Den China-Vergleich finde ich ein wenig unangemessen ehrlich gesagt. Warum? Nun, wir sprechen hier davon, dass die Politik Akzente setzen soll - in welcher Form auch immer. Jetzt ists aber so, dass Politiker in erster Linie die eigene - wenn nicht parteiliche - Wiederwahl als Ziel haben; Priorität in zweiter Linie hat ... auch die Wiederwahl und in dritter Instanz ist es wichtig (zumindest in AT) letztlich einen wohldotierten Landesposten zu bekleiden. Mit anderen Worten: es geht um
Wählerstimmen
Und diese Wählerstimmen vergrämt man sich, indem das heilige (Diesel)Auto verteuert wird, Klimaziele hin oder her ...
So, in China gibts zwar Wahlen, aber die sind vorbestimmt, da hat keiner Angst vor einer Nicht-Wiederwahl, weil die ja sowieso schon feststeht, da lässt sich leicht entscheiden, zumal ein Markt mit über einer Mrd Menschen schlicht mehr Einfluss (auf Industrien) hat, als zB das kleine Österreich
Ich selbst bin zwar noch kein E-Fahrer - Betonung auf
noch, aber auch in meinem kleinen Kreis ist das E-Auto Gesprächsthema und leider muss ich sagen: kein positiv Behaftetes, auch wenn ich versuche, den klassischen Vorurteilen entgegenzuhalten.
Aber warum gehts so schleppend? Meine, vielleicht unprofessionelle, Sicht auf die Dinge ist diese:
1. was eingefahren ist, lässt sich nicht in drei Jahren ändern
es kauft sich doch keiner jedes Jahr ein neues Auto! Unser Haushalt nagt sicher nicht am Hungertuch, wir haben unsere Karre vor drei Jahren neu gekauft, die stosse ich aber auch erst dann ab, wenn der Unterhalt zu teuer geworden ist (aus finanziell ökologischer Hinsicht), sprich: vor 2020 kommt ein Neukauf als Ersatz nicht in Frage. Vor drei Jahren war der Stromer für uns - auch wenn ichs mir gewünscht hätte - inakzeptabel. Zu teuer und reichweitentechnisch (ja, die brauchen wir) einfach uninteressant; von der Modellauswahl ganz zu schweigen ...
2. Reichweite!
Ja, ich weiss, das abgegähnte Thema, aber ganz ehrlich: das Gros der Menschen lockt man nicht mit dem Argument "80% der Fahrten sind unter 50km" hinterm Ofen vor. Ein schnappiges "Aber wir fahren zweimal im Jahr auf Urlaub" erstickt jede Diskussion im Keim, und ehrlich gesagt fällt es schwer, dagegen zu argumentieren, weil es verdammt noch mal so ist! Leistbare 300km hats in den letzten zwei Jahren für Otto Normalverbraucher schlicht nicht gegeben, Punkt. Aufm Weg nach Kroatien ans Meer wollen die Leut
durchfahren, vielleicht mal Lulupause einlegen, aber damit hat es sich schon
3. Ladesystemchaos
Ganz ehrlich, ich lese viel über dieses Thema, ums zu verstehen, gleichzeitig komm ich mir vor, wie ein Depp: wieso mach ich so eine Wissenschaft daraus? Wieso wird daraus überhaupt eine daraus gemacht? Die Leut wollen einen Eumel in den Stutzen halten, schlimmstenfalls darauf achtend, zwischen Benzin und Diesel zu unterscheiden, aber dieses ganze Getue um 3,7kw, 7kommairgendwas, 11, 22, 43, 150, Chademo, CCS, blabla, das interessiert einfach keinen, versteh ich auch, die Leut haben andere Sorgen als das; ja, für Technikinteressierte, da ists spannend, aber bittschön doch net die Tante Vevi aus Schasklappersdorf! Die will zu Ihrer Bridge-Runde fahren und Prospekterl schauen, wo das Schnitzelfleisch grad in Aktion ist, Ende Gelände! Für die Menschen kommt der Strom aus der Steckdose und die ist überall gleich.
Und dann noch dieses Theater um Ladekarten und den ganzen Unsinn. Ein Bankomatterminal rein und fertig! Diese Ladechips und Karten sind meines Erachtens nach ein Riesen-Humbug und den meisten geht das überhaupt nicht ein. "Achso? Naja, da fahre ich lieber zur Tankstelle, da brauch ich keine eigene Karte". Ja, leider stimmt das ...
