Hallo zusammen!
Hier im Forum habe ich immer gute Antworten auf alle möglichen Fragen über unsere Zoe und das e-Fahren erhalten. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken und mich hiermit revanchieren. Der Bericht soll keine technischen Schnörksel beschreiben, sondern auf die Alltagstauglichkeit abheben. Für alle, die sich einfach nur fürs elektrische Fahren interessieren und nicht selber rumschrauben wollen.
Also erst mal ein paar Fakten:
Fahrzeug: Zoe Live R40 Modell 2017 (40kWh-Batterie)
Im Einsatz seit: April 2017
Km-Stand: 15.330
Werkstattbesuche: 0
Liegengeblieben: 0x
Probleme mit Laden: 1x (Säule defekt)
max. Reichweite: 351 km mit einer Ladung selbst gefahren
Telemodul reset: 2x (Sicherung 31 ziehen)
Erwartungen erfüllt?
Ursprünglich war die Zoe als Zweitwagen konzipiert (der erste ist ein VW-T5 Multivan TDI). Wegen der begrenzten Reichweite standen längere Fahrten, Transportaufträge usw. mit der Zoe gar nicht im Fokus. Tatsächlich hat die Zoe aber den ‚Platzhirsch‘ VW-Bus zum LKW für besondere Anlässe degradiert. Die km-Leistung beim Bus ist von monatlich 1403 auf 487 zurückgegangen. Er muß sogar manchmal zu einer Bewegungsfahrt ausfahren, damit er nicht einrostet. Einen Schreibtisch-Stuhl zur Tochter ins 230 km entfernte Jena bringen - kein Problem für die Zoe. Zu fünft von Ulm nach Nürnberg ohne Ladepause - kuschelig, aber unproblematisch.
Tatsächlich hat die Zoe die Erwartungen an einen „lokalen Zweitwagen“ nicht nur voll erfüllt, sondern sogar deutlich übertroffen!
Würde ich mich heute wieder für eine Zoe entscheiden? Ja! Würde ich etwas anders machen? Nein!
Aus der alltäglichen Praxis möchte ich noch ein paar ‚typische Fragen‘ aufgreifen, die immer wieder gestellt werden:
1. Wie groß ist die Reichweite?
Die 40kWh-Batterie soll nominell 400km Reichweite bringen. Natürlich ist das übertrieben. Aber der Punkt ist, daß es für den Einsatz in unserer Heimatregion überhaupt nicht relevant ist, ob man 200, 300 oder 400 km Reichweite hat. Von Nürnberg in die Region und wieder nach Hause ist das in jedem Fall absolut ausreichend. Alle paar Tage aufladen ist vollkommen stressfrei (und viel sauberer als Diesel tanken- das Kabel wird bei Regen mal naß, aber nie ölig verschmutzt). Die große Batterie ist praktisch, weil man nicht jeden Tag laden muß. So ist die Frage der Reichweite für den Regionalbetrieb in der Praxis wirklich nicht mehr relevant.
2. Gibt es überhaupt genug Ladesäulen?
Es gibt Ladesäulen. Klar, wenn es mehr E-Autos gibt, werden auch mehr Ladesäulen benötigt, aber im Moment gibt es in der Praxis selten Engpässe (obwohl Nürnberg hier nicht gerade vorbildlich ist). Die Zoe verfügt über einen Typ-2 Anschluß, der die weiteste Verbreitung hat und eigentlich praktisch überall zu finden ist. Trotzdem: Von Verbrennern zugeparkte Ladesäulen und intransaprente Abrechnungssysteme können einen ärgern. Ein echtes Problem sind sie aber kaum.
3. Was ist, wenn man keine eigene Lademöglichkeit hat?
Tatsächlich haben wir jetzt unsere eigene Wallbox (Keba P30, auf 11kW gedrosselt, damit die Hauselektrik mitspielt), und das ist schon wirklich praktisch, weil man abends leergefahren nach Hause kommen und am nächsten Morgen voll durchstarten kann. Aber das erste halbe Jahr hatten wir keine und das ging auch: Geladen wird dann, wenn sich die Gelegenheit bietet: Während des Stadtbummels, beim Einkaufen im Baumarkt, während des Kino-Besuchs usw. Könnte ich keine eigene Wallbox betreiben, würde ich dennoch nicht auf die Zoe verzichten wollen!
