Seid Dezember 2017 fahre ich den neuen Faclift i3 mit Rex. Vergangenes Wochenende bin ich meine erste richtige Langstrecke gefahren von über 2000km (1000km hin und 1000km zurück) von Gießen (nördlich Frankfurt am Main) bis Ratibor (Polen)..
Mein Ziel war es die Strecke trotz REX komplett kostenlos zu fahren... ob es geklappt hat, erfahrt ihr in meinem „allgemeinen Bericht“ für Freund und Verwandte, die mich aufgefordert haben zu berichten...
(dachte nun, dass es auch hier reinpasst...)
so... wie von den „Interessenten“ gewünscht hier mal ein Fazit zur Hinfahrt des 1000km Langstreckentests mit einem Elektroauto.
Gerüchten zufolge hätte ich ja mit einem Elektroauto nur bis maximal Kassel kommen dürfen - an eine Fahrt bis Hamburg oder gar ins Ausland nach Polen ist in den Augen mancher Stammtischparolenverbreiter gar nicht zu denken.
Meine Randbedingung auf der Fahrt waren:
Reisegeschwindigkeit:
Auch ein Elektroauto sollte man (die ersten 3000 km) sanft Einfahren und hohe Drehzahlen vermeiden (-> Lager). Das sanfte Einfahren zahlt sich am Ende der Lebensdauer wieder aus und verlängert diese... und die ersten 3000km tun ja keinem weh, wenn man es gemütlich anzugehen lässt.
Daher war meine Reisgeschwindigkeit (Tempomat mit Abstandsregelung) auf rund 110 km/h eingestellt. Ab Chemnitz wurde allerdings die Sicht aufgrund von Nebel und Dauerregen so eingeschränkt, dass man nur 100 km/h fahren konnte.
Geschwindigkeitsbegrenzung in Polen:
Auf Autobahnen darf dort nur 110 km/h gefahren werden. Auf anderen Schnellstraßen, die ich auch knapp 200km fahren musste sind sogar nur 90 km/h erlaubt.
Insgesamt war von Anfang an klar, dass durch die genannten Randbedingungen keine Reisedauerrekorde aufgestellt werden können.
Ladekartennetz:
In Deutschland kommt man größtenteils ohne Ladekarten aus. An den meisten Tank&Rast-Ladesäulen schließt man ohne Registrierung einfach das Kabel an sein Elektroauto und kann kostenlos Stromzapfen.
Für alternative Ladesäulen habe ich mir generell aber RFID-Chips von „plugsurfing“ und „newmotion“ besorgt, die aber noch nicht gebraucht habe (auch bei der Polenfahrt nicht).
Für die Fahrt auf polnischer Seite habe ich mir eine Ladekarte des polnischen Stromanbieters „greenway polska“ bestellt. Hierfür musste ich mich nur online registrieren und kriegte dann etwa 2 Wochen später die Ladekarte per Post. Mit dieser konnte ich die benötigten Ladesäulen in Polen aktivieren und kostenlos nutzen! Vielen Dank für den kostenlosen Strom auch in Polen, greenway!
Das Fahrziel der Hinfahrt:
Mein Ziel war es die über 1000 km der Hinfahrt komplett kostenlos zu fahren: dies ist mir nur zu 97% gelungen. 3% des Weges (30km zur nächsten Ladesäule) musste ich doch den Range Extender aktivieren, da ein Renault Zoe-Fahrer es geschafft hat eine komplette Ladesäule lahm zu legen, während ich grade erst 5 Minuten am Laden war. Sobald der Zoe sich mit der Ladestation verbunden hatte, wurde die Ladesäule deaktiviert und keiner konnte mehr laden - mein Ladevorgang wurde abgebrochen. Der Renault Zoe ist für die „Generierung“ von Fehlern an Ladesäule „in der Szene“ bekannt...
Auf jeden Fall ließ sich die Ladesäule nicht mehr in Betrieb nehmen und so bin ich zur nächsten Ladesäule auf dem nächsten Rastplatz (rein elektrisch) gefahren... diese war jedoch entgegen der App-Infos kostenpflichtig (einige Tank&Rast-Ladesäulen werden aktuell auf ein Bezahlsystem umgestellt - so auch die angefahrene Station). Da ich den sportlichen Ehrgeiz hatte komplett kostenlos zu fahren hab ich mich innerlich geweigert dort zu laden - wäre ich drauf angewiesen und hätte keine Range Extender in meinem BMW i3 zur Absicherung, hätte ich dort geladen. Aber so hab mich versucht mit der restlichen Energie noch eine weitere Schnellladesäule vom Kaufland anzufahren, die wohl sehr neu ist. Die 5 Minuten Schnellladung (CCS) haben zum anfahren von 2 weiteren Schnelladesäulen ausgereicht!
