Ewig lange Motorhaube

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Re: Ewig lange Motorhaube

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electic going hat geschrieben: Ihr glaubt allen ernstes, dass die Leute solche Autos "schon immer" so wollten? Das ist ihnen doch durch die Autoindustrie, Werbung usw., anerzogen worden.
Ob da nun ein "Anerziehen" hintersteckt, kann man debattieren, aber ohne jeden Zweifel basiert unser Schönheitsempfinden auch auf bisherigem Autodesign. Das sind einfach unterbewusste Assoziationen. Führen wir seit Jahrzehnten Autos in Tropfenform, würden wir den i4 sicherlich als hässlich empfinden.

"Erziehen" tun die Kunden aber die jeweiligen Hersteller. Sie wollen, dass die Kunden eine bestimmte Designsprache mit der Marke verbinden, weil die Marke eine größere Bedeutung dafür hat, was als schön empfunden wird, als das eigentliche Design. Ich habe mal vor langer Zeit im Automobil-Marketing eines Autoherstellers gearbeitet, und da wurde eine Untersuchung gemacht, bei der Autodesigner verschiedene Autos entwarfen, die an kein Design einer bekannten Marke erinnern. Diese Designs wurden dann in verschiedenen Varianten gedruckt - eine ohne Logo, und diverse Varianten mit unterschiedlichen Logos darauf - Mercedes, Renault, VW, Ford, Toyota, usw. Es gab dann ein Set ganz ohne Logos und diverse Sets mit jeweils unterschiedlich verteilten Logos auf den Design. Dann wurden zahlreichen Testpersonen diese Designs gezeigt und sie bekamen die Aufgabe, nur das reine Design zu bewerten - es wurde explizit gesagt, dass sie das ohne Rücksicht auf die Marke tun sollen. Ergebnis: Es funktionierte nicht. Es gewannen IMMER die Designs mit den begehrten Marken wie Mercedes oder BMW, egal wie die Autos aussahen. Selbst die Designs, die im logofreien Test vorne lagen, landeten auf den hinteren Plätzen, sobald ein Logo von Renault, Ford oder Toyota darauf war. Quintessenz: Es ist nicht die eigentliche Form, die ein Auto begehrenswert macht, sondern was wir damit unterbewusst an Eigenschaften verknüpfen.

Ich bin zum Beispiel gespannt, ob das mit den Breitreifen einmal kippen könnte. Jahrzehntelang wollten die Leute immer möglichst breite Reifen. Das stand für Sportlichkeit und Luxus. Es ging mir nicht anders.

Beim Anblick eines i3 oder eines Lightyear bemerke ich mittlerweile, dass ich - völlig unbewusst - anders zu empfinden beginne. Große, schmale Räder, das assoziiere ich nun mit Effizienz und Modernität, Breitreifen sind irgendwie ein Relikt aus dem Fossilzeitalter für Petrolheads.
„Gasoline? It's a liquid fuel that was used centuries ago on Earth. They burned it to drive internal combustion engines.“ (Raumschiff Voyager, Staffel 2, Folge 1, 1995)
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Re: Ewig lange Motorhaube

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A.Q. hat geschrieben: Dann hätte es ja beim ID.4 GTX oder Enyaq RS keine 180 km/h geben dürfen. Und der Überhang eines VW Polo zum Beispiel ist noch kürzer, auch ohne Tempolimit.

Crashtests werden bei diesen Geschwindigkeiten sowieso nicht gemacht. Wer so schnell fährt, geht immer ein erhöhtes Risiko ein.
Ja, Crashtests werden bei 160 oder 180 nicht mehr gemacht, wohl aber machen Hersteller eigene Crashuntersuchungen. So allgemein argumentiert ist es nahezu unmöglich auf explizite Autotypen einzugehen, die unterschiedlichste Entwicklungszeitpunkte hatten und ohne dabei gewesen zu sein.