4. Nerven nicht die langen Wartezeiten beim Laden?
Parken ist das neue Tanken! Anders als bei einer Tankstelle verbindet man das Laden mit einer anderen Tätigkeit, sei es Einkaufen, Shoppen, arbeiten oder sich vergnügen. Leider geht das noch nicht überall, aber in der Praxis schon relativ häufig. Mit der Zeit kristallisieren sich Gewohnheiten heraus. Man kennt die Gelegenheiten und nutzt sie. Dabei muß die Batterie ja nicht immer voll aufgeladen werden. Vorteilhaft ist hier natürlich die große Batterie, weil man den Ladezustand dann nicht so genau nehmen muß.
5. Ist das E-Auto wirtschaftlich?
Nein, ich rechne jetzt nicht hin und her. Für mich war nicht eine mögliche Kosteneinsparung ausschlaggebend, sondern, ob sich ein E-Auto wirtschaftlich darstellen läßt. Und die Zoe ist bezahlbar. Wie sich die Kosten pro km (Verbrauch, Batteriemiete, Verschleiß, Wertverlust...) im Vergleich zu einem gleich großen Verbrenner darstellen, habe ich nicht ausgerechnet. Im Vergleich zu unserem VW-Bus dürfte die Zoe kein Problem mit der Wirtschaftlichkeit haben...
6. Machen nicht Braunkohle-Strom und öko-invasive Batteriefertigung das E-Auto zum Umweltsünder?
Tatsache ist: Die Zoe liefert keinen nennenswerten Beitrag gegen die Überfischung der Meere.
Aber ein bißchen Physik möchte ich doch beisteuern:
Wirkungsgrad E-Motor theoretisch 100%, praktisch über 90%; Verbrennungsmotor: theoretisch 50%, praktisch unter 40%. Verbrauch Zoe: 17 kWh/100km; Verbrauch VW-Bus: 9,5l = 95 kWh/100km. Mit sauberem Strom kann man heute fahren, mit sauberem Diesel nicht.
Und für die persönliche CO2-Bilanz: rund eine Tonne Diesel im Jahr weniger verbrennen (=2,6 t CO2) kann sich doch sehen lassen! Damit habe ich den zusätzlichen CO2-Ausstoß für die Herstellung der Batterie bereits nach einem Jahr wieder drin! Ansonsten siehe Studie: transportenvironment.org
7. Wie sieht das auf der Langstrecke aus?
Ja, längere Autobahnstrecken sind wirklich nicht die Domäne der E-Autos und die Zoe ist auch nicht dafür konzipiert. Hier können die Verbrennungsmotoren ihre Vorteile der hohen Energiekapazität und der schnellen Betankbarkeit ausspielen, während sich der Nachteil der Energieverschwendung beim Bremsen weniger auswirkt. Aber wie oft fährt man tatsächlich Strecken von mehr als 300 km mit dem Auto, wenn man das nicht beruflich muß? Bei uns waren das in den letzten 7 Monaten gerade einmal drei Ziele: Hagen, Kassel, Wittenberg. Ziele wie Bremen, Berlin oder Köln sind von Nünberg aus ohnehin besser mit dem Zug erreichbar. Und nach München, Stuttgart oder Ulm fahren wir ohne Zwischenladen.
Die Frage ist also: Kann man gelegentlich lange Strecken auch mit der Zoe machen? Die Antwort ist: Ja, aber man muß Geduld & Gelassenheit mitbringen! Die Geduld fängt beim planen an. Ladesäulen sind nicht so dicht gesät, da ist sorgfältige Planung essentiell! Dann die Ladepausen: Während die Reichweite auf der Autobahn keine 300 sondern eher 200 km beträgt, ist die Ladezeit hier tatsächlich Wartezeit.
