mack3457 hat geschrieben: ↑
Also, zu den Nachteilen: einmal war ich doch etwas von der Größe des Ioniq enttäuscht - ich hätte ihn etwas größer erwartet. Aber ich hatte ihn bewusst nie vorher gesehen oder sogar probegefahren: das war nicht der wesentliche Faktor, weshalb ich mich für den Ioniq entschieden habe. Und das gilt für alle anderen "Kritikpunkte" auch.
Da ich immer mit VW unterwegs war, ist die Erfahrung mit dem Ioniq sehr VW-geprägt. Z.B. ist die Sitzposition von Fahrer und Beifahrer sehr flach, was aus meiner "VW-Sicht" kaum denkbar ist. VW würde sich kaum zu solchen Kompromissen verleiten lassen. Ebenso ist der Wagen erstaunlich laut während der Fahrt auf Bundesstraße oder Autobahn. Man merkt, dass er deutlich weniger gedämmt ist als z.B. mein Touran, den ich für den Ioniq aufgegeben habe. Auch das fühlt sich für mich so an wie "das ist kein VW, aber dafür ist er halt halbwegs günstig und als E-Auto in der Praxis nutzbar".
Dann gibt es ein paar Kleinigkeiten, wie z.B. der Versuch, per Schuko zu laden. Der Wagen stand auf einer engeren Wohnstraße und während die Spiegel anklappen, bleibt auf der Fahrerseite die Ladeklappe geöffnet und der Stecker schaut weit heraus. Das ging nicht - also eine andere Lösung finden.
Oder wenn man das Handschuhfach aufmacht, stößt es in den meisten Fällen an die Knie oder Beine an. Hmmm - merkwürdig.
Der Spurassistent ist eine nette Idee, aber in der Praxis ist es für mich sehr viel anstrengender mit dem Spurassistenten zu fahren als ohne - einfach weil ich ständig darum bemüht sein muss, dem Lenkrad beizubringen, dass ich sehr wohl meine Hände am Lenkrad habe. Der Spurassistent sollte mich doch ENTLASTEN und nicht zusätzliche Aufmerksamkeit abverlangen.
An solchen Kleinigkeiten merke ich, dass es zwar viele gute Ideen gibt, aber halt nicht immer bis zum Ende durchdacht oder getestet.
Dann die Ladesäulensuche im Navi: ja, schön und gut, aber wenn ich unterwegs bin, nützen mir z.B. Typ 2 Säulen nichts, weil sie viel zu langsam wären. Man kann zwar irgendwo einstellen, welche Steckertypen angezeigt werden sollen, aber CCS oder eine vergleichbare Bezeichnung finde ich dort nicht, dafür Unmengen an Normbezeichnungen, die kaum jemand kennen dürfte. In der Praxis kann man diese Ladestellensuche kaum nutzen, es sei denn, ich übersehe etwas.
Das sind ein paar Dinge, die mir spontan einfallen.
Was ich am Auto sehr mag: z.B. den Elektromotor, dessen Bewegung kontinuierlich ist und damit im scharfen Gegensatz zu der des Verbrenners steht, dessen Kolben ständig extrem beschleunigen und abbremsen - merkwürdigerweise scheint das gefühlsmäßig deutlich angenehmer zu sein als die Verbrennerbewegungen, auch wenn z.B. der Lautstärkepegel sehr vergleichbar ist. Das Empfinden ist angenehmer.
Außerdem natürlich die vielen Gimmicks, wie z.B. das Einsteigen und Losfahren oder Abschließen, ohne den Schlüssel suchen zu müssen. Oder der Abstandstempomat. Oder dieses völlig lautlose Losfahren usw. usf..
Dann das Laden: die Ladepausen waren generell recht kurz und in der Praxis nicht wirklich störend. Vielleicht lag es daran, dass ich mich mit so vielen Neuigkeiten beschäftigen musste, dass die Zeit sehr schnell verging.
Das zweite ärgerliche Thema ist das Thema Laden - von Hyundai ziemlich vorbildlich, aber dafür von den Ladesäulenanbietern extrem kundenunfreundlich gelöst.
Ich hatte die Rückfahrt und die Ladepausen mit goingelectric geplant, aber als ich nach dem Mittag losfuhr, war der Akkustand bei 73% anstatt wie erwartet bei 100%. Da hatte irgendwas nicht richtig geklappt mit dem Laden per ICCB. Möglicherweise ein Bedienungsfehler.
Also bei goingelectric versucht, eine frühere CCS Station zu finden => ALDI-Süd in Germering. Apropos goingelectric Routenplaner: ich hatte gestern noch die alte Version drauf und sie zeigte mir hunderte von Säulen an, auch wenn ich mich auf CCS beschränkte. Das Reinzoomen und Verschieben der Karte war extrem unzuverlässig, meistens hatte ich dann zusätzliche Ladepunkte eingetragen oder der Kartenausschnitt war sonstwohin verschoben, einmal sogar nach Nishni Nowgorod... Mit Next Plug konnte man besser arbeiten, aber Next Plug kann wohl keine Routen und auch keine Entfernungen anzeigen, so dass das auch kein richtiger Ersatz war.