4. Ladedauer
Siehe Punkt 2; ja, ich weiss, in der Nacht oder tagsüber steht die Karre rum und könnte - KÖNNTE wenns möglich wär - geladen werden. Aber da spleisst es sich selbst bei mir schon. Ich will aufm Weg von Salzburg nach Wien durchfahren, lächerliche 3 Stunden, das geht auch ohne Pinkel/Rauch/Jausenpause. Gut, mir persönlich würde ein Ladestop für 20 Minuten jetzt nicht weh tun, aber die meisten lachen über sowas. Es. Dauert. Zu. Lang. Die Leut sinds gewohnt weit mehr als 500 am Stück runterzureissen, alles darunter stösst auf wenig Gegenliebe.
5. ökologisch fahren um mehr Reichweite zu erzielen
Logisch, keine Frage, aber den meisten sowas von Blunzn! Weils den Menschen jetzt und die nächsten 20 Jahre schnuppe ist, was hinten rauskommt. Ganz ehrlich: um wieviel Prozent ist der Skoda-Verkauf (vw, audi und das ganze einheitsgedöhns) in GE und AT nach dem Abgasgschichtl eingebrochen? Richtig, um null komma null null null Prozent. Ich kenne keinen einzigen Skoda-Piloten, der gemeint hätte "hey, ich fühl mich verarscht und sowieso, die Umwelt, das geht ja gar nicht, mein nächstes Auto ist sicher keiner aus dem VW-Bauchladen"; kein einziger, nicht einer, ganz im Gegenteil! Wortwörtlich zitiere ich: mir ists sch...egal, was hinten rauskommt! Also, mit Öko-Gedanken lassen sich auch nur die allerwenigsten fischen
6. hässlich
Die meisten kaufen einen Bürgerkäfig aus zwei Gesichtspunkten: a) immer schon diese Marke gefahren und b) wie schaut der Kübel aus. So und da endets schon, denn ein ansehnlicher, leistbarer Stromer ist rar. Lassen wir mal Tesla aussen vor, was bleibt dann übrig? Drillinge? Also bitte ... Leaf? Das sich der überhaupt verkauft, grenzt für mich an ein Wunder, einfach entsetzlich. BMW i3? Viel zu spacig und diese seltsame Idee mit den Türen kommt bei den meisten auch nicht an; Einzig die Zoe schaut knuffig und gefällig aus, das ist das EINZIGE E-Auto, dass für die Leut optisch in Frage kommt, für alles andere wird sich
geschämt, ich sags wie's ist und bin teilweise sogar deren Meinung. Mitm Ioniq ist endlich mal was auf dem leistbaren Markt, dass nach Auto ausschaut und nicht nach einem kompromisslosen Tribut an cW. (und weil ich VW in der Liste ausgelassen habe: bevor sich ein E-Golf gekauft wird, stellen sich die Leut einen Verbrennergolf vor die Tür, Stichwort Preis)
7. heimische Ladeproblematik (damit meine ich: zuhause)
keine Infrastruktur vorhanden und dann vielleicht noch das Pech, dass die Hausgemeinschaft "Njet" sagt; persönlich kenne ich drei solche Fälle
8. Negativberichterstattung
kein Kommentar dazu; positive Stromer-Berichte sind dünn gesät (aus bekannten Gründen)
All diese Argumente - und die bekomme ich nahezu täglich zu hören - sind mit einer Kaufförderung kaum glattzubügeln.
Ich selbst bin kein Freund der staatlichen Förderung, zumal in Österreich sowieso viel zu viel gefördert wird; richtige Vorraussetzungen schaffen, damit die Menschen das auch verstehen und leicht bedienen können, dann kommens von selbst, das sollte die Politik machen und nicht Geld verteilen, dass wir gar nicht haben oder gar mit Quoten daherkommen, das schürt nur Ressentiments! Und so lange nicht zumindest 90% der oben genannten Argumente entkräftet werden, bleiben E-Autos im unter 1%-Bestandsbereich (Stand aktuell in AT: 0,2).
Ja, ich weiss, für manches ist es einfach noch zu früh (Akkugrössen und Preise, Modellvielfalt), aber die Entwicklung geht in die richtige Richtung - zumindest teilweise ...
Sorry für den langen Post, aber das musste ich loswerden