Für alle, die es interessiert hier ein kleiner Reisebericht.
Ja, jetzt wollten wir es mal wissen, wie es um die Ladeinfrastruktur in Bayern bestellt ist. Mit unserem Mitsubishi EV, den wie jetzt seit einem Jahr fahren, wollten wir von Walkertshofen ins 280 km entfernte Bad Birnbach zu einem Kurzurlaub fahren. Ich hatte vorher schon einige Artikel über das Reisen mit einem EV gelesen und wusste also, Vorbereitung ist alles. Einige kürzere Trips weg von der heimischen Steckdose haben dies auch bestätigt.
Bei der Planung wurde schnell klar, wir müssen überwiegend über die Autobahn fahren, da nur dort genügend Tripple-Charger stehen würden, um die Strecke zu bewältigen und das Fahrzeug in akzeptablen Zeiten laden zu können. Ob das wohl gut gehen würde, denn Autobahnen sind bekanntlicher Weise nichts für Elektroautos.
Gut vorbereitet und mit einem ganzen Sack voller Ausrüstung sind wir in das Abenteuer E-Auto-Reise gestartet. Ich packe meinen Koffer und nehme mit: Ausdruck der Tourenplanung von goingelectric, Ausdruck jeder Ladestationsbeschreibung inkl. aller möglichen Alternativen, Navi, Atlas, Handy Apps: LemNet, New Motion, Plug Surfing, Charge Map, Ladekarte New Motion, Ladeschlüssel Plug Surfing, einen großen Geldbeutel (den braucht man sowieso im Urlaub), Ladekabel Typ1 auf Typ2, Notladekabel Schuko auf Typ1, Adapter CEE 16A auf Schuko.
Die Route ging:
Start: Walkertshofen
1. Ladepunkt nach 42 km Landsberg am Lech
2. Ladepunkt nach 51 km Neuried bei München
3. Ladepunkt nach 38 km Feldkirchen bei München
4. Ladepunkt nach 71 km Mühldorf am Inn
5. Ladepunkt nach 42 km Braunau am Inn Österreich
Ziel nach 38 km Bad Birnbach
Und los ging´s….
Am Montag den 09.10.17 starten wir bei ca. 10 Grad Außentemperatur Richtung Landsberg. Natürlich ohne Heizung versteht sich. Eine Decke tut´s da auch. Kalt war uns sowieso nicht, da wir schon ein bisschen aufgeregt waren, ob wohl alles klappen würde. In Landsberg konnten wir dann problemlos aufladen, haben während der Ladezeit gefrühstückt und brauchten zum Essen länger als das Auto zum Laden. Dann ging´s weiter auf der Autobahn nach München. Dort suchten wir uns einen Lastwagen, was nicht weiter schwierig war, hängten uns hinten an und sausten so mit 90-95 kmh, relativ sparsam nach München. In Neuried fuhren wir zur Ladesäule von Aldi-Süd. Einparken, anstecken und schon wurde unser Auto geladen. Wir besorgten beim Bäcker noch etwas Reiseproviant und schon konnte die nächste Etappe in Angriff genommen werden. Durch München zu fahren ist wirklich gruselig! Wir standen dann auch noch kurz vor der nächsten Lademöglichkeit kurz im Stau. Auf der Autobahnraststätte bei Feldkirchen luden wir das Fahrzeug dann etwas länger, da nun der längste Abschnitt, ohne Zwischenlademöglichkeit bevor stand. Meine Frau las inzwischen Zeitung und ich hörte Musik. Mit genügend Strom in der Batterie fuhren wir weiter. Eine kurze Desorientierung meinerseits brachte uns ein paar Extrakilometer ein, die aber nicht weiter schlimm waren. Wir erreichten locker den Autohof bei Mühldorf am Inn. Die Ladesäule von Allego war frei und wie alte Hasen parkten wir das Fahrzeug ein und wollten den Ladevorgang starten. Dies war die erste Station bei der wir uns authentifizieren mussten und die nicht um sonst war. Doch die Ladesäule wollte den Ladevorgang nicht starten. Wir dachten uns schon, "Aah, fängt jetzt der Zirkus an!", doch bei genauerem hinschauen entdeckten wir, dass bei dieser Ladesäule eine Taste mehr gedrückt werden musste, als bei anderen Ladesäulen von Allego die wir schon kannten. Die Säule begann zu pfeifen, unser Auto bekam Strom, wir kümmerten uns um unsere menschlichen Bedürfnisse und nach kurzer Zeit konnten wir unsere Reise fortsetzen. Auf nach Braunau am Inn in Österreich. Die Ladesäule hier zu finden war schwierig, weil die Zufahrt zur Stadt durch eine Baustelle versperrt war und unser Navi wohl nur diesen Weg kannte. Durch Zufall hat meine Frau dann eine Beschilderung einer Umleitung in die Stadt gesehen. Die Smartrics Säule war frei und wir konnten laden. Der Strom der aus der Säule fließt muss wohl vergoldet sein, so teuer wie der ist. Bei 23 € pro Stunde wird das Elektroauto fahren zum Luxus. Aber egal, wir hatten bisher für die ganze Reise so gut wie nicht´s bezahlt. Das letzte Stück ging dann über Land und Berg und Tal. Sehr schön. Eine reizvolle Landschaft und viel zu schauen. Eindeutig der Autobahn vorzuziehen. Ja, und wir sind tatsächlich in Bad Birnbach angekommen.
