ich habe heute morgen den Kia Soul EV zur Probefahrt übers Wochenende bekommen. Seit April 2015 fahre ich eine Zoe (Q210) und in Anbetracht einer potentiellen Neuanschaffung wollte ich den direkten Vergleich ziehen.
Vorab gesagt sind meine Ausführungen zu dem Vergleich meine persönlichen Ansichten und Eindrücke. Sie haben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Natürlich hatte ich mich im Vorfeld über den Wagen schlau gemacht und war voller Vorfreude auf die Probefahrt übers Wochenende. Nur bezüglich der eingeschränkten Lademöglichkeiten hatte ich im Vorfeld einige Bedenken. Ich wollte das aber wirklich mal Live probieren.
Der primäre Eindruck bei einem Wagen ist bei mir immer die Optik. Im Internet habe ich ihn mir natürlich schon vorher so genau wie möglich angeschaut, aber wenn man dann mal direkt vor dem Auto steht und es von allen Perspektiven betrachten kann, ist das für mich immer noch etwas Anderes. Aber der kleine Stromer hat mich in der Hinsicht nicht vorgeführt. Ich fand ich auch in "echt" gelungen. Nicht wirklich eine Schönheit aber irgendwie knuffig und ansprechend.
Das Design von Zoe und Soul EV ist schon sehr verschieden und im direkten Vergleich zur Zoe finde ich die Dame frecher und jugendlich spritziger. Der Punkt geht also nach meinem persönlichen Geschmack nach Frankreich.
Bei der Einweisung in die Fahrzeugbedienung wurde mir auch das Staufach für das Ladekabel unterm Kofferraumboden gezeigt. Aber offen gestanden war das eher ein frustrierendes Erlebnis, denn der Kofferraum ist gegenüber der Zoe ein echter Witz. Ich war richtig erschrocken als die Heckklappe aufging und ich das Gepäckabteil gesichtet habe.
Aber ok, die E-Fahrzeuge sind für mich keine Autos, mit denen ich mit 4 Personen 4 Wochen in Urlaub fahre. Von daher ist der Aspekt für mich nicht wirklich ein No-Go. Zur Not klappt man die Heckbank um und hat auch Platz für sperrigere Sachen.
Nach der Einweisung habe ich mir die Bedienung erstmal in Ruhe angeschaut. Wo sind welche Knöpfe, wie funktioniert das Navi, was gibt das Board-Entertainment-System her usw. Mal so richtig im Innenraum umgeschaut, Rundumblick, Raumgefühl, Sitzposition etc.
Was mir sofort gefallen hat war die Lederausstattung, die Materialwahl, die Haptik, das Raumgefühl und das Display sowie auch das Cockpit. Die Displays fallen einem Zoe Fahrer wie mir sofort positiv auf. Die Auflösung ist besser und alles wirkt edler und schärfer.
Über die Inhalte der Anzeigen oder das Design kann man geteilter Meinung sein. Aber da bin ich als Zoe Fahrer eh nicht besonders verwöhnt
Meiner Meinung nach ist das Soul EV Interieur mindestens um eine Klasse hochwertiger als das der Zoe.
In der Zoe wirkt alles billige Art auf hochwertig getrimmt. R-Link ist eine Katastrophe und die Haptik ist gefühlt, als hätte man tausende recycelter Jogurtbecher verbaut.
Der Punkt geht also ganz klar an den Soul EV. Hier hat die Französin klar das Nachsehen.
Nachdem die Klick- und Fummel-Session dann abgeschlossen war habe ich mich den fahrtechnischen Dingen zugewandt. Batterieladung 98% (SOC), Reichweitenanzeige 115km??
Das war die nächste Überraschung für mich. Den Bordcomputer hatte ich zuvor zurückgesetzt und wegen der höheren Batteriekapazität gegenüber der Zoe hätte ich eine derart pessimistische Kalkulation nicht vermutet. Wir hatten immerhin 9°C. Ich hätte jetzt so mit 130-140km gerechnet. Am Vorabend hatte ich meine Zoe noch bei 4°-2°C auf 99% SOC geladen und eine Reichweite von 136km angezeigt bekommen.
