Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

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Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Casamatteo
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relook hat geschrieben: Nach einer Anfrage an den Deutschen Bundestag vor ca. 20 Jahren, welchen Wirkungsgrad Raffinerien haben, kam nach mehreren Wochen ein Einzeiler, das ist nicht von öffentlichem Interesse.
Dann kannst du uns diese Antwort sicher zeigen, hier: https://www.bundestag.de/services/suche ... rkungsgrad
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Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

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Ich sehe zur Beantwortung der Frage des Threaderstellers ein Zitat von Joda hier als zielführender an als das Selbstzitat von Duke711, das doch mehr Fragen aufgeworfen hat als Antworten zu liefern:
JoDa hat geschrieben: "You have enough electricity to power all the cars in the country if you stop refining gasoline“
Elon Musk 2011
[1]
D.h. Elektroautos benötigen zum Laden keine zusätzliche elektrische Energie. Da diese elektrische Energie nicht mehr von den Raffinerien zur Erzeugung von Benzin benötigt wird.
Seit dieser Falschaussage von Elon Musk werden immer wieder ähnliche falsche Behauptungen von Elektroautofans aufgestellt. Ich glaube es ist nicht notwendig zu Lügen, um die Vorteile des Elektroautos gegenüber den Verbrennern zu erkennen. Im Gegenteil, durch solche offensichtliche Lügen machen sich die Anhänger des Elektroautos nur unglaubwürdig. Daher ist es notwendig diese Aussagen Richtig zu stellen.

Ein Durchschnittsauto hat einen Verbrauch von ca. 7 Liter pro 100km (Benziner) bzw. 18 kWh pro 100km (E-Auto gleicher Baugröße und gleicher Fahrweise wie Benziner inkl. 10% Ladeverluste) [2]. Damit die Aussage von Elon Musk stimmt müssten zur Erzeugung von 1 Liter Benzin mindestens 18kWh/7 = 2,5 kWh an elektrischer Energie aufgewendet werden. Oder einfacher gesagt ca. 30% vom Heizwert von Benzin (=8,4 kWh/l).
D.h.: Ein Elektroauto braucht zum Antrieb nur ca. 30% der Energie eines Benziners, da Verbrennerautos den Großteil der benötigten Wärmeenergie wieder an die Umwelt abgeben. Ein Verbrennerauto ist also physikalisch gesehen eine fahrende Heizung. :-)

Wie viel zusätzliche elektrische Energie wird bei der Produktion von Benzin nun wirklich benötigt?
Der Energiebedarf einer Raffinerie wird zum größten Teil aus Rohöl oder zugekauftem billigen Erdgas gedeckt! Elektrische Energie welche in der Raffinerie selbst aus Abwärme erzeugt wird, darf nicht berücksichtigt werden, da ohne Raffinerie diese Elektrische Energie nicht erzeugt würde.
Die Daten für den elektrischen Energiebedarf der Raffinerien eines Landes sind nicht ganz einfach zu finden. Für die meisten europäischen Länder findet man die Daten bei EUROSTAT [3]. Statistical Review of World Energy von BP [4] liefert den jährlichen Raffineriedurchsatz an Erdöl eines Landes. Damit kann man für ein Land den elektrischen Energiebedarf der Raffinerien pro Liter Benzin abschätzen wenn man annimmt, dass für jedes Endprodukt (Flüssiggas bis Heizöl) die selbe Energiemenge pro Kilogramm aufgewendet wird. Typischerweise erhält man dann ca. 0,04 kWh pro Liter Benzin. Oder einfacher formuliert 0,5% vom Heizwert von Benzin (=8,4 kWh/l) .
Wenn man sich die gesamte Kette well-to-tank (vom Bohrloch bis zur Tankstelle) ansieht so benötigen nach den Raffinerien die Pumpen für die Ölpipelines am meisten elektrische Energie. Die Effizienz von Ölpiplines (=Pumpenergie : transportierte Energie) ist jedoch > 99,9% [5]. Also ist die Elektrische Pumpenergie < 0,1% des Heizwertes von Benzin.
Der von Elon Musk angenommene zusätzliche elektrische Energiebedarf für die Herstellung von Benzin ist um einen Faktor 50 (=30% : 0,6%) zu hoch!

