Hier mal aus einem aktuellen Brief an eine Nürnberger Stadratsfraktion:
Positionierung Elektromobilität/-Autos
... danke für die schnelle Antwort. Leider zeigen die Dokumente (u.a. hier), dass Ihr kaum eine Ahnung vom Potential der Elektroautos habt; wichtig scheint Euch aber zu sein, diese präventiv schlecht zu reden.
"Elektro-Pkw, die mit Kohlestrom betrieben werden, haben bei der Betrachtung der Gesamtkette einen höheren CO2-Ausstoß als sparsame Pkw mit Verbrennungsmotor."
1. haben wir in Deutschland derzeit 34% Ökostrom im Netz (das entspräche dem Strombedarf für 93 Millionen Elektroautos). Der Kohlestromanteil ist geringer. Da ist es schwierig, Elektro-Pkw "mit Kohlestrom zu betreiben". Solche "Argumente" solltet Ihr der Kohle-SPD überlassen, weil das deckt sich mit deren Ziel, die Energiewende zu sabotieren.
2. wird die angebliche "Sparsamkeit" von Pkw mit Verbrennungsmotor auf Prüfständen gemessen:
a) ist Euch bekannt, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte seit Beginn der CO2-Verordnung immer mehr steigen und nunher um 40% höher liegen?
b) ist Euch bekannt, dass die Verbrauchswerte noch höher wären, wenn die Abgasreinungssysteme nicht nur auf den Prüfständen, sondern auch im realen Betrieb aktiviert wären?
c) ist Euch bekannt, dass bei der "Sparsamkeit" von Pkw mit Verbrennungsmotor die Kraftstoffherstellung gar nicht eingeht, sondern nur ab Auspuff gemessen wird? Dass die von Jahr zu Jahr aufwändigere Förderung von Rohöl immer höhere Umweltbelastungen nach sich zieht? Dass alleine der Strombedarf der Raffinerien, auf den deutschen Kraftstoffanteil bezogen, für mehrere Millionen Elektroautos ausreichen würde?
Und aus der Stadtratsfraktion natürlich kein Wort zu den positiven Auswirkungen von Elektroautos in der Stadt durch reduzierten Lärm und durch niedrigere Luftschaftstoffe. Ist das mit der Euro-6 Abgasnorm als Heilsbringer zur Reduktion der überhöhten Stickoxidewerte im Stadtgebiet immer noch nicht ausgeträumt?
Und was wollt ihr mit den E-Rollern? Ich bitte Euch, das ist völlig lächerlich. E-Roller mit ausreichenden Reichweiten gibt es seit Anfang der 90er Jahre! Motorroller werden in Deutschland aber von Bevölkerungsschichten gefahren, die es billig, laut oder billig UND laut haben wollen. Das "bieten" E-Roller nicht.
An den acht Ladesäulen der N-ERGIE, die 2011 für Elektroroller aufgestellt wurden (und von denen derzeit "nur" drei defekt sind), ist fast nie ein E-Roller zu sehen (gleichzeitig finden bei dieser lächerlich kleinen Anzahl von nicht normgerechten Nürnberger Ladestationen die paar hundert Elektroautos aus Nürnberg und Umgebung oft keine Lademöglichkeit mehr).
Das mit den E-Rollern ist und bleibt (in Deutschland) ein winzige Nische, denn Bevölkerungsschichten, die die herkömmlichen stinkenden und lärmenden Drecksroller nicht benutzen würden, fahren hier bekannter Weise (seit Jahrzehnten) mit dem Fahrrad. Pedelecs werden den Nürnberger Fahrradanteil nicht wesentlich erhöhen - das wäre in Stuttgart vielleicht anders. Und macht Euch keine Illusionen: eine Erhöhung des Fahrradanteils geht immer mit einem geringerem ÖPNV-Anteil einher.
Nichts gegen Pedelecs - diese habe ich schon propagiert, als einige von Euch vermutlich noch in die Windel gesch. haben dürften. Aber das ändert alles so gut wir nichts am kaum reduzierbaren MIV-Anteil! Das habe ich in meiner letzten Email schon angesprochen.
Zurück zu den Elektroautos. Ihr habt offenbar auch die Energiewende nicht begriffen. Ist Euch bekannt, dass die Akkus der Elektroautos im "Second Life" zur Stützung der schwankenden Stromproduktion aus erneuerbaren Energien verwendet, und sämtliche Fahrzeugen jetzt schon je nach EE-Stromangebot gesteuert geladen werden können?
Und was soll das für eine Perspektive sein, bis 2050 vollständig auf Erneuerbare Energien umstellen zu wollen, aber im PKW-Sektor bis zu diesem Termin unverändert bei fossilen Energieträgern zu verharren?
Sollen dann vielleicht plötzlich 30-40 Millionen PKW über Nacht ersetzt werden? Bei den niedrigen "Zuwachsraten" bei den Zulassungsraten von Elektroautos (sie stellen derzeit 0,06% des PKW-Bestandes bzw. 25.000 Stück von den 44 Millionen Verbrenner-PKW) stehen wir im Jahr 2030 noch bei 97% Verbrenneranteil im PKW-Bestand, und diese Fahrzeuge werden dann noch bis zu 20 Jahre weiterfahren!
Mein Tipp: lasst Euch nicht nur von der Verbrennerlobby durch Herrn Lottsiepen des VCD informieren, sondern liest einfach mal meine Argumente (siehe auch hier) durch.