Hallo Oliver,
ich versuche das mal etwas aufzuschlüsseln.
1.) Wenn ich deine Beiträge so lese entsteht bei mir der Eindruck, dass du vorrangig mit der allgemeinen Situation bei der Ladeinfrastruktur in Deutschland unzufrieden bist. Aber wer ist das nicht?
2.) Die Idee mit der Guthabenkarte für DREWAG Kunden wurde schon von anderen Nutzern in den Raum geworfen. Es ist aber nicht so einfach bzw. wirtschaftlich umzusetzen, wie man sich das vielleicht vorstellt. Die DREWAG Ladesäulen besitzen zwei verschiedene, zueinander nicht kompatible RFID Systeme. Abrechnung nach kWh wäre ebenfalls nicht möglich, weil dazu geeichte Zähler fehlen. Wenn überhaupt, wäre höchstens ein Zeitguthaben denkbar. Das ist ein Problem, mit dem fast alle Stadtwerke zu kämpfen haben.
3.) Ich arbeite nicht bei der DREWAG, aber ich nutze die Ladeinfrastruktur seit 2012 und man kennt sich einfach. Wir wurden in der Zeit zweimal eingeladen, an einer offenen Diskussionsrunde teilzunehmen. Das war wirklich sehr angenehm und für beide Seiten aufschlussreich. Es ist auch wichtig, dass Nutzer und Betreiber der Ladesäulen zusammen arbeiten, nicht gegeneinander. Nur so kommt man zu Lösungen.
4.) Deine Bemerkung, dass ich mit offenen Augen durch die Welt gehen soll, finde ich schon ein wenig amüsant. Aus deinen Zeilen könnte ich herauslesen, dass für dich die E-Mobilität an der Dresdner Stadtgrenze aufhört. Für mich ist E-Mobilität mehr als nur Stadtverkehr. Ich bin Jahr für Jahr 20.000 km durch die Gegend gefahren, Richtung Norden bis Berlin, Richtung Westen bis Bad Grund in Niedersachsen und zum Großen Inselsberg in Thüringen. Und das mit einem Fahrzeug bei dem wohl fast jeder schon nach 50 km ausgestiegen wäre und gesagt hätte: das tue ich mir nicht an.
Wer solche Strecken fährt, der hat auf seinem Telefon auch die App von TNM und RWE. Insofern war das HandyTicket für mich nur eine weitere App, die ich als Bewohner der passenden Region ebenso für den Kauf einer Fahrkarte im VVO nutzen kann. Und das klappt beides ganz ordentlich.
Das heißt mir ist die Situation bei der Ladeinfrastruktur durchaus bekannt, ich habe sogar einen Vortrag im Verkehrsmuseum darüber gehalten, bei dem der von dir genannte Herr Hänchen aufmerksam über 90 Minuten zugehört hat. Zudem habe ich mit einigen anderen privat engagierten Elektromobilisten im Januar 2014 eine große Veranstaltung rund um das Thema StromTicket verfolgt. Anwesend waren über hundert Vertreter der verschiedenen Stadtwerke und betroffenen Institutionen aus ganz Deutschland. Und mit Sicherheit musste sich der ein oder andere Verantwortliche auch von mir unangenehme Fragen gefallen lassen, denn mein Bestreben ist es, die Nutzersicht so gut wie möglich zu präsentieren. Das ist mein Beitrag, den ich für die E-Mobilität leisten kann. Die Früchte kommen erst langsam zum Tragen, aber wenn du dir die Übersicht der StromTicket Stromtankstellen im Verzeichnis anschaust wirst du feststellen: ja, die gibt es auch außerhalb von Sachsen. Die Initiative dazu kam aber aus dem Freistaat. Selbst Leipzig hat an einigen Stationen die Freischaltung per StromTicket, nur leider mit einer anderen App. Das ist ein großer Kritikpunkt meinerseits, denn es war von Anfang an definiert, dass sämtliche Apps des ÖPNV (Region Dresden: HandyTicket, Region Leipzig: easy.GO) kreuzkompatibel bei der Freischaltung des StromTicket sein sollen. Es hat leider nie funktioniert.
