@Beemercroft:
Nimm in Deine Liste bitte auch so relevante Extras wie 360°-Sicht, adaptive Dämpfer, adaptives Fahrlicht, Schilderkennung, Nachtsichtsystem, HUD und Massagesitze auf. Die sind zumindest für mich wesentlich relevanter als VMax, Panoramawindschutzscheibe, 7 Sitze und OTA
(wobei ich die Audi-Variante für genau richtig halte. Meine Ladekurve will ich nicht über Nacht mal eben so eingeschränkt bekomen).
Der I-Pace ist übrigens voll OTA-tauglich und beginnt ab 77.850€. Auch Audi und Mercedes werden günstiger als ein Model X75D. Da kannst Du gleich mal die Farben ändern. Und wir haben heute schon 84 CCS-HPC-Lader. Bis Ende des Jahres werden es locker >100.
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Fazit:
(weil TL;DR)
Du scheinst in einer Tesla-Blase zu leben. Tesla ist als Produkt alles andere als schlecht. Aber Tesla kocht auch nur mit Wasser. Und da Wasser in diesem Fall viel Geld kostet, kochen sie mit weit weniger Wasser als etablierte Fahrzeughersteller. Den vermeintlichen oder tatsächlichen Vorteil erkauft man sich mit einer hohen Unzuverlässigkeit des Fahrzeugs selber, sowie einer recht unprofessionellen Firma, sollte man einmal Probleme haben.
Meine Vorhersage: Tesla ist gerade auf dem Höhepunkt seiner Existenz. Nach 15 Jahren als Monopolist ohne einen Cent Jahresgewinn und positivem Cash-Flow kommen nun die Mitbewerber mit neuen Modellen - und es werden jeden Monat mehr. Dagegen besteht das Tesla-Portfolio trotz viele Ankündigungen nur aus drei Fahrzeugen, von denen eines bereits sieben Jahre alt ist. Das neuste Modell ist zudem noch nicht auf andere Länder homologisiert. Jedes Quartal nach diesem wird für Tesla schwerer. Von den über 1.3 Mrd. USD Verbindlichkeiten, welche in den nächsten sechs Monaten fällig werden ganz zu schweigen. Wenn Q3 nicht brillant war, dann wird es für Tesla extrem schwer ohne Reorganisation zu überleben.
Einzelpunkte folgen.
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Sicherheitsstatistik:
Diese Unfallstatistik von Tesla ist ein nettes Beispiel für subjektive Statistiken. Die unterste Linie ist nämlich nicht 0% sonder 5%. Somit sind die anderen Hersteller nicht mal eben so doppelt so schlecht, sondern nur ein bisschen schlechter.
Dazu kommt, dass es in der USA zwei Sicherheitsstandards gibt, und Tesla nur in einem davon wirklich gut abschneidet - dem leichteren. Die Versicherungen selber ermitteln zwar durchweg gute, aber keine überragenden Tests mehr. Im Euro NCAP ist Tesla auch nur Mittelfeld und waren nie vorne. Sie lassen hier auch keine Fahrzeuge mehr testen. Wenn sie so toll wären, warum beweisen sie das nicht in einem Test, der härter ist als NHTSA?
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Autonomie:
Tesla hat keinen Vorsprung im Autonomen Fahren. Alle Fachstudien packen sie auf die hintersten oder letzten Plätze. Du verwechselst schlicht kaufbar mit dem, was in Entwicklung ist. 2016 hat Tesla in Kalifornien keine 600 Meilen vollautonom zurück gelegt, und hatte einen Aussetzer alle fünf oder so Meilen (könnte weniger sein). Damals waren sie um etwa zwei Größenordnungen schlechter als Waymo. 2017 haben sie überhaupt nicht getestet. Wie sollen sie vorne sein, wenn sie nicht einmal ihre Fahrzeuge in echtem Verkehr testen? Sie müssen die Zahlen in Kalifornien übrigens melden.
Point-in-Case: es fehlt der Effizienzassistent, der vorausschauend die Geschwindigkeit anpasst. Der AP2 kann zudem bis heute keine Schilder lesen, und die Sichtweite nach hinten (für nahenden Verkehr) ist etwas kurz. Ein automatischer Spurwechsel wird in Deutschland nur zu schweren Unfällen führen und hier wahrscheinlich niemals freigegeben. Im neusten Consumer Reports Test hat der Cadillac CT6 Supercruise gegen den AP2 gewonnen. Grund: er ist sicherer. Die automatische Spurführung hätte das Ergebnis nicht verändert, weil ein Model S und X den Fahrer eben nicht wie das Supercruise-System beobachten kann. Das kann von der Hardware erst das Model 3, und ob die Kamera wirklich dafür ausreicht ist fraglich
(zum Augentracking benutzt man normalerweise Infrarotkameras, damit man auch durch Brillen schauen kann).