Mercedes oder Volvo wären zwei davon, die hier in der Branche noch ne Schippe drauflegen. Da der Kern um VAG ein Pfennigfuchserverein ist, kann ich mir vorstellen (ohne es zu wissen), dass hier eher der Aufwand nicht in der gleichen Tiefe betrieben wird (was nicht bedeutet, unsichere Autos zu bauen).

Nach EURO-NCAP sind alle soweit gemäß des Prüfzyklus gut.

Eine lange Nase bedeutet auch mehr Masse, das bedeutet mehr Materialeinsatz, das wiederum bedeutet höhere Kosten, das wiederum einen höheren Kundenpreis oder geringere Marge. Als Daumenregel: Im Verhältnis zur Produktionsanlage sind 98% der Kosten auf das durchlaufende Material umzulegen, nur etwa 2% fallen auf die Maschinen (Pressen, Schweißrobotter, etc.) an.

Auch ein Grund warum kleine PKW günstiger sind, aber ebenfalls unaerodynamischer oder ein "schlechteres" Crashverhalten haben.

Wie bereits gesagt, in der Konstruktion ist es ein immerwährender Zielkonflikt aus vielen unterschiedlichen Einflussfaktoren, die sich nicht mit einfachen Erklärungen zusammenfassen ließen.

Aber im Kern geht's darum, Geld zu verdienen, mit den Attributen, die das Auto ausmachen und Käufer binden, daher fand ich den Satz von @Monkeyhead recht gut, dass man sich eher die Gegenfrage stellen sollte "Was wäre mit BMW, wenn sie einen weiteren i3 gebaut hätten?".
Ich mag das Auto (i3 / auch den A2) aber einen BMW fahre ich deswegen nicht.
Der Widerwille jemandem zuzuhören, beruht auf der Angst, die eigene Meinung zu ändern.
(c) Carl Rogers

Re: Ewig lange Motorhaube

gekfsns
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Lange Motorhaube nur wegen dem Design, ich dachte auch dass der Wegfall von Kühlergrill nicht einfach wird. BMW z.B fällt momentan auch nichts besseres ein als den Monstergrill von den Verbrennern auf die EVs zu pappen und dir peinliche Fußmatten an der Haube dann Sensorfläche zu nennen :lol:Und dann sehe ich das schicke Design vom Nio ET5 und denke mir "da schau Mal einer an, es geht tatsächlich hübsch trotz fehlendem Kühlergrill". Ich glaub dass auch eine moderne Karosserieform mit kurzer Haube (oder sogar ganz ohne Haube) eher von den Start-ups als von BMW kommen wird.

Re: Ewig lange Motorhaube

Jupp78
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Der Nio ET5 hat aber auch eine ganz ordentliche Haube. Und natürlich hat er auch einen Kühlergrill. Aber dieser wird eher versteckt und wenig als Designelement genutzt. Offensiv gezeichnete Kühlergrills sind tatsächlich Designelement und technisch nicht notwendig. Auch nicht beim Verbrenner. Schau dir mal einen VW Up an. Das sage ich auch explizit. Bei der Haube bleibe ich dabei, dass man diese im gewissen Umfang auch für eine gute Aeronamik braucht. Und gar keine Haube ... wie stellst du dir das vor? Ich stelle mir da das Modell Schrankwand vor.

