Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

schnaeutz
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Normalerweise lade ich meinen Smart immer zu Hause. Ich habe mir aber vor einigen Wochen einmal ein Auto gemietet, das CCS laden kann und eine Fahrt von Köln nach Siegen damit unternommen. An der Raststätte Siegerland wollte ich nachladen, weil es in dem Ortsteil von Siegen, wo ich hinwollte, nicht einmal eine Bürgermeistersäule gibt. Also Siegerland West angefahren. Die beiden HPC waren besetzt. Für mich blieb nur der 50 kW Triplecharger. Während ich lud, kamen noch 2 andere Autos angefahren. Sie mussten warten. Als freundlicher Mensch habe ich die Säule, sobald ich die fehlenden Kilometer knapp nachgeladen hatte, verlassen.

Das vorausgeschickt, bin ich ins Grübeln gekommen. Wenn Tesla einen Supercharger eröffnet, gibt es gleich eine Reihe von Ladepunkten, z. B. im gerade eröffneten Frechener Ladepark 16 Stück. An den beiden nahegelegenen gegenüberliegenden Autobahnraststätten befinden sich zusammen zwei HPC. Für die Teslafahrer also 16 Stück, für alle übrigen Elektroautos 2. Wie die Story aus Siegen zeigt, genügen bereits heute die verfügbaren Ladesäulen in Teilen nicht mehr dem Bedarf. Das gleiche gilt von den 22 oder 11 kW-Säulen in attraktiven Innenstadtlagen. Selbst unter Coronabedingungen findet man in der Kölner oder Düsseldorfer Innenstadt nur mit Glück und einem guten Elektroautoroutenplaner, der den Status der Säulen anzeigt, eine Lademöglichkeit. Wie es sein wird, wenn wieder Normalbetrieb in den Innstädten herrscht, kann sich jeder selber ausmalen.

Wenn Tesla mit 16 Neuinstalltationen an einem Ort rechnet, um sein Ladenetz zukunftsfähig zu machen, müssten die anderen ein Vielfaches davon auf den Boden schrauben, wenn sie die Kunden ihrer Autos mit ausreichend Lademöglichkeiten versorgen wollen. Wenn die gewonnenen Neukunden, die nicht so leidensfähig sind bzw. sein werden, wie die Elektroautopioniergeneration erst in ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis erzählen, dass sie 40 Minuten warten mussten, bevor sie in weiteren 40 Minuten ihren ID3 aufladen konnten, werden Diesel einen deutlichen Attraktivitätsschub bekommen.

Dass das Ladekartenchaos außerdem beseitigt werden muss, ist klar, auch wenn es sich in den letzten beiden Jahren deutlich gebessert hat. Ich komme mit 2 Karten und einer App meistens aus.

Was nützen die schönsten Elektroautos, wenn die Infrastruktur nicht stimmt? Und es gibt wirklich schicke Exemplare!
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Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

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Es gibt besser und schlechter ausgebaute Gegenden. Und jeden Tag kommen neue Säulen hinzu. Auch Nichttesla Anbieter haben vereinzelt schon über 10 Säulen am Standort. Es wird vermutlich nicht immer alles perfekt synchron wachsen, aber das wird schon...

Schwierig wird es - auch langfristig - an den berühmten Tagen mit hohem Reiseaufkommen auf manchen Routen, an denen es heutzutage sogar Schlangen vor Zapfsäulen gibt.
05/2021 VW ID.3 Pro Business: Hauptfahrzeug
08/2019 Outlander PHEV PLUS: für Restmobilität, sowie Zweitwagen für Kurzstrecken, Anhängerfahrten, oder wenn Allrad vorteilhaft ist

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

Electrohead
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Parks weniger als 4 Lader fahre ich idR nicht an. Wenn alle 4 belegt sind (das kann schon mal vorkommen - wenn auch noch nicht so oft) ist immerhin normalerweise schnell ein Platz wieder frei.
Alt: BMW i3, Audi eTron55
Derzeit: ̶S̶m̶a̶r̶t̶ ̶E̶Q̶ ̶F̶o̶r̶f̶o̶u̶r̶ (Nicht lieferbar), dafür Renault Twingo ab Feb., Kia eSoul (64kWh)

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

keyfob
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Allein seit Anfang 2020 hat das Unternehmen bundesweit 13 große Schnellladeparks mehr als 350 Schnellladestandorte vor allem im urbanen und suburbanen Raum fertiggestellt. Die EnBW hat zusätzlich 50 Großstandorte in Realisierung und Projektierung und plant weitere 300 bis 400 kleinere Schnellladestandorte. Für den flächendeckenden Ausbau der Schnellladeinfrastruktur investiert sie jährlich 100 Mio. Euro.
Quelle https://www.enbw.com/unternehmen/presse ... n-bau.html

Und das ist nur die EnBW. Shell will bis 2025 500.000 Ladepunkten aufbauen so ziemlich alle Tankstellenbetreiber gehen das Thema jetzt an.

