das ist mein erster Beitrag in diesem Forum. Vor genau einem Jahr habe ich mir einen gebrauchten Stromos von German E-Cars gekauft und möchte mal meine Erfahrungen mit diesem Auto berichten.
Gleich vorweg, ich bin ein begeisterter E-Autofahrer und insgesamt zufrieden mit dem Auto, auch wenn nicht alles positiv ist.
Da dieser Text etwas länger ist, habe ich ihn gegliedert:
1) Daten
2) Defekt: Ausfall des DC-DC-Wandlers
3) Gardasee-Reise mit Auffahrunfall
4) zweite Gardasee-Reise, die ich abgebrochen habe
5) Fahrverhalten
6) Fazit
1) Daten zum Stromos:
Basisfahrzeug: Suzuki Splash
Leistung: 56 kW (76 PS), die bisher immer zur Verfügung standen, es wurde noch nie auf die im Fahrzeugschein angegebenen 29 kW heruntergeregelt.
Gewicht: 1290 kg, Achslastverteilung konnte ich leider nirgendwo herausfinden, nichtmal German E-Cars weiß das
Verbrauch: 22,1 kWh/100km - selbstermittelter Durchschnittsverbrauch über ein Jahr.
Akku: 19,2 kWh Lithium-Eisenphosphat (LiFePo). Die Vorteile dieser Lithium-Ionen-Variante gegenüber "normalen" Lithium-Ionen-Akkus liegt bekanntermaßen in der besseren Unempfindlichkeit gegen Kälte und Wärme und gegen Beschädigungen. Durch die chemische Zusammensetzung ist ein Brennen viel schwerer. Nachteil: höheres Gewicht, weswegen fast alle Autohersteller diesen Akkutyp nicht verwenden.
Reichweite: die angegebenen 120 km stimmen!
Wintertauglichkeit: wenn die Batterie kalt ist, etwa 90 km Reichweite. Allerdings wird im Winter beim Laden die Batterie geheizt und es steht zumindest beim Losfahren die volle Reichweite zur Verfügung. Die Batterien kühlen recht langsam ab, das Auto muss dann mindestens 4-5 Stunden in der Kälte stehen, bis die Reichweite merklich sinkt.
Ein großer Vorteil meines Stromos ist die Diesel-Standheizung von Eberspächer, eine andere Heizung hat das Auto gar nicht. Dadurch kann ich soviel heizen wie ich will und es zieht mir nichts von der Reichweite ab.
Die Standheizung heizt während der Fahrt, sobald man den Temperaturregler auf warm stellt. Und natürlich kann man über das kleine Bedienteil links vom Lenkrad das Auto vorheizen. Insgesamt ist es also ein gutes Winterauto!
Höchstgeschwindigkeit: echte 130 km/h (ist elektronisch begrenzt)
Frontantrieb
Schaltung: ganz normale 5-Gänge Handschaltung mit Kupplungspedal, das Getriebe vom Suzuki Splash wurde einfach drin gelassen. Ich fahre in der Stadt mit dem 2. Gang, der geht von 0-80 km/h. In der Stadt fährt er sich dadurch wie ein Automatik-Auto, da man nie schalten muss und nie die Kupplung betätigen muss. Die Kupplung muss man eh nur zum Gänge wechseln betätigen und nicht zum anhalten oder anfahren, denn ein "Standgas" hat der Motor nicht.
Der 3. Gang ist perfekt für kurvige Landstraßen, geht bis 120 km/h.
Der 4. Gang eignet sich fürs dahinfahren auf geraden Landstraßen und Autobahn.
Den 5. Gang nehme ich nie her, der ist eigentlich unnütz. Und der 1. Gang ist nur zum Angeben
Ladeleistung und Anschluss: Es ist ein 11 kW Ladegerät verbaut. Hinter dem Tankdeckel ist die Typ 2 Kupplung, kein Typ 2 "Stecker", wie man sie zB beim i3 vorfindet. Deswegen kann ich an manchen Ladestationen mit fest installiertem Kabel nicht laden, weil dann Kupplung auf Kupplung kommt. War für mich jedoch nie ein Problem, weil die Ladestationen, zu denen ich gefahren bin, immer auch eine Steckdose hatten. Im Auto habe ich immer ein Typ 2 auf Schuko-Kabel, ein Typ 2 auf Typ 2 Schnellladekabel und ein 15m-Schuko-Verlängerungskabel, das erst ein paar mal zum Einsatz kam.
Ladezeiten: an der normalen Schuko-Steckdose mit 3 kW 8 Stunden, wenn die Batterie KOMPLETT leer ist, was fast nie vorkommt. Einfach über Nacht laden, daher im Alltag kein Problem. Schnellladung mit 11 kW von 0-100% etwa 2,5 Stunden. Auf Reisen empfielt sich Laden von 20-80%, das dauert dann höchstens 1,5 Stunden.
Am 23. Januar 2015 habe ich den Stromos für 10.500€ (plus 250€ für Winterräder) mit 17.250 km und 1 Jahr Gebrauchtwagengarantie bei MW-Gebrauchtwagen in Baden-Württemberg gekauft. Der Verkäufer hatte davor schon sechs solcher Autos verkauft und kannte sich daher schon damit aus.
