seit genau zwei Jahren fahren wir nun unseren e-up! und haben in der Zeit 45.000 km abgespult, davon etwa 20.000 km zur Überprüfung von Ladesäulen für das GE Verzeichnis. Man kann also schon sagen, dass er durchaus gut genutzt wird. Ist ja auch ein Automobil mit Lenkrad und vier Rädern, warum soll man es dann nicht entsprechend einsetzen. Die Erstzulassung war 10/2014 und wir hatten ihn im Sommer 2016 mit gerade einmal 4.000 km gekauft. Die ersten zwei Jahre stand er sich ordentlich die Reifen platt.
Da das Laden via CCS so gut funktioniert - mit 80% in 20 Minuten ist es nach wie vor eines der in dieser Disziplin führenden Elektroautos am Markt - haben wir alle Strecken mit ihm absolviert. Egal wie lang, egal wie weit. Das Ergebnis war fahrzeugseitig immer zufriedenstellend. Defekte Ladestationen müssen an dieser Stelle ausgeklammert werden, dafür kann das Auto nichts. Bei der letzten Fahrt von Radebeul nach Heddesheim stellte ich jedoch fest, dass die Akkutemperatur ungewöhnlich schnell in den kritischen Bereich wanderte.
Anfang 2017, Außentemperatur 15°C
- Laden von 30 auf 85%
- Akkutemperatur steigt um etwa 5°C
- Fahren mit 90 km/h hinter einem LKW lässt die Temperatur bis zum nächsten Ladevorgang um 2°C sinken.
Sommer 2018, Außentemperatur 15°C
- Laden von 30 auf 85%
- Akkutemperatur steigt um etwa 7°C
- Fahren mit 90 km/h hinter einem LKW lässt die Temperatur bis zum nächsten Ladevorgang um 1°C sinken.
Jetzt kann sich jeder ausrechnen, was das bedeutet. Bei 38°C kommt der "Schnelllade-Anker" zum Einsatz. Die Ladeleistung wird dann gedrosselt. War dieser Effekt im vergangenen Jahr teilweise erst nach dem vierten Ladevorgang zu sehen, ist dies bei gleichen äußeren Bedingungen nun teilweise schon beim zweiten Ladevorgang der Fall. Am Wochenende zum späten Abend (=kühles Wetter) eine kleine Tour Richtung Chemnitz, dessen Umland und wieder zurück unternommen. 200 km, zwei Ladestopps, Drossel greift bereits und Akku kratzt an der 40°C Marke.
Die e-max Anzeige bestätigt diese Vermutung. Kleinste Beschleunigungen mit Volllast lassen einen Strich verschwinden. Früher hat es eine Steigung auf der Autobahn oder Akkutemperaturen um -5°C benötigt, um dieses Verhalten zu beobachten. Der Anstieg des Innenwiderstands ist soweit nichts Ungewöhnliches. Durch die Langstreckenfahrten haben wir den Akku auch nicht sonderlich geschont. Interessant ist jedoch, dass die Kapazität des Akkus noch bei etwa 95% liegt und Reichweiten um die 140 km beim derzeitigen Wetter kein Problem sind.
Was bedeutet das nun. VW garantiert, dass der Akku nach 8 Jahren oder 160.000 km, je nachdem was zuerst eintritt, noch 70% seiner Restkapazität haben wird, ansonsten folgt eine Instandsetzung - wie auch immer diese aussehen mag. Ich glaube nicht, dass ich in den nächsten vier Jahren unter diesen Wert rutschen werde. Soweit mir bekannt, ist der Innenwiderstand jedoch nicht Bestandteil der Garantiebedingungen. Wenn ich also 140 km weit komme, für den CCS Ladevorgang aber im Jahr 2020 dann zwei Stunden an der Ladesäule stehe, kann das durchaus als in Ordnung und normaler Verschleiß angesehen werden.
Wir müssen nun sehen, wie wir mit dieser Situation umgehen. Die Reisezeiten nehmen durch diesen Effekt zu, obwohl die Infrastruktur besser wird. Wir haben mittlerweile keine Chance mehr, der steigenden Akkutemperatur bei längeren Strecken entgegen zu wirken. Aus technischer Sicht gibt es Möglichkeiten, die jedoch im e-up! nicht zum Einsatz kommen. Eine vernünftige Akkukühlung kann auch die zusätzliche Abwärme eines alternden Akkus abführen und über viele Jahre konstant hohe Ladeleistungen garantieren.
2020 haben wir die Wahl, das Auto beim Händler auf den Hof zu stellen oder die restlichen 7.000 Euro zu bezahlen und den Wagen zu behalten. Es wird davon abhängig sein, welche Akkuoptionen zu dieser Zeit für den e-up! angeboten werden. Wenn es sein muss von Drittanbietern. Das Auto selbst ist für uns nach wie vor ausreichend bezüglich Größe, Komfort und Fahrleistungen. Aber auf Einschränkungen durch zu hohe Akkutemperaturen habe ich keine Lust mehr. Neben der Ladeleistung betrifft dies schließlich auch die Reisegeschwindigkeit, die ich sonst gern höher wählen würde.
Hinweis: wer das Auto so benutzt wie von VW vorgesehen, wird diesen Effekt vermutlich nie bemerken. Es gibt also keinen Grund zur Panik. Nur wer mehr als 200 km am Tag fahren will so wie wir, könnte damit langfristig konfrontiert werden. Blöd gelaufen oder "works as designed". Sehr schade.
Viele Grüße
Micha