Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

stefanbossow
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Liebe EV-Gemeinde,

nachdem ich im September 2024 meinen I-Pace EV320 abgeholt habe, wird es ein bisschen Zeit für ein (Zwischen-)Fazit nach ca. 6500 km Fahrleistung. Da gibt es doch einiges anzumerken seit meinem letzten Foren-Eintrag. Viel Spaß beim Lesen.

OPTIK, HAPTIK, QUALITÄT

Zugegeben, ich war und bin seit Jahren in dieses Auto(-Design) verliebt. Die kurze herabfallende "Schnauze", der dicke "Hintern" und die Seitensilhouette haben mich damals schon bei der Premiere überzeugt. Auch die (LED-)Scheinwerfer der Katze sind für mich ein eye catcher - im wahrsten Sinne des Wortes. Das eher für den Fahrer zugeschnittene Interior finde ich sehr schön und zum Glück nicht mit extrem viel Displayfläche "überfrachtet" - siehe EQS/E, Tesla. Da freut man sich doch, etwas mehr vom Rest des Innenraumes sehen zu können.
Die Sitze sind für mich sehr angenehm, bieten einen guten Seitenhalt und auch für längere Strecken geeignet. Vor allem der sehr weiche Untersatz tut einem Home Office-geplagten Hintern einen großen Gefallen. Ich bin 1,85 und passe gut rein. Als ich das Auto bei 55k km gekauft habe, waren die (teils belederten) Sitze sehr gut erhalten. Ich hatte eigentlich größere Abnutzungserscheinungen erwartet, aber nein, kaum abgesessen. Die hintere Sitzbank war faktisch unbenutzt. Nicht mal eine Delle konnte ich finden, so neuwertig sah diese aus.
Der Rest ist gut bis sehr gut verarbeitet, nichts knarzt, hängt schief oder ist rausgebrochen, o. Ä. Lediglich die "glossy" (schwarze) Oberfläche an Teilen des Armaturenbrettes weist sehr kleine Schleifspuren/Kratzer auf (seitlich an der Tür + Mitteltunnel). Die Buttons klicken sich wertig. Das Drei-Speichen-Lenkrad ist für mich als Fahrer ein Highlight: schön klein, sportlich aussehend und mit Wärmefunktion! Die Mittelkonsole ist auch nicht zu breit; mein rechtes Bein kann ich gut anlehnen - im Polestar 2 habe ich mich sehr beengt gefühlt.
Insgesamt für mich ein sehr schönes und qualitativ gut verarbeitetes Auto. Hier bereue ich nichts. (Außerdem fühlt es sich für mich manchmal surreal an, dass ich dieses Traumauto mein Eigen nennen kann. Unvorstellbar damals bei 80k+ € Listenpreis...)

FAHREINDRUCK

Leise, gemütlich, flink - 320 PS und 500 nm finde ich vollkommen ausreichend. 4,70m Länge fühlen sich wie ein gutes Mittelmaß zwischen "kurz" und "lang" an. Parken und Wenden funktioniert auch gut. Sportlich fahren würde ich mit diesem Auto eher nicht; bei schnelleren Lenkrad- und Fahrtbewegungen merkt man das Wanken deutlich. Der Geräuschpegel ist angenehm niedrig - mit Sommerreifen erst ab 140 und mit Winterreifen ab 130 km/h wird es jedoch spürbar lauter.
Mein Auto hat keine Luftfederung und bei mittleren bis größeren Straßenunebenheiten spürt man's im Cockpit. Hier hätte ich etwas mehr Komfort erwartet. Ab 140-150 km/h wird das Auto unruhiger und bei 170-180 km/h fühlt sich die Fahrt sehr unruhig an. Dauerhaft full speed zu fahren ist für mich somit anstrengend.


