Wer ist schuld

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Wer ist schuld

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  • Wiese
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Hallo Leute

die wohl wichtigste Frage in stürmischen Zeiten.
Ich habe es auf Ecomento tv schon mal angedeutet, und möchte hier mal meine Lösungen zum Dieselskandal zur Diskussion stellen.
Alle schimpfen über die Betrügereien der Autoindustrie, aber ich halte das für ungerechtfertigt. Was hat die Autoindustrie getan? Sie haben, und das ist der eigentliche Skandal, Behörden und Politiker davon überzeugt, dass sie auf sich selbst aufpassen können. Sie haben Politikern Abgaswerte vorgeschlagen, die der Öffentlichkeit genügen, und gleichzeitig Prüfverfahren entwickelt, die den Behörden genügen. Es wurden Gesetze erlassen, die explizid verlangen, dass Fahrzeuge auf einem Prüfstand geprüft werden, und wenn sie auf dem Prüfstand die Abgasvorschriften einhalten erhalten sie eine Typgenehmigung. Mit dieser Genehmigung dürfen die Fahrzeuge für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen werden. Meinse bescheidenen Wissens nach gibt es keine Vorschrift, in der drin steht, dass die Abgaswerte im alltäglichen Einsatz auf der Straße eingehalten werden müssen. Diese Vorschrift gibt es nur für LKW, und da funktioniert die Abgasreinigung.

Die Autoindustrie hat also nichts falsch gemacht! Die Amerkikaner mögen das anderst sehen, aber gegen unsere Gesetze haben sie nicht verstoßen. Die Autobosse, wie man so schön sagt, haben die Gewinne maximiert, und das ist in der kapitalistischen Gesellschaft in der wir leben legitim.

Schuld an den erhöhten Schadstoffbelastungen in unseren Städten sind also ganz klar Behörden und Politiker. Sie haben unzureichende Gesetze erlassen und diese unzureichend umgesetzt.

Schuld an den Abgasen in den Städten sind aber nicht die Hersteller oder die Behörden, denn sie fahren ja nicht mit den Fahrzeugen. Fahren tun die Bürger! Würden die Autobesitzen ihr Auto nur auf einem Prüfstand benutzen und genau so "fahren" wie es das Prüfprotokoll vorsieht, hätten wir kein Angasproblem. Für die Fahrt zur Arbeit gibt es ja auch Bus und Bahn.

Vergleichbar ist dies mit der Waffenindustrie. Wer seine Waffe nur auf dem Schießstand benutzt, so wie es eigentlich sein sollte, wird auch niemanden erschießen. Dass es Menschen gibt, die mit vorgehaltener Waffe einen Schnapsladen überfallen oder die Schwiegermutter erschießen, liegt ja nicht daran, dass es Waffen gibt, sondern daran, dass sie falsch und unzulässig eingesetzt werden.

Leider ist es aber mit den Autos so ähnlich wie mit den Waffen. In Amerika darf man in der Öffentlichkeit eine Waffe tragen, sofern man dazu berechtigt ist, und in Deutschland darf man auf öffentlichen Straßen Dieselautos fahren sofern man einen Führerschein hat. In beiden Fällen sind also die Behörden schuld daran, dass Menschen durch Kugeln oder Abgase sterben, denn sie erlauben den Umgang mit dem gefährlichen Gerät.

Meine Fazit:
Die Behörden müssen das Fahren mit Fahrzeugen, die Abgase ausstoßen, die die Gesundheit der Bürger gefährdet verbieten. Sie müssen den Besitzern der Fahrzeuge, die diese in gutem Glauben gekauft haben, eine Entschädigung zahlen, die diese befähigt ein Fahrzeug anzuschaffen, mit dem sie am öffentlichen Straßenverkehr uneingeschränkt teilnehmen können. Zu guter Letzt müssen die Politiker Gesetze erlassen die sicher stellen, dass Fahrzeuge aller Art nicht die Gesundheit von Menschen schädigen, und die Behörden müssen die Herstellung der Fahrzeuge überwachen.

Alles ganz einfach oder?
Umweltrelevantes: ab 2007 5,76 kWp PV, ab 2008 Naturstromkunde, ab 2009 20m² Thermie, ab 3. Dez. 19 Ioniq FL Style in blau
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Re: Wer ist schuld

Schüddi
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Und was für Fahrzeuge sollen das bitte sein, die nicht die Gesundheit von Menschen schädigen?

Re: Wer ist schuld

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  • paulektro
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Hmm,

ich finde, es ist in diesem Wirrwarr sehr schwierig, jenseits von Stammtischparolen, einen Schuldigen (was bedeutet das überhaupt?) zu benennen.

Du beschreibst die Ausgangslage für das Problem sehr gut. Man kann es nur als eine unschöne verquickung von Politik und Autoherstellern bezeichnen, von der jahrelang alle, inklusive der Autofahrer, gut profitiert haben. Das ging natürlich zu Lasten der gesundheitlich schwächeren Menschen in stark belasteten Innenstädten.