Zunächst war ich begeistert, dass ich es noch zu zwei weiteren Schnellladesäulen rein elektrisch anfahren konnte. Doch ich hatte leider nochmal Pech: die Kaufland-Ladesäule war zwar schon (frisch) aufgestellt, aber noch nicht aktiviert worden (das Display war noch aus). Also verblasste alle anfängliche Euphorie, dass der Range Extender auch noch bei Ankunft am Kaufland nicht angesprungen ist. Es war klar: innerhalb der nächsten Meter wird der Range Extender anspringen.
Und da mich die vom Renault Zoe hervorgerufenen Umstände nun insgesamt - mit rum probieren an den Säulen und den Fahrten zu den 2 Ausweichladesäulen - fast 2 Stunden gekostet hat, habe ich dann doch beschlossen jetzt einfach mit dem aktiviertem Range Extender 30 km zur nächsten CCS-Ladesäule auf meiner Strecke an der Autobahn zu fahren und gut ist... denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch etwa 650 km vor mir...
Nach diesem anfänglich Ärgernis und Aufbau einer starken Abneigung gegenüber Renault wurde es dann aber von km zu km bzw. von Ladesäule zu Ladesäule immer besser:
Sowohl in Deutschland als auch in Polen funktionierten alle weiteren Schnelllader hervorragend mit super Ladeleistung: mein Auto war meistens schneller wieder komplett aufgeladen als ich mit meinen Sachen, wie Essen, Trinken, Fahrdaten notieren, Beine vertreten, Toilette usw. - das war echt erstaunlich, dass ich sehr oft länger Stand als ich es eigentlich energieseitig gebraucht hätte!
Fahrdauer:
Wie bereits geschrieben betrug die Reisegeschwindigkeit auf der Autobahn eher so 110 km/h - bedingt durch das Einfahren und dem schlechtem Wetter.
Die Pausenzeiten waren meistens länger als für die Ladung benötigt wurde.
Da ich am Abreisetag schon um 3 Uhr nachts aufgestanden bin, an die Arbeit gefahren bin, und im Anschluss die Reise angetreten bin holte mich auf polnischer Seite etwa 160km vor dem Ziel die Müdigkeit ein. Bevor ich in den Sekundenschlaf falle oder ich zu unaufmerksam werde, beschloss ich dafür lieber eine Schlafpause am nächsten Schnelllader bei Breslau einzulegen. Schlafen konnte ich zwar trotzdem nicht, hab aber ordentlich gedöst und Energie gesammelt (und mein Auto auch!
Insgesamt war ich etwa 18 Stunden unterwegs. Wenn man die reine „Fahrdauer“ überschlagen möchte, kann man von den 18 Stunden die 2,5 Stunden Schlafen abziehen (für diejenigen, die immer sagen, dass Sie 1000km am Stück fahren wollen), und dann nochmal weitere 2 Stunden von der Aktion mit dem Zoe. Hieraus ergibt sich eine eigentlich Fahrdauer von rund 13,5 Stunden.
Mein Bruder ist die gleiche Strecke vor 3 Wochen mit einem Verbrenner gefahren und ist, dort wo es ging auf der Autobahn 150km/h gefahren.
Er war 11 Stunden mit einem Verbrenner unterwegs!
Auf dieser Langstrecke von fast 900km habe ich jetzt 2,5 Stunden länger gebraucht als mit einem Verbrenner.
Dafür bin ich sehr entspannt und in einer leisen ruhigen Kulisse gereist und vor allem:
ich habe an diesem Tag 1063 km gefahren, wovon 1033km (97% der Strecke) rein elektrisch zurück gelegt wurden und mich NICHTS gekostet haben!!!
Mit einem Verbrenner hätten mich 1000km bei einem Verbrauch von gut 7 Litern und einem Kraftstoffpreis von 1,25€ (kenne die aktuellen Preise nicht - die interessieren mich ja auch nicht mehr
Auf Hin- und Rückfahrt spare ich mit dem Elektroauto also mindestens 180 € ein.
