Probleme haben) und die Materialkosten (zusätzlich zu den Leitungen) liegen bei 30-50 € (abschließbare Dosen oder mini-Baustromverteiler)
- Theoretisch reicht eine Leitung zu jedem Parkplatz (5 x 6 mm², 3 x 32 A + FI Typ A), von wo aus die Wallbox, bzw. der Baustromverteiler (mit entsprechenden Untersicherungen/Schutzschaltern) versorgt werden. So kann man alle Parkplätze identisch ausstatten und je nach Auslastung vermieten.
- Die maximal gezogene Strommenge kann über die Leitung grob vorausgeplant werden, niemand wird an einer Schuko-Dose über eine 10 h Nacht mehr als 23 kWh ziehen, an der Typ-2 Dose kommen rechnerisch 220 kWh zusammen, nur ist so groß kein Akku, so dass die Preisdifferenz hier die Hardwarekosten für die Wallbox einspielen kann.
- Jeder kann das nehmen, was er braucht: Geschäftsreisenden ist der Preis egal, die gehen an 22 kW Typ-2, Familienurlauber werden CEE blau oder Schuko nehmen, da Zeit hier kein wesentlicher Faktor ist und alle anderen verteilen sich dazwischen (ich würde an Schuko laden, da das unserem Urlaubsrhythmus sehr nahe kommt)
- Trotz Pauschale (einfach) ist eine Staffelung möglich (gerecht), welche physikalisch begrenzt ist. Wenn einer 20 A an der CEE rot ziehen möchte, wird ihm der Leitungsschutzschalter das sehr schnell vereiteln.
- Man kann damit hervorragend Werbung machen, denn für (fast) jeden ist etwas dabei.
Nachteile:
- Typ 1 fällt etwas raus, denen bleibt nur Schuko, nur haben die meisten eh nen Juice Booster ob der geringen Typ-1 Dichte, so dass sie an CEE blau/rot gehen würden.
- Man hat noch immer Pauschalpreise, jedoch jetzt gestaffelt, so dass es nicht mehr ganz so hart kommt, wenn man besonders wenig lädt.
- Wenn ein Tesla Modell S sich am Typ 2 den Akku von 0 auf 100 % knallt, geht eben Strom für 20 € durch die Leitung, der Nachteil der Mischkalkulation.
Ebenso wäre ich bereit, für das "The New Motion" Modell zu bezahlen, sofern es bei einem fairen Preis (z.B. 0,30 €/kWh) bleibt. Wenn aus der App schon ersichtlich ist, dass der Saft in der teuer bezahlten Tiefgarage nochmal Startgebühr, Zeitpauschale und 50 Cent/kWh kostet, wird das Ding nicht benutzt, bzw. das Hotel nicht gebucht.
Besonders großartig wäre natürlich die eichrechtskonform installierte Typ-2 Säule mit kWh genauer Abrechnung. Fair für alle, und auch nicht allzuviel teurer im Unterhalt (bei Einsehbarem und geeichtem Hutschienenzähler). Nur ob sich das lohnt sei dahingestellt: der Personalaufwand dürfte pro Abrechnungsvorgang höher sein, als der ganze Strom zusammen kostet! Angenommen für jeden Vorgang ist das Rezeptionspersonal nur 5 Minuten beschäftigt (Hinlaufen, ablesen, Eintragen, Rechnung stellen, Rechnung begleichen), sowie das Buchhaltungspersonal (Rechnung prüfen und kontieren) weitere 2, sind das bei nur einem Ladevorgang täglich 1.300 € im Jahr (bei 30 €/h Gesamtkosten für's Personal). Bei einem Ladevorgang an dürften im Schnitt 20 kWh weggehen (Schätzung aus dem Bekanntenkreis und eigene Erfahrung), was für Gesamtkosten von 1.400 € für den Strom sorgt. Den Return on Invest kann man sich nicht schönrechnen...
Und für die Königslösung muss Sachverstand und massiver Wille zur Investition her: Alle Parkplätze mit RFID-Boxen ausstatten, mittels Backend verbinden und für die Keycards der Zimmer (oder RFID-Anhänger an den Schlüsseln) freischalten, dann beim Checkout auslesen und den kWh-gerechten Preis gleich mit auf die Rechnung schreiben. Fair, schnell, nur sauteuer.
Dann noch etwas sehr subjektives: Für mich waren Hotelübernachtungen früher der Horror, weil ich ständig Angst hatte, dass irgendetwas mein knappes Reisebudget sprechen könnte (Mein O-Ton im 5-Sterne Hotel zu meiner Frau, damals noch Feundin: "Und Du bist Sicher, dass das Atmen hier nicht extra kostet?", es war das Ritz Carlton in der Autostadt, wo wir unseren ersten Neuwagen abholten). Mittlerweile bin ich ein Wenig rumgekommen, auch beruflich, und habe ein ungefähres Gefühl dafür, was extra kostet und was in der Leistung inbegriffen ist. Dass das innerhalb der Klassen sehr stark variiert, dürfte auch so klar sein, wie die Tatsache, dass in einer Hostelübernachtung keine Spabenutzung inkludiert ist. Und hier denke ich, dass der WLAN-Vergleich durchaus angemessen ist: Als WLAN noch ein echter Kostenfaktor war (Paketpreise, Preise je GB, ...) konnte man die Preise dafür nachvollziehen. Irgendwann kamen Flatrates, so dass dieser Preisbestandteil wegfiel, die Router, Switches und Sender wollten jedoch immernoch bezahlt sein. Die Akzeptanz dafür zu bezahlen fiel jedoch rapide. Und heute ist WLAN selbst in einer 0,5-Sterne-Absteige so selbstverständlich wie das Papier auf dem Klo, wofür auch niemand bei klarem Verstand extra zahlen würde. Ähnlich wird es mit den Lademöglichkeiten verlaufen. Momentan ist es ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal, welches eine kleine aber, machen wir uns nichts vor, zahlungskräftige Gruppe anzieht, bald ist es eine Grundausstattung, die gerne etwas kosten darf, sofern man sie denn nutzt und irgendwann wird es der absolute Standard sein, sein Fahrzeug im Hotel im Preis inbegriffen aufladen zu können, und wer sich dessen entzieht, muss mit deutlich weniger Kunden leben. Meine Frau bucht zum Beispiel (gerade beruflich) keine Hotels ohne kostenloses WLAN, weil es für die Arbeit notwendig, und ein Heidenaufwand ist, das Geld von der Buchhaltung zurückzuholen.
Wenn also das Ritz Carlton für die Lademöglichkeit 30 Ocken extra verlangt, während das Hostel die Leistung gratis anbietet, stimmt etwas nicht und ich käme mir arg veräppelt vor. Wenn Preis und Leistung in angemessenem Verhältnis stehen, und das tun sie bei "Einer Pauschale für alle" in den meisten Fällen eben nicht, wird sich das Produkt nicht durchsetzen. Und wenn die Nutzung besonders kompliziert oder aufwändig ist (mehrere Leute fragen, Zähler ablesen, Passcode/PIN merken und im Regen eingeben, ...), wird das auch nichts.
tl;dr: kWh-genaue Abrechnung ist gerecht, nur teuer und aufwändig. TheNewMotion ist eine gute Sache, wenn der Betreiber nicht noch Geld machen möchte. Eine Pauschale ist immer ungerecht, nur ist eine der Ladeleistung angemessene Pauschale so wenig ungerecht, dass die meisten Leute sie wahrscheinlich gerne bezahlen würden, da sie immernoch die Wahl und damit einen (kleinen) Einfluss haben.