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

Pivo
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Eine kleine Vorahnung, wo eventuell bald Ladesäulen entstehen kann man auf der Website "Standorttool" vom BMI bekommen. Zumindest sieht man dort wo (inkl. Angabe der Hausnr.) Fördergelder bewilligt wurden. Das heisst aber lange nicht, dass die bewilligten Stationen tatsächlich auch gebaut werden (die Gelder werden dann natürlich nicht ausgezahlt). Scheint so als würden manche schonmal etwas beantragt haben, um schon auf der Liste zu sein oder den Standort zu sichern - das sind dann die mit 0 Ladepunkten. Einige sind auch schon in Betrieb - der Schalter für bewilligt vs. in Betrieb hinkt hinterher.
https://www.standorttool.de/strom/gefo ... stationen/

(Die Karte dauert u.U. etwas, bis sie sich aufbaut)
Nissan Leaf Tekna 2013 - 2020, Seit 2020: Honda e

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

Sebastian99
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Ich kenne die Anschlussleistung der Supercharger nicht, aber ich glaube nicht, dass man ausgehend von Supercharger v3 16x250 kW=4 MW Anschlussleistung vor Ort hat, um wirklich alle Ladepunkte mit voller Leistung gleichzeitig versorgen zu können, maximal die Hälfte würde ich schätzen, eher weniger. Das Problem sehe ich bei EnBW & Co weniger. An einem breiten Hypercharger bekommst du immer mind. 150 kW, selbst wenn zwei Autos dran sind. Wenns nur eines ist sogar bis 300 kW. Generell bekommt man bei den "freien" HPCs meines erachtens mehr Leistung sicher, sprich Allego, EnBW, IONITY, Fastned usw. auch wenn Allego da wohl tatsächlich ordentlich Probleme hatte mit der Infrastruktur/Hardware, prinzipiell sehe ich bei diesen Anbietern aber das größere Leistungspotential pro Ladepunkt als beim Supercharger. Klar, adhoch bringen einem mehr Ladepunkte erstmal mehr. Aber wenn ich sehe, dass wir heute schon Autos haben die mit >200 kW laden können, wird es auch nicht mehr lange dauern bis die 300 kW Grenze fällt. Entsprechend bekommt man an den HPCs mit der gleichen Anzahl an Ladepunkten dann mehr Autos geladen. Wenn ich Etrons sehe, die stehen selten länger als 10-15 Minuten ehe sie weiter fahren und das obwohl sie "nur" mit um 150 kW laden.
So oder so, ja man sollte sich darauf einstellen, dass man in der ersten post Corona Reisewelle auch mal warten muss. Aber es ist ja auch nicht so als wüssten die Betreiber nicht um die Entwicklung der Zulassungszahlen. Tesla hat halt erstmal x Ladepunkte pro Standort hin gestellt, weil man es kann und Geld keine Rolle spielt, da man aus eigener Tasche zahlt. Wenn Fördergelder im Spiel sind, werden da schon eher Fragen gestellt in Richtung Wirtschaftlichkeit, muss das denn so teuer sein? Wie oft ist ein Supercharger schon mal ernsthaft ausgelastet? Selten sehe ich mehr als 20% Auslastung vor Ort. Sicher hat man dann in der handvoll Tagen im Jahr wo die Reisewelle läuft mehr Reserve. Ist halt die Frage ob es das wert ist dafür dann den Rest des Jahres soviel brach liegen zu lassen. Zudem gibt es bei vielen freien HPC Standorten ja noch Optionen aufzurüsten.

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

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Hallo,
man sieht mittlerweile immer mehr Ladestadionen, aber da gebe ich dir vollkommen recht. Je nach Gegend reichen die Ladestadionen nicht und die Strecken zwischen den Ladestationen müssen geringer werden, um eine schnellere Alternative zu haben, falls die Ladestation besetzt ist.

Aber ich denke da ist schon einiges in Plänung, denn bei steigender Nachfrage kommen Anbieter nicht mehr herum. Und solange es in jeweiligen Regionen "zu wenig" Ladestation gibt, wird es schwer bestehende Kunden zufrieden zu stellen und Neukunden zu gewinnen.

Viele verbauen zwar auch schon in den Eigeneimen Ladestationen, aber je nach Wohnsituation ist es nicht immer Möglich.

Für die Ladekarten sollte auch eine einheitliche Lösung gefunden werden, um es allen zu vereinfachen und man nicht erst mehrere Apps durchsuchen muss.