Aber auch ok, das ist ja eh nur ein geschätzter, errechneter Wert und will erstmal nichts heissen.
Also bin ich nach Köln gestartet.
Mein Empfinden nach den ersten Metern mit dem Soul war, dass er sich behäbig und schwergängig anfühlt. Nicht so leichtfüßig und agil wie die Französin. So bin ich dann ein paar Kilometer gefahren und habe versucht mir einen Überblick zu verschaffen. Wo und wie sind die Anzeigen, welche Infos bekomme ich über die verschiedenen Displays, etc. Dabei ist mir dann auch aufgefallen, dass der Wagen im Eco Modus fährt. Da ich nicht während der Fahrt suchen wollte wo man das umstellen kann habe ich nochmals stop gemacht und mich weiter mit dem Wagen und den Einstellungen vertraut gemacht.
Nach wenigen Minuten hatte ich den groben Durchblick wie sich die Anzeigen steuern und verändern lassen und welche Modi es sonst noch so gibt. Die einstellbare Lenkunterstützung habe ich dann mal auf Comfort eingestellt, den Eco Modus ausgeschaltet und die Fahrt wieder fortgesetzt. Das Radio hatte ich jetzt stumm geschaltet, weil ich ja auch erfahren wollte, wie sich der Koreaner akustisch macht. Schon nach ein paar hundert Metern ist mir ein hochfrequenter Pfeifton aufgefallen. Besonders intensiv nehme ich ihn bei langsamer Fahrt wahr. Bei Schrittgeschwindigkeit in der Tiefgarage sogar so deutlich, dass es keiner Fußgängerhupe bedarf. Bei höheren Geschwindigkeiten wird der Ton dann mehr und mehr von anderen Fahr- oder Windgeräuschen übertönt. Die montierten Winterreifen haben mit ihrem Abrollgeräusch dabei geholfen den unangenehmen Ton zu übertreffen.
Um einen ersten Vergleich zu haben, habe ich die gleiche Strecke nach Köln genommen, die ich vorher mit dem Zoe auch gefahren bin. Autobahn, ein Stück Bundesstraße und der Rest im Kölner Stadtverkehr.
Ich habe auch versucht meinen gewohnten Fahrstil erstmal beizubehalten, eben wegen der Vergleichbarkeit. Also ungefähr gleiches Tempo und ungefähr gleicher Fahrstil. Nie über 100km/h und defensiv im Verkehr mitschwimmend.
Die Strecke nach Köln sind ziemlich genau 20km.
Während der Fahrt ist mir aufgefallen, dass der Soul EV auch insgesamt härter gefedert ist als die Zoe und auf schlechten Straßenabschnitten doch recht holprig fuhr. Die Lenkunterstützung blieb auch im Comfort Modus gefühlt "härter/schwerer" als bei der Zoe, was mich jetzt aber nicht wirklich störte. Eher störend fand ich das ruppige Fahrverhalten auf schlechten Straßen. Aber bei all dem ruppigen Verhalten hat aber im Innenraum nichts geknarzt oder gescheppert. Das Wiederum spricht für die anfangs erwähnte hochwertige Verarbeitung.
Bestätigt hat sich auch mein erster Eindruck bezüglich der Spitzigkeit und Agilität. Der Soul EV wirkt auf mich träger und behäbiger als die Zoe. Ich empfinde den An- und Durchzug als deutlich schwächer und die Zoe ist wesentlich agiler durch die Kurven zu bewegen. Sie macht auf mich einen sportlicheren Eindruck.
In Köln angekommen hatte ich dann noch 88km Reichweite auf der Anzeige bei einem angezeigten Durchschnittsverbrauch von 17,9 kwh. Bei der Zoe hatte ich auf der Strecke einen Schnitt von 14,6kwh.
Hier geht der Punkt wieder ganz klar an den Zoe. An die Leichtfüßigkeit und Agilität der Zoe kommt der Soul EV bei Weitem nicht ran. Er macht zwar auch Spaß, aber die Zoe gefällt mir hier viel besser.
Der Soul durfte dann erstmal in die Tiefgarage und sich erholen.