Am Dienstag den 10.10.17 haben wir dann Urlaub gemacht und unser kleines Auto auch.
Am Mittwoch den 11.10.17 haben wir uns dann auf die Rückreise gemacht. Wir wollten nicht mehr bei Smartrics laden und sind deshalb nach Rotthalmünster gefahren um dort das Auto vollzuladen. Die Säule haben wir auch gleich gefunden und sie startete den Ladevorgang ohne Probleme. Die Station steht mitten in der Stadt und so haben wir die Ladezeit genutzt und uns etwas umgesehen. Wir besuchten die Kirche Marie Himmelfahrt, die schöne Innenstadt, einen großen Bio-Laden und einen kleinen Wochenmarkt. Zwischendurch ging ich zum Auto zurück um die Ladung nach 80% SOC nochmal zu starten, aber vergebens. Die Ladesäule wollte partout nicht weiter laden und hat den Vorgang immer wieder abgebrochen. Also fuhren wir eben so weiter. Auf dem Heimweg machten wir noch einen Abstecher an den Wallfahrtsort Altötting. Danach ging es unspektakulär weiter bis nach Neuried bei München. Als wir auf den Parkplatz von Aldi-Süd einbogen, sah ich schon, dass dort bereits ein anderes Fahrzeug beim Laden war. Wir wollten dort nur ca. 10-15 Minuten zwischenladen, um mehr Puffer für die Fahrt über die Autobahn zu haben. Also ging ich zu dem Fahrer, der im Auto saß und fragte ihn, wie lange er noch laden würde. Der war sowas von unfreundlich, dass ich mir die Frage, ob er mich vielleicht 10-15 Minuten laden lassen könnte, verkniffen habe.
Erkenntnis des Tages: Nicht alle E-Auto-Fahrer sind nett.
Wir beratschlagten was jetzt zu tun sei, denn 40 Minuten warten wollten wir auf keinen Fall, da wir ja noch ein ganzes Stück bis nach Hause hatten. Die nächste Säule war auch bei Aldi-Süd und ca 10 km weit entfernt. Wir wagten es dann und fuhren ohne Zwischenladung Richtung Landsberg. Rauf auf die Autobahn und einen Lastwagen suchen. Ja, denkste! Wenn man mal einen braucht ist keiner da. Also runter mit der Geschwindigkeit auf ca. 80-90 kmh. Hinter uns fuhr dann ein großer Audi. Meine Frau meinte, "Der frisst uns jetzt dann gleich, wenn wir so rumschnarchen!", aber nein, er fuhr bis Landsberg immer schön hinter uns her, obwohl wir manchmal bergauf auch weniger als 80 fuhren. Einmal überholte uns ein LKW, aber der war so schnell, dass wir das Truck-Surfen bald wieder gelassen haben. Mit etwa 14 km Restreichweite sind wir dann auf der Raststätte in Landsberg angekommen. Der Tripple-Charger war aber bereits durch einen BMW i3 belegt und es standen 3 Männer um die Säule herum. Ich stieg also aus und fragte die Drei, wie lange sie denn noch laden würden. Da meinten die Herren, sie das wäre nicht ihr Auto und sie kämen aus Österreich und würden sich dafür interessieren wie die Laderei so funktioniert. Ich habe dann brav alles erklärt. Einer sagte er habe auch einen i3 zu Hause, lade aber immer nur daheim. Nach dem netten Gespräch, kam dann auch der BMW-Fahrer und wir konnten das letzte Mal laden. Anschließend ließen wir es nochmal richtig krachen und fuhren teilweise mit 120 kmh das letzte Stück nach Hause.
Unser Fazit:
Das Reisen mit einem EV ist möglich, braucht jedoch eine gute Planung und braucht Zeit. Der Ansatz ist hier ein komplett anderer. Es steht nicht im Vordergrund schnell von A nach B zu kommen, sondern mehr der Weg ist das Ziel. Es ist uns lange nicht so stressig erschienen und wir haben schöne Orte gesehen, an dehnen wir sonst nur vorbeigerauscht wären. Wir hatten nie den Eindruck ein Verkehrshindernis zu sein, obwohl wir nicht schnell unterwegs waren. Ich glaube ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen würde allen Beteiligten gut tun. Sollte es in den nächsten Jahren immer mehr EV auf den Straßen geben, so muss die Infrastruktur noch gewaltig wachsen, denn Wartezeiten bei belegten Ladepunkten sind ziemlich nervig. Wir reisen mit Sicherheit nicht das letzte Mal mit einem EV. Zumal wir nächstes Jahr einen Zoe mit 300 km Reichweite bekommen und dann sowieso keine Probleme mehr haben. Wir verkaufen unseren Mitsubishi EV übrigens nicht. Den gibt meine Frau nicht mehr her. Unser Toyota Prius wird ausgemustert und dafür kommt der Zoe. Wir fahren dann nur noch elektrisch. Unsere Verwandten, Bekannten und Freunde halten uns für ziemlich verrückt, aber wir sind begeistert von der Idee mit Wind- und Sonnenenergie zu fahren und durch den Kauf dieser Technologie Impulse für eine bessere Zukunft setzen zu können.
Viele Grüße
Thomas Gansler