Re: Ewig lange Motorhaube

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Recht lustig zu behaupten die Autoindustrie würde die Kunden erziehen. Die Hersteller stehen in erheblichem Konkurrenzdruck, die Aktionäre wollen Dividenden, der Fiskus seine Steuern und die Gewerkschaft mehr Geld für weniger Arbeit. Wenn man also Millionen Euro in die Hand nimmt ein Auto entwickelt und so optimiert, das es bei der Marktforschung nicht Durchfällt, muß die Dinger danach in möglichst großer Stückzahl bauen und verkaufen. Das es nicht immer so läuft wie gewünscht, sieht man am Fiat multipla und anderen Designfails. Auch Professor Schuh konnte optisch bis heute immer wieder tief in die warme weiche braune Masse greifen.
Wer es nicht glaubt, kann sich ja mal die Listen von gekauften oder gewünschten Fahrzeugen ansehen. Der erste Kleinwagen taucht auf Platz 20 auf.
Die Leute lieben SUVs weil es bequem beim Einsteigen ist, und weil einige gern die Nachbarn oder andere Menschen beeindrucken wollen. Der Energieverbrauch ist oft eher nebensächlich oder wird erst klar wenn das Auto gekauft ist.
Mir ist es auch nicht immer so wichtig, ob ich im E-UP mit 11kWh auf 100km oder im E-Expert mit 40kWh auf der BAB unterwegs bin, weil ich in meiner Arbeitszeit beim Kunden in einer Stunde über 100€ bekomme kann ich nie so viel Geld mit Energikosten verbrennen wie am Tag in meiner Arbeitszeit mit trödeln verbrenne, wenn ich langsam und sparsam unterwegs bin. Daher ist der Kompromiss bei mir immer im Portemonait zu spüren.

MfG
Michael
Kangoo ZE maxi 130.000km, Kangoo ZE 102.000km, E-UP 27.500km, C180TD 48.000km , max G30d 1100km, Sunlight Caravan, Humbauer 1300kg, E-Expert 75kWh 43.000km, Prophete Pedelek 560km, Zündapp Pedelec 80km, F20D 60km

Re: Ewig lange Motorhaube

Jupp78
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@ Michael
Richtig guter Beitrag! Die Bubble hier tickt einfach anders, als der Gesamtmarkt es tut und auch, als nach logischen Dingen es manchmal Menschen wie Professor Schuh oder der Dudendödel es versuchen. Das läuft nicht so. Die Hersteller haben da die einfach besseren Leute.

Ich lege wert darauf, dass meine Fahrzeuge weniger als 1,50m hoch sind, weil in der Tiefgarage einer von zwei Parkplätzen als Maximum 1,50m Höhe hat. Meine Nachbarn ... gleiche Nummer, zwei Suffs. Der eine Parkplatz chronisch unbenutzt. Aber sie lieben ihre SUVs ganz offensichtlich und sind bereit alle möglichen Opfer dafür zu bringen und immer für min. ein Fahrzeug sich draußen einen Laternenparkplatz zu suchen (würde mir im Leben nicht einfallen).

Re: Ewig lange Motorhaube

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Michael_Ohl hat geschrieben: Recht lustig zu behaupten die Autoindustrie würde die Kunden erziehen.
Du willst aber doch nicht abstreiten, dass die Hersteller erhebliche Summen investieren, bei den Kunden über das Design ein Markenimage zu festigen und entsprechende emotionale Bindungen aufzubauen. Der Aufbau einer modellübergreifenden markentypischen Designsprache ist heutzutage die oberste Maxime beim Autodesign. Und das verändert gezielt die Wahrnehmung der Kunden.
Ob du es nun "erziehen" nennen willst oder nicht, ist Geschmackssache und Wortklauberei.
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Re: Ewig lange Motorhaube

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Wenn du willst das die Kinder genug essen, kannst du auch immer mehr Zucker in das Essen mischen. Wichtig ist nur, das Glücksgefühl beim Kauf zu steigern. Natürlich kann man das auch noch verbessern, wenn man mehrere Produkte anbietet, die aufeinander Abgestimmt das Glücksgefühl übernehmen können, also der Zweitwagen durch seine Optik die Glücksgefühle des großen und teuren Erstkauf aus der Vergangenheit noch einmal aufleben lassen.
Aber wie beim Essen für Kinder: Zucker wirkt immer. Dazu braucht es wenig Experten. Nachhaltig ist etwas anderes.

Die Frage die ich mich dazu stelle ist was auf dem Gebraucht Wagen Markt passiert. Weil wenn der Kunde der Preis-sensibel kauft, also Gebrauchtwagen, diese SUV nicht will? Was passiert wenn die Erstkäufer (Firmenwagen?) keine Notwendigkeit haben auf die Folgekosten zu blicken, weil die das schlicht nicht zahlen müssen und der Gebrauchtwagenmarkt dann andere Fahrzeuge fordert?