LADELEISTUNG, VERBRAUCH

Hand auf's Herz: es gibt bessere Autos in dieser Kategorie. Wer einen I-Pace kauft, sollte genau wissen, auf was er/sie/es sich einlässt.
Ich habe explizit nach einem 11-kW-Lader-Modell gesucht - und dadurch viel (Lade-)Zeit gespart. Die Ladesäule meines Arbeitsgebers unterstützt einphasig nur 3,7 kW (bei 11 kW 3p). Hier hätte ich das Auto niemals an einem Arbeitstag voll laden können. Mit 11 kW geht das fix. Das spart übrigens auch Standgebühren bei öffentlichen AC-Stationen, weil man nicht so lange laden muss. Ungünstig gelegen ist die Ladebüchse an der vorderen linken Seite: für Nicht-UK-Ladefälle hängt die Ladeklappe zu weit zur Straßenseite. Hier behelfe ich mich mit einem Gummiband, sodass die Ladeklappe näher am Auto liegt.

Die DC-Ladeleistung war für damalige Verhältnisse vielleicht noch ok, ist heute aber unterdurchschnittlich. Von 10-80 % brauche ich ca. 40 Min. (max. 90 kW) - es sei denn, ich lade bei erwärmten Akku und <15 % SoC, dann sind es ca. 35 Min (bei max. 115 kW). Allerdings sind 115 oder 90 kW eine Laune des Schicksals; ich habe diesen Wert trotz optimaler Gegebenheiten manchmal nicht erreicht. Bei einem reinen Autobahn-Fahrprofil mit Start-SoC 100 % und Ankunft mit 10 % kann ich mit weiteren ca. 200 km fahren (bei 80% Abfahrt). Das macht in Summe 300 km (Start) + 200 km (1. Ladestopp) = 500 km Distanz bei 40 Min. Ladedauer. Für manche ist das zu wenig bzw. zu lang, für mich noch ganz gut. Das passt auch zu meinem Fahrprofil: ich mag lange Autofahrten nicht und mehr als 500 km Autobahn am Stück fahre ich selten. Mein Umkreis anvisierter Ziele liegt bei max. 300 km one way. Somit muss ich bei der Rückfahrt nur einmal mit 20-40 Min. laden. Normalerweise fahre ich gemütliche 120 km/h Tempomat.

Apropos "optimale" Ladeleistung. Ich verstehe hier das Auto leider bis heute nicht ganz. Die 90 oder 115 kWpeak erreiche ich in den meisten Fällen, wenn ich vorher länger (oder Vmax) gefahren bin. Starte ich mit 40 % SoC von zuhause aus und lande mit 10 % an der (mit Navi angesteuerten) Ladesäule, sind es auch mal 60 kW. Im Winter sogar niedriger. Eine manuelle Vorkonditionierung gibt es nicht. Anscheinend heizt das Auto den Akku auch nicht während des Fahrens auf, selbst wenn ich eine Ladesäule im Navi ausgewählt habe. Die Ladezeit geht dann schon mal Richtung eine Stunde - im Winter sehr nervig.

Verbrauchsseitig gehört der I-Pace in der mitteleren bis hohen Kategorie. Das muss einem beim Kauf bewusst sein: ein sparsames E-Auto ist es nicht. Folgende Werte habe ich notiert (abgelesen vom Bord Computer, ohne Ladeverluste):

_SOMMER
Stadt: 19-21 / Land: 21-24 / Autobahn: 24-28

_WINTER
Stadt: 21-23 / Land: 24-27 / Autobahn: 27-31

_FULL SPEED
40-50

(Kleiner Hinweis: ich wohne in München und fahre oft Richtung Süden/Westen/Süd-Westen. Topografisch mit vielen ups und downs, daher eher höhere Verbräuche anzunehmen als z. B. im flachen Norden Deutschlands.)

Von 1 auf 100 % komplett aufgeladen brauche ich exakt 90 kWh (abgelesen an einer eichrechtskonformen AC-Ladestation, inkl. Ladeverlusten).