Dennoch: Meine bevorzugte Reisegeschwindigkeit mit der Zoe ist 120 km/h. Das ist schnell genug, um LKWs zügig überholen zu können und der Energieverbrauch liegt - Baustellen und Geschwindigkeitsbegrenzungen berücksichtigt - im Durchschnitt meist noch um erträgliche 20 kW. Im Windschatten von LKWs segeln ist nicht so mein Ding. Hier hat sich die Reichweiten-Anzeige als sehr verläßlich gezeigt: Wenn es knapp wird, nimmt man automatisch den Fuß vom Gas und der Eco-Modus sorgt dafür, daß man das gesteckte Ziel auch sicher erreicht. Durch langsameres Fahren braucht man weniger Strom, fährt aber länger. Der Unterschied wird mit der Differenz bei der Ladezeit (bei uns 22kW) wieder weitgehend ausgeglichen, sodaß die Gesamtreisezeit in etwa gleich ist, egal, ob man 95 oder 120 fährt. Für lange Strecken kalkuliere ich mit 2 Stunden je 100 km und ziehe 1 Stunde (für die Anfangsladung) ab. Die Ladestopps lege ich nach jeweils 150 - 200 km ein und lade dann bis ca 80% auf. Das kann allerdings bis zu 2 Stunden dauern. Also Laptop und/oder Buch nicht vergessen!
Die Abrechnung: Hier ist Luft nach oben! Mal wird in kWh abgerechnet, mal in Zeit. Manchmal geht nur eine spezielle Karte, die man vor Ort (!) kaufen muß. Ich habe eine Karte von New Motion und den Z.E.-Pass ( der aber nicht überall erkannt wird, wo es gehen sollte). Damit komme ich fast immer klar (nur nicht in Ulm). Gut finde ich die Ladesäulen an den Rastplätzen von Tank&Rast (kostenlos).
8. Muß man sehr langsam fahren, um Strom zu sparen?
Die Zoe verfügt über einen Eco-Modus, der auch gut durchkonstruiert ist. Er soll Strom sparen, in dem die Leistung von Motor und Klimaanlage begrenzt wird. Bei Bedarf kann man das Gaspedal über den ersten Anschlag durchtreten und hat dann die volle Power solange, bis man es wieder losläßt. Ich verwende den Eco-Modus hauptsächlich a) im Stadtverkehr, weil das ein angenehm flüssges Fahren ermöglicht und b) auf der Autobahn, wenn die Strecke zur nächsten Ladesäule über der angezeigten Reichweite liegt. Schön, dass es ihn gibt, aber der Verbrauch von umgerechnet 1 - 2 l /100km (!) ist ohnehin sehr sparsam! Nein, ein Verkehrshindernis muß man nicht sein.
9. Wie ist denn die Beschleunigung?
Zugegeben, anfangs war es schon reizvoll, einen Golf GTI an der Ampel stehen zu lassen. Aber dann lernt man, daß die Ampelschaltungen nicht auf die Beschleunigungswerte der Zoe ausgelegt sind und man deshalb an der nächsten Kreuzung wieder anhalten muß. Dann wird man wieder praktisch und es reicht zu wissen, daß man auch mal vorbeiziehen kann, wenn man muß.
10. Probleme: Gibt es etwas, was an der Zoe nervt?
Ja, RLink und insbesondere die Einbindung des TomTom-Navis ist sicher verbesserungsfähig. (Ist hier im Forum schon beschrieben) Aber ehrlich gesagt: Das ist nicht mehr als ein schiefes Muster auf dem Schaum eines hervorragenden Cappuchino...
Fazit: Für mich ist mit der Zoe die Praxistauglichkeit des E-Autos im Alltag bewiesen. Im Regionalverkehr ist es einem mit Verbrennungsmotor deutlich überlegen. An das leise, zügige Fahren gewöhnt man sich schnell und gerne. Mir ist der (Verbrenungs-)Leihwagen im Urlaub laut, umständlich und dreckig vorgekommen. Auch gelegentliche lange Strecken auf der Autobahn sind mit der Zoe kein Problem, man muß nur genügend Zeit einplanen.
Wer sich nicht vom elektrischen Fahren überzeugen lassen will, soll es halt erst mal bleiben lassen. Aber wenn du dich ernsthaft dafür interessierst, hier mein Rat: JA, tu es, du wirst es nicht bereuen!
viele Grüße, budaks