Ihr versteift euch vielleicht etwas zu sehr auf das Produkt "ZOE". Im Lastenheft von Renault stand sicher was anderes im Vordergrund, nämlich die Entwicklung und Produktion eines Elektroantriebs in Eigenregie, der sowohl beim laden und fahren effizient, dabei kompakt in den Abmessungen und bei entsprechenden Stückzahlen kostengünstig zu realisieren ist. Mit dem Ziel, dass man damit ein Produkt im Programm hat, mit dem man seine eigene Modellpalette als auch die anderer Hersteller
als Zulieferer versorgen kann.
Continental konnte oder wollte diese Anforderungen nicht erfüllen, möglicherweise waren die Beziehungen zwischen Renault und Continental auch nicht sehr harmonisch. Allein die Tatsache, dass bei einem Defekt am Antrieb dieser zu Continental eingeschickt werden musste, war Renault sicherlich ein Dorn im Auge. Nun haben sie selbst die volle Kontrolle, so wie sie es bei Verbrennerfahrzeugen schon immer gewohnt sind. Zudem hätte der Q210 aufgrund seiner Abmessungen in kaum ein anderes Fahrzeug gepasst, wobei man den natürlich entsprechend weiterentwickeln hätte können.
Nun aber hat Renault den Grundstein gelegt, damit ganz viele Fahrzeuge vom R240 profitieren, so wie anfangs eben ZOE, Kangoo und Smart, wobei die letztgenannten durch serienmäßige 22 kW Lademöglichkeit aufgewertet werden. Gerade beim Kangoo war der Wunsch dazu bei Interessenten und Besitzern gleichermaßen stark ausgeprägt. Nun ist es greifbar und wird sicher auf einer der nächsten namhaften Automessen präsentiert. Gleichzeitig sorgt eben die Ausstattung vieler verschiedener Fahrzeuge mit dem Einheitsprodukt R240 für eine ordentliche Auslastung der französischen Werke, was langfristig die Kosten massiv senken sollte. Unsere Wirtschaft ist eben auf Massenproduktion ausgerichtet.
Ihr seht, wenn man die Betrachtungsweise ändert, dann kommt hier demnächst ein echtes Highlight mit Zukunftspotential auf die Grundstücke der Händler angerollt. Während wir noch darüber diskutieren warum die 43 kW Lademöglichkeit entfallen ist, bedeutet der R240 für Renault den ernsthaften Einstieg in die Elektromobilität als Massenphänomen. Sie wird zur wirtschaftlichen "Normalität" - und genau da wollten wir doch hin. Und natürlich lässt sich jedes Fahrzeug beliebig mit CCS kombinieren, sofern der Hersteller das will. Dass jetzt vielleicht 1.000 potentielle Kunden keinen ZOE mehr kaufen werden, wird Renault sicher in die Überlegungen mit einbezogen haben. Aber dafür kommen langfristig viele 10.000 neue Kunden hinzu, deren Fahrzeuge mit Renault Power betrieben werden. Dafür muss nicht mal eine Rhombe am Auto zu sehen sein. Auch das ist in der Verbrennerwelt längst absolute Normalität.
Eventuell ist es nun etwas besser verständlich, warum man gerade die niedrigen Ladeleistungen optimiert hat, denn die spielen beim Thema Massentauglichkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Werfen wir doch einfach mal "Laternenladen" oder "PV Eigenverbrauchsoptimierung" in den Raum.
Davon abgesehen bleibt dennoch die Langstreckentauglichkeit grundsätzlich erhalten wie ich finde.
Q210: 150 km fahren, 30 Minuten laden
an 43 kW (80%), 120 km fahren -> 270 km mit 30 Minuten Ladepause
Q210: 150 km fahren, 60 Minuten laden
an 22 kW (80%), 120 km fahren -> 270 km mit 60 Minuten Ladepause
R240: 170 km fahren, 60 Minuten laden
an 22 kW (80%), 136 km fahren -> 306 km mit 60 Minuten Ladepause
Für mich persönlich ist das vernachlässigbar. Wer damit nicht leben kann muss halt sein Q210 Schätzchen gut pflegen.
Wenn man Renault überhaupt was vorwerfen will, dann ist es wieder mal die schlechte Informationspolitik bezüglich weiterer Verfügbarkeit des Continental Antriebs. Vielleicht gab es noch den ein oder anderen Interessenten, der sich den gern für sein Neufahrzeug bestellen wollte.