kurze Vorstellung bei meinem ersten Post: ich heiße Max, bin Ende 30, wohne in Stuttgart, habe mal Elektrotechnik studiert und bin entsprechend einigermaßen technikaffin. Meine Brötchen verdiene ich bei einem großen Automobilzulieferer.
Im Moment haben wir zwei Autos: einen Peugeot 5008 (entspricht etwa einem VW Touran) und einen mittlerweile zehn Jahre alten Skoda Fabia mit 1,4l-Benziner, der mich täglich brav nach Reutlingen und zurück trägt. Auch wenn der es sicher noch eine Weile tut, kann man sich allmählich Gedanken über eine Ersatzbeschaffung machen.
Durch zoepionierins Blog angefixt, habe ich am Sonntag also die erste straßengebundene Elektrofahrt meines Lebens absolviert.
Anforderungen bei mir:
- Regelmäßiger Transport von einem Erwachsenen und zwei Kindern auf Kurzstrecken
- Tägliche Fahrtroute: Weilimdorf->Stuttgart Innenstadt->Reutlingen->Weilimdorf (rund 100 km, davon 20 km Stadtverkehr, 20 km Bundesstraße, 60 km Autobahn/autobahnähnliche Straße). Mit Rekuperieren ist da nicht viel.
- Laden nur zu Hause. In Reutlingen gibt es zwar eine Ladesäule, deren Benutzbarkeit ist aber fraglich. 400V/32A liegen bereits in der Garage.
- Gelegentlich verlängert sich die Fahrtstrecke noch mal um 30 oder 60 km am Tag (ist aber meistens planbar).
Falls jemand den Eindruck hat, ich wolle hier E-Fahrzeuge oder die Zoe schlechtmachen: nein, das ist mir fern. Ich habe nur die Ansprüche, die ich an einen Kleinwagen stelle, auf die Zoe angewandt.
Erster Eindruck
Das ist ein ernst zu nehmendes Auto. Von außen hat uns die Zoe gut gefallen, auch wenn die Türgriffe hinten eher unter Designspielerei als unter sinnvoll fallen.
Die Innenraumgestaltung ist dagegen kein Ruhmesblatt:
- Insgesamt wirkt das ganze Fahrzeug nicht eben hochwertig. Es ist die Summe vieler Details, ein paar sind unten aufgeführt. Mein Maßstab ist, wie gesagt, der alte Fabia - und der ist auch nicht gerade S-Klasse.
- Das Hartplastik an den Türen wirkt so funktional, abwischbar und hässlich wie ein Pariser Klohäuschen von innen.
- Die Sitze sind besser als in der alten A-Klasse W168, aber die ist auch die absolute Negativreferenz. Da ist der VW-Konzern um Längen besser. Der Seitenhalt ist nur marginal erkennbar, ansonsten finde ich sie eher konturarm und weich.
Die integrierte Kopfstütze dagegen fand ich ok. - Dass der Fahrersitz nicht höhenverstellbar ist, ist eher ein Witz von Renault. Muss man ausgerechnet daran sparen?
- Das spiegelnde Armaturenbrett fand ich nicht ganz so schlimm wie hier in einigen Beiträgen beklagt. Trotzdem ist es ein unnötiger Design-F...
- Das von uns gefahrene Fahrzeug hatte eine helle Innenraumausstattung. Zum Glück hatte meine Tochter auf dem Rücksitz saubere Schuhsohlen, sonst hätte die Rückseite des Fahrersitzes sonst wie ausgesehen.
- Meiner Frau war das Lenkrad zu klein.
- Auf den Vordersitzen konnten wir (170 und 186 groß, beide normalgewichtig) gut sitzen. Das Platzangebot war gut ausreichend.
- Hinten dagegen passte der Kindersitz samt Kind (3 Jahre) gerade so rein. Komfortabel ist anders, da habe ich im Fabia deutlich mehr Platz. Außerdem ist dort das Gurtschloss sinnvoller konstruiert. Eine Babyschale auf dem Zoe-Rücksitz könnte schon kritisch werden.
- Wieso ist der Kofferraum so elend tief? Andere Hersteller haben das mit Schmugglerklappen o.ä. geschickt kaschiert. Die Vorstellung, zwei Wasserkästen dort rein- und rauswuchten zu müssen, ist keine schöne. Zum Glück ist der Getränkehändler von uns direkt über die Straße.
Die Größe ist dagegen ok, mehr brauche ich im Zweitwagen sowieso nicht.
Viel zu bedienen gibt es ja nicht.
