Ein sehr interessantes, bewegendes aber auch anregendes Thema, was allerdings auch aufzeigt, dass man sich, aller Informationen und Auswirkungen zum trotz, immer noch im Verhaltensmuster des vergangenen Jahrtausends befinden. Wobei erst in der letzten Dekade die fragwürdige Mode auf 1000km und mehr Reichweite, die fast nie erreicht wurden, durch den Einsatz der TDi Motoren und eine entsprechende Werbung aufkam. Was hat man die Jahrzehnte davor gehabt und wie konnte man bis Dato ohne einen TDi leben oder gar in den Urlaub bzw. mit einem Anhänger fahren?
Diese Diskussionen bezüglich der Reichweite gab es bei uns im Betrieb vor ca. 2 Jahren auch. Damals ist unsere ganze Flotte (ca. 250 Stück) der Sattelkipper erneuert worden und im Zuge dessen haben fast alle, meinen Informationen zufolge, 40 Toner den kleinsten verfügbaren Tank (290l) erhalten. Dabei ist es zu erwähnen, dass diese Fahrzeuge ausschließlich im Nahverkehr (zwischen ca. 5 und 17 Uhr) eingesetzt werden und wenn es hochkommt vielleicht 350km an einem Tag zurücklegen. Der Aussage des Fahrparkleiters zufolge hat man sogar noch kleinere Tanks bestellen wollen, dies war aber nicht möglich. Was haben sich damals meine Kollegen empört darüber, dass es da nur einen "Sprinter" Tank gibt. Und trotzdem reicht die Kraftstoffmenge IMMER für 2 Tage, manchmal sogar 3 (500-700km), der Sattelkipper transportiert dann nicht unsinnig Diesel durch die Gegend, sondern Schüttgüter, womit bzw. wodurch wir das Geld verdienen. Im Vergleich zu den Fahrzeugen einiger Mitbewerber, die über 800l Tanks verfügen, dürfen wir ca. 500kg pro Transportauftrag mehr befördern 500 kg erscheint erst mal nicht viel, was aber bedeutender ist: die ca. 500kg Dieselkraftstoffs und des Tankmaterials werden nicht bei uns in den Tanks kostenlos gelagert und bei 250 Fahrzeuge bedeutet das eine Transportmehrkapazität von ca. 12,5t, was fast eine halbe Nutzlast des LKW bedeutet, und das pro Transportauftrag. Wo ich aber den Betriebsleiter auf das Thema Tesla LKW und im allgemeinem E-LKW angesprochen habe, war er sofort im alten Denkmodus: REICHWEITE. Das obwohl er es seit gut 15 Jahren ganz genau weißt, dass KEINER unserer Fahrzeuge mehr als die o.g. Tageskilometerleistung überschreitet und uns Fahrer die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten obliegt (45min. / Tag, nach 4,5h Lenk- oder 6h Arbeitszeit) und zwischen 17 und 5 Uhr stehen die Fahrzeuge am festen Standort. Ja, klar, ist alles gewerblicher Güterverkehr usw., ABER diese Muster sind durchaus auf den privaten Einsatz übertragbar und ich glaube nicht, dass man, wenn es ihm/ihr bewusst wäre, einfach gerne mit eigenem PKW die KOSTENLOSE Lagermöglichkeit der Öl-/ Kraftstoffindustrie anbieten würde. Reichweite ist also auch bei Verbrennern nicht alles und nicht ausschlaggebend. Im übrigen im Fernverkehr sieht es nicht anders aus, denn auch dort ist eine Tageskilometerleistung von mehr als 700km bei Einhaltung der geltenden Gesetze nicht wirklich bedeutend überschreitbar und sehr oft sogar unerreichbar. Danach steht der LKW 11h, weil der Kraftfahrer an die gesetzliche Tagesruhezeit gebunden ist, an den Wochenenden sogar mindestens 45h.
Im privaten Bereich ist es, da wage ich mich weit aus dem Fenster zu lehnen, für die meisten (heißt nicht ALLE) NICHT notwendig ein Fahrzeug mit einer Reichweite von mehr als 200km zu haben und somit ist eine Akkukapazität von mehr als 30-40 kWh (Kleinwagen sogar noch weniger) KEIN Verzicht oder gar Askese, sondern die reinste Verschwendung. Es bedeutet aber nicht, dass ich den Mitmenschen weite Reisen oder das Ziehen eines schweren Anhängers mit dem eigenem PKW verbieten möchte, nein, überhaupt nicht. Ich bin diesbezüglich der Meinung, dass auch weitere Reisen bzw. der Bedarf an stärkeren, leistungsfähigeren Akkus auch gedeckt werden müsste, allerdings nicht auf konventionelle Weise durch den Erwerb entsprechender Fahrzeuge. Warum auch, ist ja wie beim Verbrenner, man braucht eigentlich nicht mehr als 10l im Tank, hat aber bei 95% der Fahrten trotzdem eigentlich 50 oder 60l drin.
Was könnte dabei also die Lösung sein, die sowohl die persönlichen Bedürfnisse oder auch Bequemlichkeit mit dem Umweltschutz und der sozialen Verantwortung verbinden kann?
Wie wäre es, mag kurzfristig nicht Umsetzbar sein, wenn man die Akkus und Boden/Antriebsgruppen NORMIEREN und modular, erweiterungsfähig Zusammensetzen würde? Ich meine damit nicht in erster Linie, obwohl das auch möglich wäre, dass alle Automobilkonzerne auf einer einzigen Bodengruppe aufbauen, sondern dass es zumindest innerhalb eines Konzerns so ist. So was funktioniert bis heute z.B. bei den Motoren: mit dem PSA Diesel (1.4, 1.6,2.0) fährt fast die halbe Welt.