Hier ein paar Statistiken für euch:

Bild

Bild

Da ich oft günstig (19 ct/kWh), gratis (beim Arbeitgeber) oder mit 39 ct/kWh an Autobahnen lade, sind die Ladekosten niedrig. Wie ihr seht, zahle ich im Durchschnitt 6,44 € pro 100 km inkl. Gratisladung beim Arbeitgeber. Im Vergleich zu unserem 7 L VW Tiguan (Super 1,80 €/L) spare ich zwischen 20 (nur Autobahn-DC Ionity) und 60 % (nur 19 ct/kWh) der Verbrauchskosten - je nachdem, wie oft ich wo lade.
Wenn ich im Sommer dann deutlich mehr fahren und öfters beim Arbeitgeber laden werde, sollte ich die 5 € pro 100 km knacken können. Mal sehen, ob ich es schaffe ;)

SOFTWARE, LADEPLANUNG

Die Ladeplanung im Bordcomputer könnte viel besser sein. Filtermöglichkeiten sind im Pivi Pro umständlich zu setzen - zum Beispiel nur Ionity und selbst dann zeigt es mir auch andere Anbieter an. Die Berechnung der Ladeplanung dauert lange und die Vorschläge sind zu schlecht (Laden zu lange angesetzt, Laden zu kurz, zu hoher SoC bei Ankunft, etc.). Da ich ein "ausgebildeter" EV-Fahrer bin, kann ich mittlerweile gut einschätzen, wo und wie lange ich laden muss. Optimal ist das trotzdem nicht. Schade, dass Jaguar es auch nach Jahren nicht geschafft hat, die Ladeplanung hier per Updates nachzubessern.

Die Benutzeroberfläche ist ansonsten wirklich sehr schön gestaltet. Buttons und Hintergrundmuster/-bilder sind schön anzusehen und nicht zu groß/klein. Das muss man auch mal loben. Bei anderen Herstellern musst du für die Auswahl eines von fünf (!) Fahrmodi trotz 12 Zoll Display extra scrollen (hallo BMW) oder musst zu viele Optionen auf zu vielen Unterseiten durchlesen (hallo Tesla) oder du hast zu wenig Inhalt auf zu viel Display (hallo Mercedes). Verschachtelte Untermenüs gibt es nicht. Das Fahrerdisplay lässt fünf Stile zu - super! Leider ist die Reaktionsgeschwindigkeit wie bei allen Automodellen der früheren Jahre (außer bei Tesla) langsam.
Ich denke dennoch, dass das Pivi Pro im Ergebnis ein gutes Beispiel eines "form follows function"-Ansatzes ist.

Ich muss aber zugeben, dass ich in 95% der Fälle sowieso Android Auto benutze, inkl. Navigation. Das ist sehr bequem, weil es kabellos ist und das Handy unter der Mittelkonsole sich aufladen kann. Zusätzlich sehe ich die vom Handy gespiegelte Route im Fahrerdisplay.

Es gibt noch die Jaguar App "Remote", die ich oft nutze. Vorwärmen per Klick oder Timer ist im Winter für mich das Nonplusultra. Ladezustand ablesen oder letzten Standort abrufen klappt auch wunderbar. Lediglich die lange Ladezeit (ca. 20 Sek.) bei Aktualisierung nervt manchmal. Ab und zu gibt es keine Verbindung zum Auto. Abopreis pro Jahr beträgt 40 €.

WAS FEHLT AN AUSSTATTUNG?

Mein Auto hat leider kein Head Up Display, kein Luftfahrwerk und keinen adaptiven Tempomaten. Parkassistent ist auch nicht eingebaut. Das ein oder andere Software-Gimmick ist auch nicht drin. Die hinteren Sitznachbarn haben keine Klimatisierung. Matrix LED Scheinwerfer und Panoramadach fehlen auch. Andererseits wäre das Auto viel teurer gewesen und dafür hätte ich einen Kredit aufnehmen müssen. Spare ich mir.

SONSTIGES

Worüber könnte ich sonst noch berichten? Dass es mir sehr gefällt, dieses Elektroauto zu fahren und ich mich auf den Frühling/Somme freue, um auch mal längere Strecken zu fahren (aka road trips). Vielleicht schreibe ich den ein oder anderen Reisebericht hier im Forum. Die heute betuchte Katze kann auch lang und weit reisen ;)
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Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

AntonEV55
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Danke für den interessanten Bericht. Was mich interessieren würde:
Ist bezüglich der bekannten Batterieprobleme des I-Pace irgendwas vorgefallen bisher?