In den 80ern war es doch schon mal so, dass die großen dicken Fahrzeuge (Audi 200, 7er BMW...) sehr günstig am Gebrauchtwagen Markt erhältlich waren, aber dann nur von "Halbstarken" gekauft wurden. Was passiert also, wenn wegen der Energiekrise der Restwert der SUV nach 3 - 6 Jahren genauso wie damals in den Keller fällt? Wie hoch müssen dann die Leasingraten werden um den Verlust von den Leasingfirmen fern zu halten, und wird dann nicht eine Kaufpreis Obergrenze
sondern eine Leasingraten Obergrenze für Dienstwagen kommen?
ZOE Live Q210 6/2013 * AHK legal Typisiert 18.07.2017 * 40kWh Batterie 12.03.2019
Aktuell: 150.000 km

Niemand ist bei mir auf der Ignor-Liste!

Re: Ewig lange Motorhaube

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AbRiNgOi hat geschrieben: Die Frage die ich mich dazu stelle ist was auf dem Gebraucht Wagen Markt passiert. Weil wenn der Kunde der Preis-sensibel kauft, also Gebrauchtwagen, diese SUV nicht will? Was passiert wenn die Erstkäufer (Firmenwagen?) keine Notwendigkeit haben auf die Folgekosten zu blicken, weil die das schlicht nicht zahlen müssen und der Gebrauchtwagenmarkt dann andere Fahrzeuge fordert?
Das gleicht sich langfristig aus, weil es die Wiederverkaufspreise drückt, und damit auch auf das Neuwagengeschäft wirkt. Bei Firmenwagen/Leasing erhöht es die Leasingfaktoren, bei Kauffahrzeugen reduziert es Neuwagenkäufe, weil die Bestandskunden den hohen Wertverlust nicht tragen wollen und ihr Auto lieber behalten als ein neues zu kaufen. Nur bei kurzfristigen Änderungen der Kundenpräferenz kommt es zu Verwerfungen, weil es immer einen Zeitverzug von einigen Jahren gibt.
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Re: Ewig lange Motorhaube

electic going
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Michael_Ohl hat geschrieben: Recht lustig zu behaupten die Autoindustrie würde die Kunden erziehen. Die Hersteller stehen in erheblichem Konkurrenzdruck,
Du hast noch nie für einen Autobauer gearbeitet, oder? Der Druck ist wohl weitaus geringer, als du glaubst. Wie sonst lassen sich große Forschungsbereiche erklären, die am Ende aber wenig für den Markt erforschen? Und wenn doch mal etwas dabei raus fällt, wird es von einem Zulieferer richtig gelöst. Ja, dort landet dann allerdings in der Tat der Druck.

Und diese Erziehung - nennen wir sie eben subtile Wunschinjektion - findet mit jeder Werbung statt. Da wird doch kein Fahrzeug beworben, sondern eine Emotion. Auf leeren Straßen. Ein iX1, für den die Straße geöffnet wird um unter den Menschen weg zu fahren, Brücken ganz alleine für ihn über einen Fluss. Würden die Autobauer sich da an praktischer Realität orientieren, würden sie Werbung von kleinen wenigen Flitzern im Stadtgetümmel mache. Das ist keine Beeinflussung des Kaufwunsches?

Und ohne diese Erziehung hätten wir in Europa keine großen geländewagenartigen Gebilde sondern hätten weiter die hier sehr erfolgreichen und beliebten Modelle. U.a. den Kombi, der aber gerade aus stirbt, weil die Leute SUVs als Nachfolger gelehrt bekommen. Das nennt du nicht Erziehung? Oder wenn hier geschrieben wird, dass die Fahrzeugproportionen eben diese bestimmten Teilegrößen benötigen. Müssen sie das, damit das Auto fährt oder weil es so der Kunde gewohnt ist? Weil es ihm über Jahr so gezeigt wurde.

Amerikaner finden die europäischen LKW auch seltsam. Warum nur?
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