Offener Brief an plusminus (gesendet per E-Mail an
plusminus@br.de,
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plusminus@swr.de,
plusminus@wdr.de):
Sehr geehrte Damen und Herren,
erst ungläubig, dann mit schierem Entsetzen habe ich Ihren plusminus-Beitrag „Der Traum vom Elektroauto“ in Ihrer Sendung am Mi, 04.10.2017 verfolgt. Unfassbar und erschütternd faktenfern, was Sie dort zusammenfabuliert haben, um Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeuge als die bessere Alternative zu reinen Elektroautos (BEV) zu präsentieren.
Brennstoffzellenfahrzeuge sind ja ebenfalls Elektroautos - mit Brennstoffzelle als Range Extender. Sie benötigen zum Fahren einen Akku als Puffer, weil nur so die stark wechselnden Lastanforderungen bedient werden können. Die Brennstoffzelle lädt diesen Akku auf und fungiert so wie ein Verbrennungsmotor bei Hybridfahrzeugen. Auch Rekuperation, also die Rückgewinnung von Energie beim Bremsen, ist nur über den Pufferakku möglich.
In dem Moment, wo der „Pufferakku“ so viel Energie speichern kann, dass damit ähnliche Reichweiten wie mit einem Brennstoffzellen-Range Extender erzielt werden können, wird die Brennstoffzellentechnik - zumindest im Mobilsektor - obsolet. Und da sind wir schon jetzt: 500km echte Reichweite sind bei preislich vergleichbaren BEV bereits realisierbar.
Die von Ihnen postulierten „Nachteile“ von reinen Elektrofahrzeugen gelten also auch für Brennstoffzellenfahrzeuge - und dazu kommen dann noch die erheblichen Nachteile dieser speziellen Technologie:
- extrem schlechter Wirkungsgrad der Gesamtenergiekette (nur 10-13%)
- Brennstoffzellen benötigen Platin
- Hochdrucktanks im Fahrzeug (800bar)
- extrem teure Infrastruktur (eine H2-Tankstelle kostet 1 Mio €)
- Technologiekette mit vielen aufwändigen Zwischenschritten
Oh, den letzten Punkt führen Sie ja als Vorteil an. Aufwendige Technik = Arbeitsplätze. Mit dieser Logik wäre es allerdings konsequent, verpflichtend den Faustkeil als einziges in Deutschland zugelassenes Werkzeug wieder einzuführen.
Und woher kommt eigentlich der Wasserstoff?
So viele Möglichkeiten gibt es da nämlich nicht, eigentlich sind es nur zwei:
- Wasserstoff wird per Dampfreformierung aus Erdgas (Methan) gewonnen.
- Wasserstoff wird per Elektrolyse aus (sauberem!) Wasser erzeugt.
Bei Methode 1 fällt genausoviel CO2 an wie bei der direkten Verbrennung des Methans. Keine wirklich gute Idee, wenn man Wasserstoff als klimafreundlichen Kraftstoff etablieren will. Da ist es technologisch erheblich einfacher, das Methan in Ottomotoren direkt zu verbrennen.
Methode 2 ist extrem energieintensiv: Für die Elektrolyse braucht man jede Menge elektrischen Strom. Also sind die nächsten wichtigen Fragen:
Woher kommt der Strom? Wieviel Strom braucht man? Wie effizient wird der Strom genutzt?
Weil die Wasserstofftechnologie viele technische Zwischenschritte erfordert, die bestenfalls jeweils einen Wirkungsgrad von 50-60% bei der Energieumwandlung aufweisen, fällt der Gesamtwirkungsgrad (als Produkt der Wirkungsgrade aller Teilprozesse) auf skandalöse 10-13%. Das heißt: von 100% eingesetzter Primärenergie gehen rund 90% verloren, bevor sie in Wasserstoffautos letztlich als Bewegungsenergie zur Verfügung steht.
Bis wir im Überfluss erneuerbarer Energien schwelgen, ist es viel klüger, da um Größenordnungen effizienter (und damit umweltfreundlicher), Elektroenergie in Akkus zu speichern und in reinen Elektroautos in Mobilität umzusetzen. Es ist viel effizienter, es ist viel billiger, es ist technologisch viel einfacher umzusetzen. Nicht zuletzt die Kosten für die erforderliche Infrastruktur (Ladestationen) sind geradezu lächerlich gering im Vergleich zu der für Wasserstoffautos.
Eine Technologie wie den Wasserstoffantrieb, die 90% Energie verschwendet, ernsthaft als umweltfreundlich etablieren zu wollen, ist ein Skandal, der den Vergleich mit dem Abgasbetrug von VW nicht zu scheuen braucht.
Zum Weiterlesen:
Mit freundlichen Grüßen,