Die genormte Bodengruppe und ein dazugehöriger, schnell austauschbarer Akku würden immer noch Vielfältigkeit beim Design und Antriebsleistung ermöglichen, aber keinen Zwang ein wesentlich teureres Auto wegen der hohen Akkukapazität dem Käufer auferlegen und ebenso die Ressourcen und Umwelt schonen. Dabei hätte man neben dem kleinem (35-40kWh) Alltagsakku die Möglichkeit für eine (beispielsweise) Urlaubsfahrt einen leistungsfähigeren Stromspeicher, der dieses „eine Mal im Jahr“ eine z.B. 3fach größere Reichweite bzw. Reisegeschwindigkeit, zu mieten und innerhalb weniger Minuten zu tauschen, verbunden vielleicht mit einem Urlaubscheck, den eh einige vor größeren Reisen beanspruchen und welcher auch sicherheitstechnisch Sinn ergibt. Wahrscheinlich wäre diese Lösung aufgrund des Raumbedarfs nicht mit Kleinstwagen kompatibel, damit fährt man aber normalerweise auch keine 1000km weite Strecken. Parallel muss man auch den Verbrauchern auch die Möglichkeit lassen, größere Akkus erwerben zu können, die das Ziehen eines schweren Anhängers oder andere Fahrten in manchen Berufen/ Branchen abdecken zu können. Natürlich ist es auch so, dass die Ladeinfrastruktur weiterhin ausgebaut und optimiert werden muss, damit der alltägliche Ladevorgang nicht die 12 Stündige Blockade einer öffentlichen Ladesäule bedeuten würde. Das bedeutet nicht nur mehr Ladesäulen, sondern auch raumsparende Lösungen (Anbindung der Tiefgaragen, Parkhäuser oder Errichtung von Ladekarussellen
http://www.bydeurope.com/innovations/te ... /index.php ) in den (Groß-)Städten und natürlich leistungsfähigere Lader in den Fahrzeugen.
Auf der anderen Seite sehe ich die Bahnbetriebe und das Verkehrsministerium, das sinnvolleres tun sollte, als neue Methode die Bürger mittels Fahrzeug-/Fahrererfassung zu überwachen unter dem Deckmantel der Infrastrukturabgabe verstecken zu wollen (sonst hätte man eine leicht zu kontrollierende aber nicht an persönliche Daten oder das Kennzeichen gebundene Vignette wie in Österreich oder in Slowenien ins Gespräch gebracht), in der Pflicht die vernachlässigten Güterbahnhöfe und auch das Angebot an Auto-Nacht-Zügen (wieder) zu reaktivieren und zu erweitern. Damit braucht dann kein LKW mehr als 500km Reichweite pro Tag und kein Flensburger ein 1000km-Auto um schnell ans Mittelmeer in den Urlaub MIT eigenem Fahrzeug fahren zu können.
https://www.treinreiswinkel.nl/
So würde sich die Industrie größtenteils auf die Standardakkus konzentrieren können, was auch geringere Kosten und womöglich günstigere Kosten für die Verbraucher bedeuten würde, und wesentlich geringeren Aufwand bezüglich der Leistungsstarken Akkus betreiben, weil man dafür z.B. in Kooperation aller Anbieter nur ein, vielleicht 2 Werke dafür errichten und betreiben müsste.
Wir müssen uns einfach der Verantwortung stellen und endlich anfangen „globaler“ zu denken aber auch zu handeln, damit die Energiewende, die auch den bewussteren Umgang mit jeglichen Ressourcen bedeutet, erfolgreich durchgeführt werden kann und auch die Ressourcenkriege endlich enden. Das soll aber auch bedeuten, dass man objektiv die eigene Lebensweise und Verhaltensmuster analysiert und optimiert. Dabei meine ich die unzählige, sinnlose Fahrten mancher Zeitgenossen. So werden 20 Kinder mit 20 Autos in den Kindergarten oder in die Schule gebracht obwohl man untereinander Mitfahrgelegenheiten absprechen kann, oder Abläufe wie: 8:00 Uhr zum Arzt fahren, dann nach Hause, dann Einkaufen, wieder Heim, danach zum Frisör im Anschluss wieder Heim und dann Tanken und nachdem man wieder in eigenen 4 Wänden angekommen ist, fällt es ein, dass man eigentlich in die Waschanlage fahren könnte und der Becher Schlagsahne auch wieder alle ist. Es ist nicht einfach, aber machbar, was ich auf der Arbeit sehe: einige Kollegen beschweren sich darüber (zurecht), dass man mit dem LKW Leerfahrten hat und fordert (auch zurecht) dass stets mit Ladung gefahren wird, sobald aber der Urlaub oder das Wochenende kommen, ist es um die Effizienz der eigenen Fahrten schon wieder anders bestellt. WARUM?
Ich kann mir schon vorstellen, dass vieles nicht einfach ist, aber meistens nur weil es vor allem das Hinterfragen der eigenen Handlungen bedeutet, was in manchen Fällen auch die Gefahr mit sich bringt, sich eigene, langandauernde Fehler einzugestehen zu müssen. Ich denke dieser Punkt wird mit der komplizierteste der Energie- und Mobilitätswende sein.
Ich bin auch der Meinung, dass eine Besteuerung der Fahrzeuge, die sich nach der Kapazität des Akku richten würde, wo auch der größere Akku stärker zu belasten wäre, schneller zu einem verständnisvollerem Verhältnis zum eigenen Fahrzeug und eigener Bedürfnisse führen würde als das ewige Warten auf die freiwillige Bereitschaft die eigene Mobilität endlich bedarfsorientiert zu gestalten.
LG
A