matthias_mtk hat geschrieben:Ich war an dem französischen Demonstrator im Rahmen von Grid4EU beteiligt.
Oh - jemand mit fundiertem Insiderwissen. Das ist hilfreich!
Meine Meinung zu V2G/V2H ist inzwischen:
- Engpässe entschärfen und nicht bewirtschaften. Das ist langfristig günstiger.
Zu unvermeidbaren Engpässen wird es aber - gerade auch mit zunehmender Nutzung von EE, Stichworte "Wind-/ Dunkelflaute" - immer wieder kommen, und dann
müssen sie "bewirtschaftet" werden. Sprich man braucht in diesen Fällen Regelenergie und / oder die Möglichkeit der Verbrauchsreduktion ("negative Regelenergie").
- Die Integration in den Strommarkt ist entscheidend. Dieser definiert die finanzielle Entschädigung für erbrachte Systemdienstleistungen. a) Grundsätzlich findet heute kein Informationsfluß über Netzengpässen in den Markt statt, da dies durch Marktakteure zur Gewinnmaximierung ausgenutzt werden kann.
Dann besteht an dieser Stelle
dringender Regulierungsbdearf durch den Gesetzgeber. EU-weit.
b) Regelenergie ist im Preis (2016) stark gefallen (siehe Monitoringbericht 2017 - Bundesnetzagentur).
Interessant - gibt es dafür Gründe? Einer könnte sein, dass Wind- und Solarkraftwerke, die in einer Überschussphase vom Netz genommen wurden, sehr schnell und preisgünstig wieder eintreten können. Außer halt in Zeiten von "Wind-/ Dunkelflaute". Was in Kombination relativ selten sein dürfte, so dass Regelenergie tatsächlich gerade durch die EE meist günstig zu haben ist. Schwieriger und daher um so teurer dürfte es aber gerade dann sein, wenn diese KW nicht ausreichend Regelenergie anbieten können, oder?
c) Die Deregulierung trennt klar die Rolle von Netzbetreibern und Stromerzeugern.
Verbietet ihnen aber nicht die Kommunikation zum Zweck der Netzstabilisierung, oder?
d) (Verteil-)Netzbetreiber können keine Stromeinspeisung anfordern um ihre Netzengpässe zu entschärfen. Sie können allenfalls nach dem EEG Erzeugung abregeln.
Wie machen die das dann, wenn ein Engpass auftritt und Einspeisungsbedarf besteht?
e) Beim Stromeinkauf wird der zu erwartende Verbrach im Haushaltsbereich über temeraturabhängige Standardlastprofile berechnet. V2H verändert diesen grundlegend. Kosten durch Verhersagefehler werden über die Regelenergie verallgemeinert.
Schon durch private Energieerzeugung werden diese Standardlastprofile doch wesentlich verändert. Die Kenntnis von im Netz statistisch verteilten Speichern ließe sich in die Vorhersage einrechnen.Ich sehe das Problem nicht wirklich.
- Der Hausanschluß an das öffentliche Netz hat einen Wert der weit über den in Rechnung gestellten Grundpreis hinausgeht. Angenommen ich lade meinen e-Golf zu Industriestromkosten in der Arbeit auf, fahre nach Hause und decke meinen Verbrauch aus der Batterie des Autos, dann bezahle ich nicht für die Dienstleisstung die mir das öffentliche Netz an meinem Hausanschlußpunkt zur Verfügung stellt: Versorgung bei Dunkelflauten, Stromqualität (Frequenzstabilität, Ausfallsicherheit, Kurzschlußfestigkeit). Wenn ich ein Inselnetz betreibe möchte, dann kann ich das machen. Wenn ich den Netzanschluß behalte, dann müssten hierfür spezielle Tarife erstellt werden - im Grunde die Netzgebühren plus Steuer pro ausgespeicherter kWh.
Ja. Inselnetze mit Anschluss an das öffentliche Netz als "Backup" sind unsozial und das von Dir beschriebene Procedere mit dem E-Auto, das "Strom nach Hause bringt" natürlich ebenso.
Und was ist das Ziel? Volkswirtschaftlich eine kostenoptimalere, sichere Stromversorgung bereitzustellen bei der die Finanzflüsse zwischen den Marktakteuren gerecht gestaltet sind. Kann V2H hierzu beitragen?
IMO schon, aber V2G noch mehr. Muss halt vernünftig ins System integriert werden. Vorhersagealgorithmen müssen angepasst werden etc.
Wenn z.B. ein Netzengpass besteht oder sich ankündigt, dann könnte der V2G-Server des Netzbetreibers bei meinem V2G-Client z.B. anfragen "hey, hier wird's gerade knapp, kannste eine Zeitlang ohne Netzstrom auskommen oder sogar etwas einspeisen?" und mein V2G-Client könnte antworten: na klar, könnte 5 kWh über die nächsten 2 h anbieten mit Pmax 3,5 kW" => dann wäre das IMO sehr netzdienlich
Angesichts der heutzutage geringen Kosten für die nötige computergestützte Regelelektronik halte ich das für eine günstige Lösung. Wenn man das dann auch noch auf öffentliche Ladestationen ausweiten könnte, mindestens im Sinne einer Abschaltung / Abregelung der Ladeleistung, dann hätte man bei entsprechender Verbreitung mobiler Speicher eine ganz erhebliche Manövriermasse gewonnen.