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Aerodynamik:
Das stimmt. Aber sie haben Limousinen, wohingegen die meisten anderen Hersteller nicht so schlüpfrige Fahrzeugformen verwenden. Zudem sind die Werte niemals wirklich durch unabhängige Dritte bestätigt worden, und es gibt keine echten Standards für die Ermittlung. Audi z.B. behauptet, ihr E-Tron sei der "
Best in Class". Die Frage ist nur: zählt das Model X in diese Klasse oder nicht? Daher ist es nicht wirklich vergleichbar.
Aber es stimmt, dass die Aerodynamik bei Tesla schon sehr gut ist. Der I-Pace dürfte dagegen z.B. ein Desaster sein.
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Batteriefabrik:
2 Jahre voraus ist man bei der Gigafactory nur nach dem mehrfach angepassten Zeitplan. Dem ursprünglichen Zeitplan nach müsste die Fabrik dieses Jahr komplett sein. Sowohl Photovoltaik als auch Windkraftanlagen sind nur bedingt begonnen bzw. existieren noch nicht. Natürlich wird das gerne von den Fans vergessen, genauso wie die 10k/Woche Produktionsrate des Model 3 schon Ende 2017, bzw. dann spätestens Ende 2018Q2, "
Zero Doubt".
Zudem ist die Gigafactory von Tesla auch nur eine Batteriekonfektionierung. Die Zellen kommen von Extern, wie bei allen anderen Herstellern (bis auf BYD) auch. Mercedes hat zudem bereits eine Batteriefertigung. Sie bauen gerade ihre zweite auf. VAG hat auch mehrere Fertigungen bestehend oder im Aufbau. Tesla will 2020 genügend Kapazität für 1 Millionen Fahrzeuge haben. VW will 2022 schon 2 Millionen haben. Setzt man die Bauzeit von Nevada voraus, dann müsste Tesla für diese Zahl bereits zwei Jahre eine weitere Fabrik bauen. Aber stattdessen haben sie erneut ihren Capex massiv reduziert. Wie sie für nicht einmal 1,5 Mrd. USD Capex im Jahr alle ihre tollen Pläne erreichen wollen weiß ich nicht. Vielleicht kannst Du es mir erklären?
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Antrieb/Akkutechnik:
Es bietet sich übrigens an, Belege nicht mit einem Hauspresseorgan zu belegen. Teslarati ist als Beleg ungefähr so sinnvoll wie Somar* oder Vinter* als Beleg für den Vorsprung von Volvo zu nehmen.
(*) Volvo-Hausmagazin.
"The Detroit veteran further stated that Tesla could very well be the leader in battery tech today." bedeutet übrigens nur, dass Tesla der Führer sein könnte. Es steht dort nicht, dass er es ist. Da Munro vor dem Model 3 nur einen BMW i3 zerlegt hatte, ist es nicht so als hätte man schon sehr viele moderne BEV gesehen. I-Pace, E-Tron und EQC waren noch nicht verfügbar. Der Stand der Dinge kann also auch schon wieder anders sein.
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Ladenetz:
In Deutschland stehen 61 SuC, von denen aber nicht alle 24/7 offen haben. Ionity hat derzeit 12 Stationen und 24 weitere in Bau, eine Zahl, welche sich seit zwei Wochen verdoppelt hat. Um was willst Du wetten, dass am Ende des Jahres mehr Ionity Stationen offen sind als SuCs in Deutschland vorhanden sind?
Seit 2018 KW 19 wurden, Stand heute, in Europa mehr CCS HPC mit 100kW+ 24/7 eröffnet als SuC.
Nimmt man die reinen Stecker, so gibt es in Europa alleine im GE-Verzeichnis (wo alle SuC verzeichnet sind, aber nicht alle anderen Lader) mehr als 8,5-mal so viele CCS-Standorte wie SuCs. Verschone uns also bitte mit dem überlegenen SuC-Netz. Es gibt Länder in der EU ohne SuC - vor allem im Osten. Dort wollte Tesla seit vielen Jahren ausbauen. Nur gemacht haben sie es nicht.