Wie viel Energie wird zur Produktion von Benzin nun wirklich benötigt?
Die Aussage von Elon Musk geht von Daten von Jake Wand einem Mitarbeiter des Department of Energy DoE aus dem Jahr 2008 [6] aus. Raffinerien in den USA hatten demnach einen Energiebedarf von ca. 6kWh pro amerikanische Gallone = ca. 1,6 kWh pro Liter = knapp 20% vom Heizwert von Benzin. Elon hat offensichtlich geglaubt es handelt sich dabei um den elektrischem Energiebedarf, stattdessen handelte es sich um den Gesamtenergiebedarf.
Für Raffinerien in Deutschland liefert einer Studie der Deutschen Energie Agentur DENA aus dem Jahre 2011 nur ca. die Hälfte des von der DoE angegebenen Gesamtenergiebedarfs pro Liter Benzin. [7]
Aktuellere Daten von einzelnen deutschen Raffinerien findet man in deren Umwelterklärungen, jedoch nicht aufgeschlüsselt auf die einzelnen Produkte. Z.B.: Raffinerie Ingolstadt 2017 [8]: Gesamtenergieverbrauch pro Tonne Rohöl = 0,718MWh/toe (1toe = 11,63MWh) = 0,062 = 6%
Der Energiebedarf vom Bohrloch bis zum Tank (=well to tank), inklusive Energiebedarf für den Bau und die Instandhaltung der Infrastruktur, wird statistisch nicht erfasst. Auf Wikipedia [9] wird nur mehr eine Studie für die Schweiz genannt welche im Auftrag der Stadt Zürich im Jahr 2008 einen Primärenergiefaktor von Benzin von 1,29 berechnete. Also 29% von 8,4kWh/l = 2,4kWh/l. (Mittlerweile ist auch diese Studie nicht mehr allgemein zugänglich.)
Die CO2-Emissionen werden jedoch von den Umweltbundesämtern berechnet. Und da der Energiebedarf der Vorkette fast ausschließlich durch Verbrennung von Erdöl und Erdölprodukten gedeckt wird, schätze ich den Anteil der Vorkette beim Energieaufwand gleich hoch, wie der Anteil der CO2-Emissionen.
Lt. CO2-Rechner des österreichischen Umweltbundesamtes [10] gilt derzeit (Werte werden ca. jedes Jahr aktualisiert) für 1 Liter Benzin in Österreich:
Emissionen direkt : Emission indirekt = 0,602 kgCO2equ : 2,144 kgCO2equ = 0,281 = 28%
Also nahezu das gleiche Ergebnis wie bei der Studie für die Schweiz.

Quellennachweis:
[1] http://www.businessinsider.com/elon-mus ... 11-10?IR=T
[2] https://www.spritmonitor.de/de/suche.html
[3] http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui ... 5a&lang=de
Bei "Energieindikator" die „+“ Schaltfläche drücken und „Verbrauch in Raffinerien“ auswählen.
Bei „Maßeinheiten“ Gigawattstunden auswählen.
[4] http://www.bp.com/en/global/corporate/e ... nergy.html
Unter dem obigen Link als PDF oder xlsx downzuladen. Unterpunkt „Oil –Refinery throughput“ auswählen.
[5] viewtopic.php?f=45&t=24455&start=340#p1025377
[6] https://evmc2.wordpress.com/2014/08/28/ ... as-energy/
[7] https://www.mwv.de/wp-content/uploads/2 ... x_2011.pdf
Siehe Abbildung 11: 8,7% von 8,4kWh/l . (240/210) =0,84kWh/l
[8] https://gunvor-raffinerie-ingolstadt.de ... VTcubTDMUG
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Well-to-Tank
[10] http://www5.umweltbundesamt.at/emas/co2mon/co2mon.html
Grüazi, MaXx
#2307 - Mit koordiniertem, gemeinsamen Laden die Strompreise reduzieren und die Welt retten ;-)

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Duke711
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Wobei aber die Aussage von @JoDa über den Äuqivalenten Emissionfaktor auf den Wirkungsgrad und somit Energiebedarf zu schließen absolut physikalischer Nonsens ist. Ein Auto mit Verbrenner und 100% Wirkungsgrad verursacht trotzdem CO2 Emissionen.