Am Nachmittag ging es dann weiter auf Testfahrt. Vor der Fahrt hatte ich auch mal unter die Haube geschaut und mir die hinteren Bänke genauer angesehen. Auch den Kofferraum. Selbst unter der Haube setzt sich der qualitativ hochwertige Eindruck fort. Alles wirkt aufgeräumt, solide und hochwertig.
Ich habe den Korea-Stromer dann noch 35km durch Stadt und Land gefahren. Ich konnte mich erstaunlich gut an das Auto gewöhnen und es fährt sich auch richtig gut. Hätte ich nicht seit April ein anderes E-Auto unterm Hintern, hätte ich wahrscheinlich wieder den WOW! AHA!! Effekt wie damals bei der Zoe. Aber wie ich den Soul bis jetzt erfahren habe, spricht mich die Zoe in dieser Disziplin einfach mehr an.
Zurück in Köln mit noch 48km Reichweite wollte ich die einzig (funktionierende) Chademo Ladestation in Köln aufsuchen um dem Soul EV eine Druckbetankung zu verpassen. Leider stand an der Säule ein Leaf und war angestöpselt. Also adios Chademo und zu einer TankE Säule in ca. 2km Entfernung. Die kompatiblen Aldi Säulen waren wegen der Uhrzeit keine Option mehr (Samstag).
An gleicher TankE Säule hatte ich am Vorabend meine Französin geladen. Also Prozedur bekannt und Betankung gestartet.
Nach kurzer Zeit wurde mir aber klar, was eine 6,6kw Ladung ist. Bei der Zoe kann man zugucken wie die Prozente nach oben gepumpt werden und beim Soul EV tat sich gar nix. Gut, es wurde geladen und das wurde auch im Armaturenbrett mit den blauen LED angezeigt, aber die Prozente des SOC haben sich nicht bewegt. Nach ca. 20 Minuten habe ich dann abgebrochen, da hatte ich dann 6km Reichweite getankt. 52km Restreichweite. Wenn ich bei der TG ankomme sind es dann wieder 48km. Das Nachtanken war also ne 0-Rechnung.
Bis morgen verbringt der Soul EV jetzt wieder in der TG. Morgen versuche ich mein Glück nochmal mit der Chademo Säule in Köln. Ich möchte auch mal sehen wie so eine Druckbetankung beim Soul EV läuft. Sollte ich wieder Pech haben, so reicht mir die Reichweite noch um den Wagen zurück zum Händler zu fahren.
Für mich persönlich stellt die Tatsache, dass der Soul EV an den weit verbreiteten Typ2 Säulen nur schnarchladen kann, den größten Patzer dar. Chademo Lader (die funktionieren) sind kaum vorhanden und mit 6,6kw kann ich nicht "mal schnell eben" nachtanken. Das ist für mich eine "Prozedur". Bei der Zoe bekomme ich an so einer Standard Typ 2 Säule in einer halben Stunde schon mächtig was geladen. Beim Soul EV geht da gefühlt so gut wie nix voran.
Vielleicht wäre das Problem geringer, wenn ich meinen Wagen über Nacht privat an die Dose hängen könnte. Aber das erlaubt man mir in der Tiefgarage nicht und daher bin ich zwingend auf die öffentlichen Ladepunkte angewiesen.
Ganz egal wie das Chademo Schnellladen morgen klappt. Der kleine Soul EV hat jetzt bei mir leider schon verloren.
Aus meiner Sicht ein schwerer Fehler von Kia, denn das hat das Auto nicht verdient. Sonst ist der kleine Koreaner nämlich ein schnuckeliger E-Flitzer und hinterläßt einen positiven Eindruck. Für mich ist aber das Lade-Design des Soul EV nicht alltagstauglich.
Auf der anderen Seite hatte ich im Vorfeld schon befürchtet, dass mir nach dem Soul EV Test die Zoe nicht mehr zusagen wird. Die Befürchtung war unbegründet. Auch etwas Positives
Letztendlich ist der Soul EV aber eine Chance Wert. Vielleicht passt er ja besser auf andere Profile als auf meins.