Sollte Tesla in Chapter 7 gehen, dann wäre das SuC-Netz erst einmal weg. Dann wären alle Teslas nur noch Regionalfahrzeuge oder Schnarchlader an Chademo (so man noch einen Adapter hat und kein Model 3 fährt). Alle anderen Marken hingegen würden bei der Pleite ihres Herstellers oder eines beliebigen Ladenetzwerks einfach an anderen Ladern schnellladen können. Aus reinem Eigeninteresse hoffe ich daher nicht, dass Tesla pleite geht. Sonst blockieren in Zukunft die ganzen Teslas die Triples und Chademo-Säulen in Euroland.
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Software-Updates
Die hat der Jaguar I-Pace auch. Und gar nicht wenige Leute wollen nicht, dass ihre Systeme einfach so erneuert werden können. Denn dann reifen die Systeme bei uns Kunden, was man bei Tesla und auch Jaguar sieht. Somit ist es für mich ein Verkaufsnachteil. Ich will mein Auto funktional.
Es ist übrigens eine Mär, das die Teslas alle nur besser werden. Patches bringen mitunter auch neue oder alte Bugs mit sich, und schränken dann schon mal Funktionalitäten ein. So muss man heute viel häufiger den AP1 seine Aktivität melden als noch vor drei Jahren. Und die Ladekurven werden ohne Zustimmung der Eigentümer angepasst.
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Model 3 Verkaufszahlen:
Die Verkaufszahlen des Model 3 sind beeindruckend. Aber sie wildern nicht so stark in dem angeblichen Vergleichssegment wie es sein müsste. Die häufigst in Zahlung gegebenen Fahrzeuge sind auch keine Premium-Limousinen, sondern Prius, Camry und Accord. Erst an Stelle vier kommt der BMW 3. Somit ist das Model 3 weniger Konkurrenz für die Premium-Marken, sondern das Segment darunter. Das ist für sich genommen sehr gut, weil es zeigt, dass die Käufer wegen dem Model 3 "aufsteigen". Es macht das Model 3 aber nicht unbedingt zu einem tödlichen Mitbewerber für die etablierten Marken. Das wird erst die Zeit zeigen. Das Limousinen-Segment wächst übrigens dank Model 3 wieder. Bisher ist es über Jahre immer weiter geschrumpft.
Zudem ist es nicht wichtig, wie viele Fahrzeuge man verkauft, sondern ob man mit ihnen Gewinn erwirtschaftet. Das hat Tesla bisher nicht gemacht. Die selbst gesteckten 5000 Model 3/Woche für einen Profit werden nicht nur nicht erreicht, sondern auch noch gegenüber der Planung mit extrem hohem Personalaufwand konstruiert, anstatt durch einen vollautomatischen Alien Dreadnaught. Die Kosten je Fahrzeug sind also höher als geplant.
1 USD für 90 ct. zu verkaufen macht einen sehr schnell zum größten Verkäufer am Ort. Aber es ist kein tragbares Geschäftsmodell. Die nächsten Monate werden zeigen, ob Tesla die Produktion über die derzeit etwa 4200 Model 3/Woche ausdehnt oder nicht. Ich bin mir sicher "oder nicht" trifft zu. Wir werden sehen.
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Reparaturnetzwerk:
Warum das immer nur bei den Vergleichen von Teslafans vergessen wird? Wie war das vor Jahren noch, als überall damit hausieren gegangen wurde, wie viel günstiger und faierer Tesla doch durch die direkten Werkstätten sein wird. Heute sind sie mit den Preisen ungefähr bei Bugatti und Ferrari, und teurer als irgend ein vergleichbarer Hersteller. Unabhängige Werkstätten gibt es nicht. Wie schön doch so ein Vendor-Lock-In ist.
Alleine schon wegen den 150 km einfach zum nächsten SEC ist für mich ein Tesla keine Alternative. Und ich wohne ja nur nahe der drittgrößten Stadt Bayerns.. Klar, man muss mit Teslas nicht zur Wartung. Nur stimmt das eben für Leasing nicht. Da sind es 20tkm/1a. Und es geht ja angeblich auch immer wieder mal etwas kaputt.
Und von der Ersatzteilversorgung sprechen wir mal lieber nicht.