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

stefanbossow
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@AntonEV55 Gern geschehen! Aktuell gibt es bei mir keine Probleme. Beim Service wurde in dieser Richtung auch nichts gemacht. Also gehe ich mal davon aus, dass mit meiner Batterie alles ok ist. Beim Kaufprozess wurde mir ein Batteriezertifikat mit Ergebnis 92 % bei 55k km ausgehändigt. Als ich im August 2024 ein anderes Modell (EV400 mit Baujahr 2019) eines gewerblichen Anbieters (kein Autohändler) kaufen wollte, teilte der Besitzer mir mit, er warte seit Monaten auf einen Werkstatttermin für einen Akkuwechsel. Das Auto konnte man trotzdem fahren. Ich habe den Kauf abgelehnt, weil das Risiko mir zu hoch erschien. Circa zwei oder drei Monate später hat er das Auto wieder inseriert mit zusätzlichem Hinweis, dass das Auto über eine neue Batterie verfügt.

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

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  • saabler
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Sehr schön berichtet. Danke
Und bis auf die unruhige Fahrweise bei höheren Geschwindigkeiten, hast du meine volle Zustimmung.

@Anton Weder mein EZ 2020 noch mein jetziger EZ 2024 haben irgendwelche Akkuprobleme.
Das anfängliche Akku-Problem wurde aber auch schon oft in Foren behandelt.

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

SWFahrzeugtechnik
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AntonEV55 hat geschrieben: Danke für den interessanten Bericht. Was mich interessieren würde:
Ist bezüglich der bekannten Batterieprobleme des I-Pace irgendwas vorgefallen bisher?

Wir hatten bei uns in Service wo ich damals bei Land Rover Jaguar gearbeitet habe einen mit einem Block defekt, aber ist nicht schwer zu austauschen die Blöcke sind von LG Chem. LG Nedim

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

stefanbossow
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@SWFahrzeugtechnik Kannst du uns kurz berichten, wie lange so ein Austausch dauert? Muss man hier lange warten? Was passiert, wenn die ganze Batterie ausgetauscht werden muss? Danke dir für eine Antwort!

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

SWFahrzeugtechnik
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Die ganze Batterie wird nicht von Jaguar ausgetauscht, wie lange dauert gute Frage:) weil von JLR es dauert Ewigkeit bis die Teil kommt.

Re: Fahrbericht nach 6 Monaten I-Pace - Erfahrungen, Erlebnisse, Fazit

StefanLi
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Toller Bericht - DANKE!

Hinsichtlich der Ladeklappe: Ich lehne die einfach an den Stecker an, muss ich in meiner Garageneinfahrt beim Laden an der Wallbox immer machen, damit die Fahrräder störungsfrei durchkommen.

Zur Ladeplanung: Ich fahre immer ohne Planung und schaue bei Restreichweite, so zwischen 50 und 100 km "entlang der Route" und suche mir manuell eine Säule. Anbieter ist mir egal, wobei ich die Filter mit "bevorzugt" oder "auszuschließen" praktisch finde, da man die anderen angeboten bekommt, wenn sie nicht klappen sollten. Da sind andere Hersteller mit der Planung besser, Planung + Filter ist auch im Rest der BEV-Welt eher schwach (was ich bisher sehen konnte).

Zur Ladeleistung am HPC: Fahre mal 10-20 km vor dem HPC im JoJo, als 100% Beschleunigung (z.B. 90-150 km/h) und, wenn hinter dir keine ist, dann auch mal bremsen, bis die Rekuperation an ihre Grenzen kommt. Das Ganze 3-4 mal. Damit erreiche ich meist >100 kW. Ich lade dann immer so bis ca. 70%, dann sinkt die Ladeleistung unter 60 kW und ich fahre weiter. Das sichert einen Durchschnitt der Ladeleistung von über 80 kW und ich komme damit zurecht.

(Auch) für andere Leser könnte das Fahrverhalten interessant sein: Das kann zum einen am Reifen liegen, aber auch am fehlenden Luftfahrwerk. Mein Kätzchen mit LuFaWe liegt bei 180 km/h noch wie ein Brett.
gefahren wird im I-Pace 320 in Blau und Oyster geladen wird an der auf 11 kW gedrosselten Zappi hinter einer 18 kWP PV-Anlage, getrunken wird alles, ausser Kölsch :lol:
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