Die Unterlagen zu dieser Veranstaltung findest du hier:
http://www.saena.de/aktuelles/veranstal ... unterlagen
Ich möchte dich bitten, bei einer Tasse Kaffee oder einem anderen Getränk deiner Wahl, dir diese Unterlagen in Ruhe anzuschauen. Sie beantworten schon ganz viele deiner Fragen.
Ich weiß nicht seit wann du die Säulen nutzt, aber es gab eine ganze Zeit lang die Freischaltung nur mit Ladekarte. Bei der ENSO konnte man diese beantragen, ich habe meine heute noch.
Die bei der DREWAG konnte man immer ausschließlich vor Ort zu den Öffnungszeiten ausleihen, sehr nervig. Bei den zwei von dir genannten Stationen geht das nach wie vor noch, vermutlich auch am Flughafen und am Gaskraftwerk. Die jetzt im Stadtgebiet zu findenden Ladesäulen wurden teilweise schon 2010/2011 aufgestellt und sind NICHT kompatibel zu aktuellen Karten! Das Wort Roaming kannte man zu der Zeit bestenfalls aus dem Bereich Mobilfunk. Leipzig ist dabei, die baugleichen nkt Säulen auf neues RFID System + Roaming umzustellen und erleidet dabei fast einen elektromobilen Kollaps.
Die ENSO wird in diesem Jahr ein paar Triple Lader errichten, man versprach sich dabei gleich um das Thema Roaming zu kümmern. An dem Punkt ist es auch weniger ein Problem, weil die Hardware dazu technisch in der Lage ist und eine online Verbindung besteht. Weder das eine noch das andere ist bei den bisherigen Säulen gewährleistet. Es wird weiterhin keine EC Kartenlösung geben, weil dies aus Betreibersicht nicht attraktiv ist. Die Erklärung dazu findest du in den oben verlinkten Unterlagen.
Es wurde also vorrangig ein überregional funktionierendes System gesucht, welches mit der bereits vorhandenen Hardware von nkt und Walther spielen konnte. Die passenden Ticketsysteme gab es schon vorher und mussten nicht erst entwickelt werden. Ein sehr gutes Beispiel wo man es einsetzen könnte wäre Hoyerswerda. Dort gibt es ebenfalls zwei nkt Säulen, die sich aber aktuell nur mit den Ladekarten zu den Öffnungszeiten der jeweiligen Ausgabestellen nutzen lassen. Das ist anno 2016 definitiv nicht mehr zeitgemäß. Diese Säulen könnten problemlos 24/7 mit StromTicket genutzt werden.
Gerade in Hinblick der von dir genannten eingeschränkten Nutzbarkeit durch Personen ohne Smartphone, leeren Akku, fehlendem Netz oder langsamen Internet bevorzuge ich persönlich auch lieber die Freischaltung per RFID. Aber keinesfalls möchte ich wieder zu der Zeit zurück, als es eigene Karten für DREWAG, ENSO und SWL gab. Allein mit diesen drei Karten war es mir noch nicht mal möglich, das eigene Bundesland zu verlassen. Alle diese Karten wurden nun ersetzt. Ich habe noch eine Karte in der Geldbörse und drei Apps auf dem Telefon - damit komme ich mittlerweile in fast jede Ecke Deutschlands.
Sie sollen einfach die Entwicklung in Leipzig weiter beobachten. Laufen die nkt Säulen mit intercharge Roaming irgendwann mal stabil, kann und wird man das System sicher gern übernehmen, wenn es dazu dient die Auslastung an den Ladesäulen zu verbessern. Das wird aber nicht heute und nicht morgen passieren.
Bei unserem letzten (unregelmäßig stattfindenden)
Stammtisch war sogar der Herr Wald von der ENSO dabei, der die StromTicket Seite und die Ladesäulen pflegt. Er hätte dir ebenfalls alle deine Fragen direkt bei Schnitzel und Bier beantworten können.
Ansonsten hast du wie gesagt die nächste Chance am 30. April. Das wird dir jedenfalls deutlich mehr bringen, als hier im Forum auf diesen möglichen Missstand aufmerksam zu machen oder mit der Geschichte an die Presse zu gehen.
Viele Grüße
Micha