Dafür bin ich gern bereit zweimal 2,5 Stunden längere Fahrt auf mich zu nehmen. Das ist quasi ein Stundenlohn von 36€...
Ausblick:
Da es meiner Oma in Polen gesundheitlich nicht so gut ging war meine Mutter für 3 Wochen dort. Daher bin ich jetzt nach Polen gefahren, um meine Mutter wieder abzuholen...
Je nach dem wie wir Lust und Laune haben, wird sich unsere Rückreise irgendwo zwischen beiden Optionen bewegen:
A) wir Reisen, wie auf meiner Hinfahrt, komplett kostenlos von Polen nach Deutschland zurück und nehmen für das gesparte Geld die etwas höhere Reisedauer in Kauf.
Oder...
wir fahren mit Range Extender durch: damit ergibt sich eine Reichweite von mindestens 410km.
~180km elektrisch im Winter auf der Autobahn
+ 130-140km mit dem Range Extender
+ nochmal etwa 90km im Ersatzkanister (6 Liter) im vorderen Kofferraum (den man ja innerhalb von 2 Minuten umfüllen kann)
Für die Rückfahrt von 850 km müssten wir also eigentlich nur 1 Zwischenstopp (maximal 2 Stopps) einlegen.
Hierbei hätten wir quasi überhaupt keinen Nachteil zum Verbrenner und sparen zumindest etwa die Hälfte der Strecke durch die elektrische Reichweite, die man kostenlos nachladen kann.
Unsere Fahrstrategie wird wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen...
So...das Fazit zur Rückfahrt (fast 1000 km) mit dem Elektroauto BMW i3 von Polen nach Deutschland fällt kürzer aus:
„MISSION COMPLETED!“
...die gesamt Strecke wurde 100% REIN ELEKTRISCH und KOSTENLOS zurück gelegt!
Das Einfahren habe ich noch ein wenig erweitert und bin auch auf dem Rückweg mit 110 km/h Reisgeschwindigkeit (Tempomat mit Abstandsregelung) gefahren. Jetzt dürfte der i3 aber wirklich ausreichend eingefahren sein...
Die Rückfahrt hat daher mit allem drum und dran 14,5 Stunden gedauert. Für diese Strecke von rund 1000 km ist es akzeptabel, finde ich - vor allem wenn man dadurch komplett kostenlos die riesige Distanz zurück legen kann!
Meinen Bruder hat der gleiche Roadtrip mit einem Diesel vor 3 Wochen rund 250 Euro gekostet, wie er mir zwischenzeitlich gebeichtet hat! Dies ist in meinen Augen eine teure Verkürzung der Fahrzeit um 3 Stunden...
Diesmal war ich ausgeschlafener und habe nicht zwischendurch angehalten um mich Schlafen zu legen.
Des Weiteren haben auf dem Rückweg von Polen fast alle angefahrenen Ladesäulen funktioniert, und es wurde diesmal auch keine von einem Renault Zoe lahm gelegt.
Nur ein Schnelllader hat nicht funktioniert auf einem Rastplatz nördlichen der Autobahn, also bin ich einfach auf die gegenüberliegende südliche Raststätte gefahren (Umweg waren keine 3 km) und dort lief der CCS-Lader! Hervorragend!
Da übrigens die Ladesäule, bei der der Renault Zoe auf der Hinfahrt den Fehler produziert hatte, im Internet immer noch als „defekt“ deklariert war, habe ich einfach spontan die Route leicht geändert und hatte massig Alternativ-Ladesäulen zur Auswahl. Dafür musste ich nur 30km Mehrkilometer in Kauf nehmen (fällt bei der Gesamtstrecke von 1000km kaum ins Gewicht). Die südlichere Strecke am Thüringer Wald war allerdings förmlich überseht von Schnelllader und ich konnte mir aussuchen, welchen ich Anfahren wollte.
Also habe ich jetzt quasi an einem Wochenende 2000km mit einem Elektroauto gefahren - und dies zum Teil im Ausland (Polen), wo die Ladeinfrastruktur deutlich schlechter als in Deutschland ist!
Dies ist mein persönlicher Praxistest, der sicherlich deutlich mehr „Wert“ ist als ein von der Verbrennerlobby organisierter „unabhängiger“ Abschreckbericht von ADAC, Auto-Motor-Sport, Bild & Co.
Also allzeit gute Fahrt Euch Allen!