Dein Fazit teile ich aber nicht unbedingt. Ich finde, bei dir kommen die Hersteller und Autofahrer zu gut davon. Lass mich meine Sichtweise erklären:

Rechtlich pflichte ich dir bei. Bis auf wenige Ausnahmen, haben sich die Autohersteller in Europa wohl an geltendes Gesetz gehalten. Dies geschah in einer kuscheligen rechtlichen Grauzohne, die beispielsweise als "Thermofenster" daher kommt. Meines Wissens nach ist nicht mal die Prüfstandserkennung, anders als in den USA, hier per se verboten. Deswegen wird es auch sehr schwer sein, gerichtlich Ansprüche gegen die Autohersteller durchzusetzen.

Dass dies so kommen konnte, liegt natürlich in der Verantwortung der Politik. Nun sind aber Politiker, auch wenn sie einem so gerne gescholtenem Berufsstand angehören, nicht die perfekten Übermenschen, für die wir sie gerne halten (um ihnen dann reine Verderbtheit wegen ihren schlechten Entscheidungen zu unterstellen). Es gibt seit Jahrzehnten einen enormen Lobbydruck von der Autoindustrie, aber auch von Umwelt- und Verbraucherschützern. Dieser trifft auf oft wechselnde Politiker, die also an Erfahrung, Expertise und teilweise Ressourcen nicht mit den Lobbyisten mithalten können. Daher entstehen Gesetze niemals ohne Einfluss verschiedener "Stakeholder", den sie über die Lobbyisten ausüben. Das ist übrigens gar nicht so verwerflich wie es jetzt vielleicht klingt, sondern ein normaler Teil unserer pluralistischen Demokratie. Der Prozess müsste nur deutlich transparenter sein.

Wer ist jetzt also schuld?
Rechtlich: Sicher die Politiker, die am Ende die schlechten Gesetze unterschrieben haben.
Moralisch: Bestimmt am ehesten die Autohersteller, die völlig bewusst alle Grenzwerte in der Realität missachten und sich die Rechtliche Situation mit allen Schlupflöchern über Jahre mit enormem Aufwand so hingebastelt haben.
Verantwortlich: Neben den anderen Parteien möchte ich auch noch den Autokäufer mit anschwärzen. Es ist leicht, sich darauf zu berufen, dass wir effektiv belogen wurden. Aber es gab ja durchaus zu jeder Zeit Studien und Anzeichen, die jedem hätten auffallen können, dass das ganz so sauber nicht zugehen kann. Es ist schon etwas blinde Technikgläubigkeit, in jedem Fall aber äußerst bequem anzunehmen, dass auf einmal nur noch Rosenduft aus dem Auspuff kommt, weil das die bekanntermaßen unrealistischen Messverfahren einmal bei der Musterzulassung so ergeben haben.

Wer soll die Zeche zahlen?
Am Ende ist der Verbraucher natürlich ohnehin immer der dumme. Selbst wenn jetzt die Hersteller irgendwie zu Schadensersatz verpflichtet werden (was ich nicht erwarte), werden sie das natürlich an anderer Stelle wieder hereinholen müssen. Wenn jetzt die Gesetze wirklich streng werden, wird der Diesel vermutlich zu einem Nischenprodukt werden, da die Motoren teurer werden und relevante Mengen Harnstoff getankt werden müssen, Innenstädte evtl. trotzdem tabu sind.

Letztenendes zahlen dann vor allem die Dieselfahrer mehr, die aber auch bisher gut auf Kosten der Allgemeinheit gelebt haben. Für das große Geschrei, dass es ja einer Enteignung gleich komme, wenn ich mit dem TDI nicht mehr in die Innenstadt darf, habe ich kein Verständnis. Wie kommt jemand darauf, dass man auf dieser Welt in Wirtschaft und Verkehr so etwas wie "Bestandschutz" genießt? Wenn durch eine Krise die Kraftstoffpreise explodieren, oder die Politik sich entscheidet die Steuern auf Diesel anzuheben - Pech. Das gehört zum Lebensrisiko und wird keinen deutschen Autobesitzer finanziell ruinieren. Und der Wertverlust durch so eine Maßnahme steht letztlich bei älteren Autos auch der schon verbuchten Ersparnis gegenüber.

Bei neueren Diesel Autos sollte es aber eine Möglichkeit geben, die Hersteller wegen irreführender Werbung zu belangen und eine Entschädigung für den Wertverlust zu bekommen (ob es dafür eine rechtliche Grundlage gibt, weiß ich nicht). Denn die Verarsche ab Euro 5 war doch anscheinend schon ziemlich dummdreist.
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Re: Wer ist schuld

p.hase
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in naher zukunft habt ihr die wahl. die ist zwar sinnlos, macht aber nix.

Re: Wer ist schuld

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Wiese hat geschrieben: Die Behörden müssen das Fahren mit Fahrzeugen, die Abgase ausstoßen, die die Gesundheit der Bürger gefährdet verbieten.
Du meinst die Behörden sollten das tun welche weggeschaut haben bei der zulassung?
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Re: Wer ist schuld

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Für mich bleibt halt noch die Frage, warum diese "Mordsmaschinen" nicht vom KBA stillgelegt werden.