Wir haben das Auto dann per Anhänger nach Hause (Holzkirchen, südlich von München) transportiert. Hatte eigentlich vor, mit dem Stromos nach Hause zu fahren, habe es aber mangels Erfahrung dann doch bleiben lassen.
Ich mit meinem Stromos
2) Defekt: Ausfall des DC-DC-Wandlers
Nur ein paar Wochen nach Kauf, blieb plötzlich während des Fahrens das Gas weg, ich konnte nur noch ausrollen. Also erstmal abschleppen lassen. Erstes Problem, WOHIN? Auf die schnelle habe ich mich für den Mitsubishi-Händler, der in der Nähe war entschieden. Denn Mitsubishi hat ja auch Elektroautos, war mein Gedanke. Dort hat man sich jedoch nicht an mein Auto rangetraut, weil sie keinen Hochvolt-geschulten Mitarbeiter hatten. Ich habe sofort bei German E-Cars angerufen, und der sehr hilfsbereite und freundliche Herr Martiensen hat mir am Telefon gesagt, welche Messungen (natürlich ungefährlich) ich an der 12V-Batterie durchführen soll. Durch Messungen an der 12V-Batterie bei Fahrzeug aus und auch während des Ladens, konnte er schlussfolgern, dass der DC-DC-Wandler defekt ist. Die einzige Aufgabe des DC-DC-Wandlers ist, die 12V-Batterie zu laden. Wenn der ausfällt, ist irgendwann auch die 12V-Batterie leer und (vermutlich) das Relais zum Schließen des Hochvoltstromkreises zum Fahren kann irgendwann nicht mehr geschlossen werden. Da die 12V-Batterie komplett tot war, habe ich bei Mitsubishi gleich eine neue einbauen lassen.
Der Chef von der Mitsubishi-Werkstatt, der auch sehr bemüht und hilfsbereit war und ich haben dann nach langem Suchen eine Werkstatt in der Nähe mit hochvoltgeschultem Mitarbeiter gefunden: Auto Gerb, ein Volvo-Händler.
Dort wurde dann ein neuer DC-DC-Wandler eingebaut. Die Kosten wurden von der Gebrauchtwagengarantie übernommen.
Das ist ein Nachteil vom Stromos, man muss erst aufwändig eine Werkstatt ausfindig machen, die den Wagen reparieren. Dieses Problem hat man bei E-Autos von großen Autoherstellern nicht, da weiß man in der Regel sofort wo man das Auto reparieren lässt. Wenn man sich einen Stromos kauft, sollte man deswegen auch gleich schauen, wo man ihn reparieren lassen kann.
3) Reise zum Gardasee
Im April 2015 bin ich mit dem Fahrrad im Kofferraum nach Riva del Garda gefahren. Das Fahrrad hat mit ausgebauten Vorderrad gerade so reingepasst. Die Fahrt hat 20 Stunden gedauert, weil nur eine von fünf Ladesäulen auf der Strecke eine Schnellladesäule war, gerechnet hatte ich mit 12 Stunden Fahrzeit.
1. Ladestop: Innsbruck, Bernhard Höfel Strasse 16. Laut Lemnet sollten dort 11kW fließen, was nicht der Fall war. Also bin ich nach 5 Minuten zu einer anderen Ladestation nach Seefeld in Tirol gefahren.
2. Ladestop: Zirlbergstraße. Auf dem Weg nach Seefeld in Tirol musste ich den bis dahin für mich unbekannten Zirler Berg erklimmen. Da ich nicht mit SO EINEM Berg gerechnet hatte bin ich leider mit viel zu wenig Kapazität aus Innsbruck losgefahren. Meine Rettung war ein Imbiss, der sich auf einem Parkplatz an einer Kurve im Zirler Berg befindet. Es gab zum Glück eine Außensteckdose mit Spannung. Dort habe ich dann eine halbe Stunde geladen. In meiner Dreistigkeit habe ich auch noch diesen "Ladepunkt" während des Wartens bei Lemnet eingetragen, damit andere gestrandete dort Notladen können. Was ich gelernt habe ist, dass man sich immer den Höhenunterschied zwischen Start und Ziel anschauen sollte!
3. Ladestop: Seefeld in Tirol, Dorfplatz 25. Mit 0% angekommen, konnte ich endlich Schnellladen. Diese Ladesäule ist super, weil man einfach mit Münzen bezahlen kann. Während des Ladens habe ich die Gegend mit meinem Fahrrad erkundet, was ein guter Zeitvertreib ist.
4. Ladestop: Italien, Sterzing, Jaufenstrasse 129. An dieser Wallbox bei der Firma OET hat die Schnellladung nicht funktioniert. Das Problem war womöglich die Software der Wallbox, die erkannt haben will, dass das Ladekabel für 22 kW nicht geeignet ist. Warum lädt sie dann nicht einfach mit 11 kW? Mehr geht bei meinem Auto eh nicht, absolut unverständlich für mich! Deswegen war ich gezwungen, mit langsamen 3 kW am Schuko-Steckplatz zu laden.