Die Zitat :

" Raffinerie Ingolstadt 2017 [8]: Gesamtenergieverbrauch pro Tonne Rohöl = 0,718MWh/toe (1toe = 11,63MWh) = 0,062 = 6%"

Entsprechen der genannten Zahl von 0,5 - 1 kWh für einen Liter Diesel.

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

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Auch der "fremd" zugeführte Bedarf an Heizenergie ist natürlich anzurechnen, hätte ja ohne die Raffinerie auch in Oma ihre klein' Häuschen gehen können. Und wenn weniger Kraftstoff benötigt würde, müsste weniger raffiniert werden => auch dieser Bedarf ginge zurück.
Gruß
Werner
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Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Duke711
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Das einzige schlechte an einer Raffinerie sind die CO2 Emissionen, ansonsten spielt es keine Rolle ob man nun die Schwerölrückstände auf den Müll entsorgt oder damit die Raffinierie antreibt, denn Strom braucht diese keinen bzw. unbedeutend im Promille-Bereich.
Aber über die Gasheizungen macht sich auch keiner Gedanken, von daher...

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

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Doch, ich zum Beispiel habe meine deswegen durch eine Wärmepumpe ersetzt :D
Gruß
Werner
Peugeot iOn Produktionsdatum 09/15 seit 01/16
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Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Tom7
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Immer wieder das gleiche Ergebnis. Die Raffinierie liegt bei 5-10%, der Rest von der Quelle bis in den Tank in ähnlicher Höhe, so dass gute 15% bei rum kommen im Mittel. Dabei sind es im Wesentlichen die minderwertigsten Energien (Schweröl, Schwerölrückstände und nicht die höchstwertige Energie Strom). Und natürlich gibt es mehr als genug seriöse Studien dazu und alle sind in diesem Bereich. Diese alle in Abrede zu stellen, hat einen Charakter von Verschwörungstheoretikern.
Das E-Auto steht und fällt mit der Stromerzeugung. Auch wenn gerne behauptet, fossile Stromerzeugung ist kontraproduktiv. Ein positiver Effekt stellt sich ausschließlich über Erneuerbare und Atom ein. Und da sind wir bereits auf der positiven Seite gegenüber dem Verbrenner, aber ganz ganz weit von der Null, also der Klimaneutralität.

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Meinereiner
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Die alte Behauptung, E-Autos würden sich nicht lohnen. Falsch war sie immer.

Selbst wenn man Benzin in Kraftwerken verbrennt, damit E-Autos lädt und herumfährt spart man immer noch Energie ein. Weil man ein E-Auto mit 15kWh durch die Gegend färht, ein Benziner oder Diesel aber 60kWh benötigt (Heizwert Benzin: 12kWh/l, 5l Verbrauch). Ein (schlechtes) Kraftwerk macht aber aus 5l Benzin 24kWh Strom.
Man kann jetzt behaupten "Aaaaaber so ein fetter Audi braucht mehr..". Ja schon, aber ein vergleichbarer Verbrenner auch.

Jetzt wird aber Strom nicht aus raffinierten Treibstoffen hergestellt (die auch erst produziert werden müssen, mit Verlusten...), sondern teils aus Erneuerbarn und Kohle, die größtenteils aus heimischer Förderung stammt (Braunkohle) und weder weit transportiert, noch raffiniert werden muss.

Selbiges gilt für Wärmepumpenheizungen. Bei einer Arbeitszahl von >2 ist es bereits heute effizienter, das Gas in Gaskraftwerken zu verbrennen und elektrisch zu heizen, weil GUD-Kraftwerke Wirkungsgrade im Bereich 60% haben. Jetzt haben wir aber nicht Strom aus 100% Gas, sondern einen Teil Erneuerbare, und eine Arbeitszahl von 2 ist unterirdisch.