Wenn jemand ladegeräte nachrüstet, wird das KBA tätig, auch wenn der pot. Schaden sehr gering sein dürfte.

Imho soltle es strafrechtlich relevant sein, was da legalisiert wurde. Was kann denn an einer Prüfstandserkennung legal sein?
Welchen Sinn macht denn die Prüfung, wenn man da alles faken darf?
Verwendung korrekter physikalischer Einheiten
"Online" heißt nicht, das ich gerade hier im Forum aktiv bin.

.

Re: Wer ist schuld

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  • paulektro
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Die kurze Antwort: Weil das KBA Komplize war, bei der fragwürdigen Zulassung. Im Nachhinen die Randbedingungen zu ändern (also Gesetze auf einmal anders auszulegen als zuvor), öffnet Tür und Tor für Klagen der Hersteller.

Außerdem hat die Öffentlichkeit einfach derzeit mehr Mitleid mit den Dieselfahrern als mit den Betroffenen der Schadstoffbelastung. Da würde man vor der Bundestagswahl (aber auch danach) niemals so eine unpopuläre Maßnahme ergreifen.

Und wie gesagt, der allergrößte Teil des Betrugs war rechtlich nicht eindeutig, da in einer enormen Grauzone.

Was will man machen..
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Re: Wer ist schuld

Nordstromer
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"Für die Fahrt zur Arbeit gibt es ja auch Bus und Bahn."
Das muss und darf jeder selbst entscheiden. Auch du, aber nur für dich!

" Wer seine Waffe nur auf dem Schießstand benutzt, so wie es eigentlich sein sollte, wird auch niemanden erschießen. "
Falsch! Waffen sind zur Verteidigung und zur Abschreckung nützlich. Dann erhalten sie den Frieden. In Europa, Nordamerika, Australien/Neuseeland und Ostasien kann man das gut sehen. Aktuell keine Kriege, obwohl die Waffen sicher potenter und zahlreicher sind als in allen Krisenregionen der Welt.

"Leider ist es aber mit den Autos so ähnlich wie mit den Waffen. In Amerika darf man in der Öffentlichkeit eine Waffe tragen, sofern man dazu berechtigt ist, und in Deutschland darf man auf öffentlichen Straßen Dieselautos fahren sofern man einen Führerschein hat."

Plumper geht es wohl nicht mehr, oder? In den USA kann man auch einen Diesel fahren.
Schon mal daran geacht das auch die Vorgaben aus Brüssel ein Problem sein können?

Mobilität kostet ganz einfach. Geld und auch Gesundheit. Wenn ich fahre statt zu gehen ist das weniger gesund. Per pedes ist dann sogar dem ÖPNV vorzuziehen. Aber das muss und darf jeder selbst entscheiden (s.o.). Die Mehrheit will das so und darum bleibt es auch so!

Fazit:

Die Politik muss und wird ausmitteln was der beste Kompromiss ist. Sicher wird der den meisten hier nicht schmecken, aber da wir eh nur eine kleine Minderheit sind wird das niemanden wirklich kümmern.
Die Fimen über Gebühr zu belasten wird nicht passieren. Eher werden Ausnahmeregelungen also Bestandsschutz greifen. Die Firmen stehen für Arbeitsplätze und Steuern. Ja VW zahlt auch nur so viel wie nötig. Aber was tun Apple, Google, Facebook, McDonalds usw.?

Stimmt ganz einfach wenn man es einmal verstanden hat. :D
:!: Support your local hero!!! Autohaus Bopp & Siems. :!:
Grüße aus dem DC-Paradies HH&Umland :D P.S. 3 Phasen werden überbewertet und verschwinden konsequenterweise bereits aus dem BEV :D

Re: Wer ist schuld

Nordstromer
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eDEVIL hat geschrieben:Für mich bleibt halt noch die Frage, warum diese "Mordsmaschinen" nicht vom KBA stillgelegt werden.
Die Frage kannst du dir doch selbst beantworten. Zu viele fahren damit und benötigen sie im Alltag. Wie dringend sie benötigen kannst du übrigens nicht beurteilen das darf jeder für sich selbst entscheiden!
Und es hängen Arbeitsplätze und Steuern an der Autoindustrie und auch an der Mobilität. Mehrfaches win-win für die ganz große Mehrheit. Und es geht am Ende immer um Mehrheiten.
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Re: Wer ist schuld

Helfried
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Nordstromer hat geschrieben: Wie dringend sie benötigen kannst du übrigens nicht beurteilen.
Das darf jeder für sich selbst entscheiden!
In Österreich werden die Entscheidungen langsam beschnitten. So sind konkrete Fahrverbote für Dieselmütter mit Kindern vor Schulen geplant. Die Kinder müssten dann die letzten 150 Meter wieder selber in die Schule gehen. Das morgendliche Verkehrschaos samt Dieselgestank dürfte sich dann stark lichten.
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