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

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Ich komme in Siegerland Ost ca. 20 mal im Jahr vorbei. Dort steht ein EnBW HPC und ein alter Triple. Wenn ich in der Zeit zwei E-Autos beim Laden gesehen habe, war es viel. Vielleicht hattest Du einfach nur Pech? Genauso Rasthof Katzenfurt auf der gleichen Autobahn, meistens gähnende Leere. Und dort sind zusätzlich noch 4 Ionity mit Option auf 6.
Ich teile allerdings Deine Befürchtungen, daß das in 2 Jahren anders aussehen könnte, wenn man sieht, wie sich das Angebot an reisefähigen E-Autos verbessert.
Ich kann Dich aber auch trösten, gerade in besagtem Siegerland Ost liegen an zwei Stellen ziemlich dicke Kabel im Boden, die eine zukünftige Erweiterung der HPC-Ladepunkte ohne großen Schmerz ermöglichen.
Hochlauf bei den Autos = Hochlauf bei den Ladepunkten.
10 Jahre Zoe, 41kWh seit Ende 2018 - Verbrauch ab Zähler mit allem (Ladeverluste) und scharf (Vorheizen) Bild
Aixam eCoupé 2018 - E-Auto ab 15 Jahren - man kommt auch mit 45 km/h an - dank der Ampeln meist gleichzeitig. :-)

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

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Dass der Hochlauf parralel erfolgen wird scheint Logisch.
Hier kann ein Netztwerkbetreiber an einem Tag, auch wenn nur einer lädt, das X-fache an Energie, im Vergleich zu einem Standard aushält verkaufen. So in der Größenordnung 1:10 (3,5 kW zu 35 kW und weit darüber, und dies mit einem guten Aufschlag.
Die Raten Jahre werden, das stimmt in der Hauptreisezeit Spannend, aber warum?
Auto beladen,Reifen Ruck nicht auf max bedeutet locker mal 2 kW und darüber an MEHR Verbrauch.
Die Angst vor der leeren Batterie...
Die Angst vor dem defekten,besetzten "nächsten"Schnellader.
Allerdings, die heute schon fast mickrigen 50 kW Schnellader werden weniger werden.
Größere Leistungen werden aufgebaut.
Was braucht der Urlaubsfahrer?
Sagen wir mal 30 kW mit der vollen Kiste, als hochgegriffener Wert.
Am 100 kW Lader ist die... 60 kWh Batterie in 40 min voll und man kommt wieder 200, bis 300 km.
40 min.... Wenn der Deutsche in der Kolonne durch die Länder schiebt macht er das mit 60, bis 120.
Also ist der Verbrauch deutlich niedriger.
Somit ist schon eine 60 kWh Batterie für eher 300, bis 450 km gut.
Man muss es nur lernen, und diese Effekt wird die ersten Jahre die Ladestationen an den Hauptreisetagen glühen, und Stauen lassen.
Aber, Leute, Ihr seid AM Weg in den Urlaub und, wie sagte mal ein deutscher Tourist auf die Frage wie er zum Stau steht:
DAS GEHÖRT ZUM URLAUB DAZU!
Mir unverständlich aber, der Urlaub kann derart viel früher beginnen.
Habe ich schon mal, in ca. 60.000 Elektrokilometer einen Stau gehabt?
Nö, ich bin weitergefahren, bis einer frei war.
Wer brav 120 fährt hat heute Reichweiten, welche auch Elektrisch, Europas Transitrouten erfahren lässt, ausser man ist ein Dovi, wie im Reise durch Frankreich, beschrieben, was vorne und hinten nicht stimmen kann.
Selbst der eqv mit 27 kWh Verbrauch bei einer 90 KWh Batterie macht 800 km am Tage,wenn auch nicht mehr mit 160 und darüber wie im Verbrenner.
Die Infrastruktur wächst mit den Fahrzeugen, nur manchmal ist der andere halt etwas schneller.
Wiewohl, heute fahren noch so viele, auf 50 kW Ladeleistung begrenzte Fahrzeuge, dass eher dies das Nadelöhr werden wird, wie heute schon die Dauerparker, interesanterweise nur gewisser Marken, an den Schnellader.
Hier werden die Tarife gefordert sein.
Motto: Ab kleiner 60%Ladeleistung zahlt man 50% mehr, damit die, ausreichend gefüllten Fahrzeuge abfahren.... Ein Wunschtraum, ich weiss.
Wenn mal die Öllobby erkennt, dass der Schnellader die Tankstelleshops füllen kann, werden die Schnellader nicht mehr in der Wüste stehen..
Aber dazu müssen die Tankstellen Pächter und deren Lobby aktiv werden.
Die sind nur gerade noch mit dem verhindern der Elektromobilität beschäftigt.......
Diverse E Fahrzeuge von 18 bis 90 Kwh.

Re: Verträgt die Ladeinfrastruktur einen Elektroautoboom?

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Moin!
Zur Zeit sind in der Woche fast keine Elektroautos auf der Langstrecke zu sehen. Die Ladesäulen sind daher zu den normalen Arbeitszeiten nur sehr schwach ausgelastet. Aber jetzt kommen immer mehr BEV mit der 0,25er-Regelung, so dass zukünftig auch zu Werkzeiten mehr Auslastung kommen wird.
Noch sind viele BEV in privater Hand und sind daher eher am Wochenende auf der Autobahn anzutreffen.

Die Netze haben kein Problem mit der Ladeinfrastruktur, da die HPC stets mit eigenen Trafos in der Mittelspannung angeschlossen werden. Hier gibt es viel mehr Reserven durch entsprechende Gleichzeitigkeits-Faktoren. Alleine durch die Preise der Infrastruktur wird hier niemand zu knapp kalkulieren, da man einen Trafo nicht mal "einfach so" eine Nummer vergrößern kann.
Gruß Ingo
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