5. Ladestop: Bozen, Piazza Fiera 1. In Bozen bin ich zuerst zur Ladestation in der Resselstraße 2 gefahren, aber da die wieder ihre eigene Ladekarte haben, bin ich zu der großen Ladestation am Messegelände gefahren (Piazza Fiera 1). Damals hatte die 2x Typ 2 Anschlüsse und sechs Schuko-Anschlüsse. Zu meinem Ärgernis konnte ich an den Typ 2 Schnellladeanschlüssen nicht laden, wieder mangels Ladekarte. Die Bozener Stadtwerke machen auch ihr eigenes Ding. Aber die Schuko-Steckdosen haben einfach so funktioniert, und so habe ich satte vier Stunden dort geladen. Währenddessen bin ich sehr gut Essen gegangen und habe mir die Stadt angesehen.
Ziel: Gardasee, Riva del Garda, Via Brione 1, Hotel Gardesana. Vor meiner Reise habe ich Hotels angerufen und gefragt, ob ich laden kann. Beim Hotel Gardesana ging das in Ordnung und war sogar kostenlos.
Der Adapter für italienische Steckdosen kam hier zum Einsatz:
Zwei Tage später habe ich mich dann auf die Heimreise gemacht. Leider bin ich nicht weit gekommen, denn dann passierte der Albtraum: Ich fuhr jemanden hinten drauf, weil ich nicht aufgepasst hatte und dadurch zu spät gebremst habe.
Gefahren wäre er noch tadellos, es ist zwar Kühlwasser ausgetreten, doch das braucht der Stromos nur für die Heizung. Es ist halt verboten so zu fahren, wegen beschädigter Scheinwerfer etc. Die Autowerkstatt, zu der mein Auto dann geschleppt wurde, konnte natürlich nichts machen, weil kein HV-geschultes Personal da war. Habe den ADAC angerufen, aber weil ich kein ADAC-Plus-Mitglied war, konnten die auch nicht mein Auto holen. Mein Auto wurde dann von einem Transportunternehmen zu Volvo Gerb (bei denen mein Stromos schon mal zur Erneuerung des DC-DC-Wandlers war) transportiert und dort auf Kosten der Versicherung repariert.
Was ich von dieser Reise gelernt habe: auf Höhenunterschiede achten; Erkundigen, welche Ladekarten man braucht und besorgen.
4) zweite Gardasee-Reise August 2015, die ich abgebrochen habe
Dieses Mal wollte ich zum Campen etwas südlicher nach Lazise fahren. Mit Campingzelt, Fahrrad etc war mein Auto ziemlich voll, aber es ging alles rein.
Echt traurig: Gerade wenn es Sommer ist und man verreisen möchte, ist dies wegen der Hitze nicht möglich. Denn nach nur einer Schnellladung erhitzt sich die Batterie so stark, dass man eine zweite Schnellladung vergessen kann. Der Stromos hat leider keine Batteriekühlung, wie sie sonst fast alle Elektroautos haben.
5) Fahrverhalten
Die 76 PS sind ausreichend, mehr Leistung würde trotzdem nicht schaden. Die Lenkung ist schön leicht und er liegt gut auf der Straße, sofern ich das beurteilen kann. Ich finde das Fahrverhalten verbesserungswürdig, weil der Übergang zwischen Gaswegnehmen und Rekuperation total hart ist, man spürt jedes Mal einen Ruck. Je höher die Motordrehzahl ist, desto stärker ist die Rekuperation. Das Gegenteil sollte eigentlich der Fall sein, so wie im BMW i3. Da nimmt die Rekuperationsstärke mit zunehmender Geschwindigkeit ab. Und auch der Übergang zur zweiten Rekuperationsstufe (die ersten Millimeter des Bremspedalwegs) ist hart. Der Stromos fühlt sich deswegen mehr wie ein Prototyp, als wie ein ausgereiftes Auto an.
Diesen "Ruck" versucht man automatisch mit der Zeit zu verringern, indem man immer ganz sachte das Gas wegnimmt. Aber ein Ruck ist immer da, das kann man nicht verhindern. Auch nach einem Jahr stört mich das noch ein wenig.
Die Bremsleistung könnte stärker sein, man muss die Bremse stark treten um eine Vollbremsung zu bewirken. Kein Wunder bei Trommelbremsen hinten.
6) Fazit
Bis jetzt bin ich außer dem DC-DC-Wandler-Defekt problemlos gefahren. Der Kilometerzähler steht jetzt bei 33703 km, also bin ich 16453 km gefahren.
Die Vor- und Nachteile zusammengefasst:
+günstigstes alltagstaugliches Elektroauto ohne Akkumiete im Gebrauchtwagenmarkt
+Standheizung
+super Alltagstauglichkeit
-harter Übergang zur Rekuperation
-Service nicht auf dem Niveau großer Autohersteller
-keine Batteriekühlung -> nur maximal eine Schnellladung am Stück möglich
So das solls erstmal gewesen sein. Fragen zum German E-Cars Stromos beantworte ich gern
An andere Stromos-Fahrer, habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Grüße, Barthi