Entweder hatte ich es übersehen oder bei goingelectric war es noch nicht eingetragen: ALDI-Süd Germering ging nicht. Na denn: im Ioniq NAV die nächsten Ladesäulen anzeigen lassen - aber ich sah nicht, ob sie CCS hatten. Also "ALDI-Süd Neuried Schnellladesäulen" ausgewählt, weil sich "Schnellladesäule" nach CCS anhörte. Neuried funktionierte auch nicht...
Also dann etwas ernsthafter mit Next Plug gesucht, am besten direkt an der Autobahn. Baader Bank in Unterschleißheim sah halbwegs gut aus. Anstatt dass ich dort laden konnte, wollte er, dass ich eine e-on App installiere? Na gut, hatte ich versucht, aber nachdem der Download auf dem Smartphone einfach nicht starten wollte, habe ich testhalber in die Telekom-App geschaut und der Ladepunkt war eingetragen und ich konnte direkt "Ladung beginnen" anklicken - aha, sehr skurril, wenn man gewohnt ist, an Tankstellen zu bezahlen. Immerhin, hat dann endlich funktioniert und nach 20 bis 30 Minuten neben einem Model X konnte es endlich weitergehen.
Nach dem ALDI-Fiasko wollten wir nur noch an den Autobahnraststätten nachladen, wenn es ging, also nächster Halt Köschinger Forst Ost - der ist wahrlich perfekt, so sollte es sein. Mit Telekom App auch sehr kostengünstig.
Autobahn scheint also zu funktionieren. Nächster Ladestopp Fränkische Schweiz / Pegnitz Ost. Hat geklappt. Frankenwald Ost habe ich ausgelassen, weil weder Telekom noch Maingau funktionieren wollte und e-on mir dann bis zu einer Stunde Ladezeit für 11 € angeboten hatte.
Nächster Ladestopp HEM-Tankstelle Schleiz - ähem, komplett tot. War wohl mal jemand gegengefahren. Ok, nächste Option wäre Triptis gewesen, war mir nach den ALDI-Erfahrungen nicht ganz geheuer. Deshalb langsamer durchgefahren bis Hermsdorfer Kreuz, wo man auf die andere AB-Seite wechseln musste. Funktionierte aber.
Letzter Ladestopp sollte Plötzetal Ost sein, aber auch da wieder (schon gegen Mitternacht): ich solle doch bitte schön das Auto anstöpseln (o.s.ä.). Mit Telefonanruf und letztendlich einem Reboot der Linux-Kiste ging es dann, netterweise ohne dass ich Kosten hatte jenseits vom Telefongespräch.
Damit sind wir dann irgendwann zu Hause angekommen.
Ich würde sagen, das ist ein Kindergarten, der einfach nicht alltagstauglich ist. Warum Tesla sich selbst als Einzelgänger gegen milliardenschwere Automarken durchsetzen konnte, liegt u.a. daran, dass er ein Gesamtkonzept anbietet, das zudem auch noch funktioniert, weil ihm die Vision klar ist. Diese "Vision" oder Ausrichtung auf die Nachhaltigkeit durch Solartechnik und Elektromobilität etc. fehlt der Autoindustrie und auch der (deutschen) Regierung. Deshalb gibt es so viele Probleme. Die Ausrichtung der Bundesregierung in dieser Frage scheint in etwa zu lauten "wir müssen unbedingt was tun und wir tun ja auch was, aber so einfach ist das alles nicht". Und die Autoindustrie scheint natürlicherweise mehr darauf ausgerichtet zu sein, den Bestand zu wahren und zu expandieren, als ein völlig neues Thema und Konzept zu beginnen.
Also:
- ohne Planung läuft herzlich wenig
- ohne Smartphone läuft gar nichts. Ohne Smartphone kann man offenbar nicht elektrisch autofahren.
- goingelectric Routenplaner würde vielleicht gehen, wenn er nicht beim Verschieben oder Zoomen ständig neue Wegpunkte hinzufügen würde oder sich sonstwohin verschiebt. Gestern war noch die alte Version auf meinem Smartphone aktiv, heute witzigerweise eine neue Variante.
- Next Plug funktioniert ganz gut, aber wenn man keine Route darin planen kann und die Entfernungen nicht erkennen kann, dann kann ich auch nicht erkennen, ob ich eine Ladesäule erreichen kann oder nicht.
- Die Ioniq Ladesäulen POIs scheinen nicht aktuell zu sein, zudem konnte ich nicht sehen, welche Säulen CCS haben und welche nicht. Man kann zwar irgendwo den Steckertyp einstellen, aber wenn man nicht weiß, welche kryptische Nummer CCS hat, nützt es einem erst einmal gar nichts.
Offenbar hatte ich nicht (ausreichend) geschaut, ob Säulen funktionierten. Aber das war mir gestern nicht bewusst geworden.
Mal schauen, morgen zweimal ca. 150km - ich bin gespannt. Wenn man sich erst einmal eingerichtet hat mit den ganzen Ecken und Kanten, ist es bestimmt sehr angenehm und entspannend, trotz eines maximalen Autobahntempos von vielleicht 120 km/h.
Thomas Mack