- Den Tempomat konnte ich nicht einschalten. Das ließe sich aber über einen Blick in die Anleitung sicher ändern.
- Das Radio/Navi/Eco/whatever-System ist mit dem Touchscreen ganz nett gemacht, nervt aber mit Kleinigkeiten. Die Navi würde ich als erstes auf Französisch umstellen, das Deutsch ist ja grauenhaft. Dass man keine permanente Uhrzeitanzeige hat, ist ebenfalls nervig. Und der Kartenausschnitt wollte partout nicht mit dem Auto mitwandern (aber auch das lässt sich sicher abstellen).
- Das Kombiinstrument fand ich gut, grafisch ist es von der Verspieltheit gerade noch ok. Der Verzicht auf den Zeigertacho ist kein wirklicher Verlust.
- Die Karte zum Starten fand ich vor zehn Jahren im Megane schon blöd. Inzwischen kann sie ja wohl in der Hosentasche bleiben, dann ist sie ok. Ich bevorzuge nach wie vor den klassischen Klappschlüssel.
- Nach drei Griffen zum Schalthebel (immer nach dem Anfahren) habe ich die Hand dann am Lenkrad behalten. Typisches Umstellungsproblem
Wir haben als Fahrtstrecke ein bisschen was von allem genommen:
Stuttgart Ost (Stadtverkehr) -> B10 Richtung Esslingen (vierspurige Bundesstraße) -> Hedelfinger Filderauffahrt (zweispurige Steigungsstrecke) -> über die Fildern (Landstraße und Ortsdurchfahrten) -> A8 von Neuhausen bis Echterdinger Ei (Autobahn bis 120 km/h) -> B27 (vierspurige Bundesstraße) -> Stuttgarter Stadtverkehr
Auf halber Strecke haben meine Frau und ich getauscht, um beide Eindrücke zu sammeln.
Wenn man schon mal Automatik gefahren ist, ist nur die völlig andere Geräuschkulisse wirklich neu. Im Stuttgarter Stadtverkehr konnte man problemlos mitschwimmen. Die Spurtfähigkeit habe ich zurückhaltend eingesetzt und bin lieber vorsichtig gefahren - ist nicht mein Auto.
Der Tritt in den Rücken beim Anfahren mit voller Leistung ist schon beeindruckend, aber der Reiz dessen hat sich recht schnell gegeben. Ab rund 50 km/h war dann wieder Kleinwagenfeeling angesagt, ob mit Eco-Mode oder ohne. Wo die erlaubte Geschwindigkeit über 80 km/h lag, haben wir die Höchstgeschwindigkeit meist nicht ausgenutzt - nicht aus Sparsamkeit, sondern weil das Auto doch eher zäh reagierte.
Das richtige Gefühl im rechten Fuß geht uns beiden noch ein wenig ab. 80 Punkte am Schluss waren für die erste Fahrt ok, sind aber sicher ausbaufähig.
Insgesamt sind die Fahrleistungen ok, aber nicht überragend. Ein Elektrogrinsen hat sich bei uns beiden jedenfalls nicht eingestellt. Vielleicht waren wir aber auch im Stadtverkehr zu zurückhaltend.
Die Geräuschkulisse hat mich am meisten irritiert. Ich hatte mir weniger Antriebsgeräusch erwartet. Die Zoe klingt wie eine Mischung aus S-Bahn und Staubsauger. Vom absoluten Lärmpegel ist sie vermutlich leiser als der Fabia. Dafür ist sie sehr viel obertonreicher. Die 16-18 kHz des Inverters sind so einigermaßen an meiner Hörgrenze, ich empfinde sie als unangenehm.
Fazit
Die Technologie ist faszinierend, aber dass ein E-Fahrzeug keinen Verzicht bedeutet, würde ich für die Zoe nicht unterschreiben. Ich bin aktuell noch nicht überzeugt. Das liegt zum geringeren Teil am Antrieb und viel mehr an den sonstigen Eigenschaften des Fahrzeugs. Bei einer gebrauchten französischen Zoe für 11.000 EUR könnte ich ggf. schwach werden, aber ansonsten ist das Ungleichgewicht zwischen Idealismus und Kontostand einfach zu groß.
Nächster Schritt ist die Probefahrt mit einem Nissan Leaf. Ich bin gespannt und werde berichten.
Der BMW i3 würde vermutlich recht gut zu meinen Vorstellungen passen, ist aber deutlich zu teuer. Und außerdem durch die häusliche Designkritik gefallen...
Ich bin gespannt auf die Reaktionen.
Viele Grüße,
Max