Beides, also Wärmepumpe und E-Auto haben aber noch einen Vorteil: Man kann sie aus vielen Quellen speisen. Angefangen von Wasserkraft, über Windenergie, PV, Kalorische Kraftwerke, Kernenergie. Diesel und Gasheizung hängen zu 100% am Tropf blutiger Diktaturen. Inzwischen sollte klar sein, was das heißt.

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

electrostatic
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Hi, vielen Dank erstmal für die Antworten. Okay, scheint wohl alles nicht so einfach zu sein, wenn es sogar einen 60-seitigen Thread dazu gibt und hitzige Gemüter ;)

Vielleicht erkläre ich mal, wie ich auf die Frage gekommen bin und spezifiziere die Frage nochmal etwas genauer.

Im Grunde hat alles angefangen mit diesem Video hier, das ich schon vor über 1 Jahr gesehen habe (bestimmt kennen es einige von euch - richtig los geht es ab 2:08):
https://www.youtube.com/watch?v=Mm6n9FUm5f8

Dort wird im Grunde ausgesagt, dass die Förderung von Rohöl, der Transport zur Raffinerie, die dortige Raffination, der Transport zur Tankstelle usw. eine große Menge an Strom bzw. Energie benötigt. Und dass man mit dieser Energie doch auch direkt das (E-)Auto laden und fahren könnte.

Soweit so einleuchtend. Nun wird damit aber natürlich unterschwellig das Bild vermittelt, dass, wenn wir irgendwann alle elektrisch fahren, dieser Ölkreislauf nicht mehr nötig ist (okay, ist kein Kreislauf, aber mir ist gerade kein besseres Wort eingefallen). Bzw. dass dieser immer mehr reduziert wird, je mehr elektrische Autos unterwegs sind. Und gerade wenn die Frage aufkommt, "wo soll denn der ganze Strom für die vielen E-Autos herkommen", dann wäre es naheliegend, so zu argumentieren, dass man den Strom bzw. die Energie ja an dieser Stelle einsparen könnte.

Wenn nun dieser ganze "Ölkreislauf" (oder nennen wir es vielleicht Ölverarbeitungskette) wirklich nur für Treibstoff da wäre, dann wäre das in der Tat richtig. Da man aber wie gesagt auch andere Produkte aus dem Öl gewinnt, ist es eben fraglich, ob bzw. inwiefern diese Kette überhaupt jemals reduziert wird.

Re: Frage zur Öl-Raffination vs. Stromverbrauch

Meinereiner
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Das mit den "anderen Produkten" wird durchaus noch spannend. Das wird Interessant, weil erstens die Mengen stark fallen, und zweitens eine Raffinierie die verschiedenen Fraktionen (Benzin, Diesel, Kerosin...) nicht in beliebigen Zusammensetzungen einstellen kann.

Ich gehe davon aus, dass die Industrie Wege finden wird, der Mineralölwirtschaft dürfte das Problem durchaus klar sein, und die Firmen werden Wege finden, weiter Profite zu machen. Und Öl wird auch weiter verwendet werden, aber weniger.

Eines darf man aber nicht vergessen: Es ist nicht so, dass der Treibstoffbedarf einfach von heute auf morgen auf 0 fällt, sondern das wird ein langsamer Abfall über Jahrzehnte. Selbst wenn ab Stichtag heute 100% E-Autos gekauft sind, dauert es über 10 Jahre, bis ein Großteil der Verbrenner verschwunden ist, und dann reden wir hier nur von Autos. Es gibt ja noch Baumaschienen, LKW, Schiffe, und sonstige Dinge wo die Elektrifizierung erst noch kommen wird. Und nicht alle Länder sind gleichauf bei der Elektrifizierung. Da ist genug Zeit für Veränderungen.

Für viele Dinge (wie einige Kunststoffe) kann andere Quellen benutzen, wie Methan*1). Also geht auch Biogas oder Methan aus Power to Gas. Es ist energetisch nicht sinnvoll, Benzin aus Strom zu produzieren, aber für Kunststoffe, Schmierstoffe und so weiter sind die Mengen sehr viel niedriger, da kann es langfristig eine Alternative sein.

*1) Beispiel:
https://www.chemietechnik.de/markt/ethy ... -sein.html
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