Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

Alles zum Energiespeicher eines Elektroautos

Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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Immer wieder geistert ja mal der Aufruf durch unsere Medien: Deutschland braucht eine eigene Zellenfertigung, damit wir von den Asiaten unabhängig sind. Mal sind es die Gewerkschafter, mal Politiker, selten auch mal Unternehmer. Jetzt hat der E.GO-Startup-Chef Prof. Günther Schuh mal wieder darauf hingewiesen, dass wir das in Deutschland auch haben sollten:
EcomentoTV vom 15.1.2018
Interessanterweise hat er sogar Zahlen genannt:
250 Millionen Euro Invest und 1 GWh (1.000.000 kWh) pro Jahr Output.
Damit kann man ja schon mal was anfangen:
Wenn man eine Abschreibung von 4 Jahren ansetzt, bei so einer Risiko-Technologie, die sich noch schnell fortentwickelt sicher nicht zu kurz, dann werden innerhalb dieser vier Jahre (stark vereinfacht) 4 Mio. kWh Akku-Zellen hergestellt. Invest geteilt durch Output innerhalb der Abschreibung ergibt (stark vereinfacht) den spezifischen Investkosten-Rucksack. Macht 62,50 Euro pro kWh Zellen. Da sind noch keine Materialien drin, auch keine Löhne, sondern nur Produktionskapazität.

Verglichen mit den bisher bekannten Zahlen (oder Zielen) der Giga-Factory-One:
5 Milliarden US$ und 35 GWh pro Jahr Output
Macht bei gleicher Rechnung und der Währungsvereinfachung (1€~1$) einen Investkosten-Rucksack von ca. 35,70 €
Ohne die Material und Personalkosten nun seriös einschätzen zu können, kann man sich bei den Tesla-Zahlen ansatzweise vorstellen, dass (irgendwann in den kommenden 5 Jahren) ein Modulpreis (Konfektionierung und Containment kommen ja auch noch drauf) von unter 100 €/kWh vorstellbar ist. Bei der deutschen "Mini-Factory" fehlt aber mindestens noch Faktor zwei im Output oder Faktor 0,5 beim Invest.

Hat jemand noch genauere Zahlen?
Gruß

tango

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Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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Der Herr Prof.Dr.Schuh hat auch schon verstanden wie wichtig und elementar eine eigene Zellfertigung im Lande für die Zukunftsaussichten der Branche ist. Viele habens eben noch nicht verstanden oder wollen es nicht verstehen.Wenn man darauf fixiert ist mit Verbrennungsmotoren noch so lange und so gut es nur geht weitermachen zu wollen, ist das auch schwer zu verstehen.
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Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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Ja, das ist schön, dass er das verstanden hat. Das ist ja möglicherweise auch keine Kunst, wenn ich es auch schon verstanden haben kann. Allerdings wird er mit diesem Invest-Rucksack halt kaum wettbewerbsfähig sein, außer es gibt einen staatlichen Invest-Zuschuss in Höhe von ca. 50%. Und dann ist noch nix über Materialeinkauf und Lohnkosten (Automatisierungsgrad) bekannt.

Das heißt doch, dass nicht (nur) "die Asiaten" ein Problem darstellen, sondern eben auch "der Ami".

Die Forderung des guten Prof. Schuh geht also kaum über ein "Rufen im Walde" hinaus - ein bisschen hilflos.
Gruß

tango

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Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

zitic
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tango hat geschrieben: Das heißt doch, dass nicht (nur) "die Asiaten" ein Problem darstellen, sondern eben auch "der Ami".
Das ist ja auch eine asiatische Zelle. Problem ist sicherlich, dass so eine Fabrik schon viel zu klein ist. Wenn man da nicht gleich auch 5-10 GW o.ä. geht, kann man Skaleneffekte gar nicht mitnehmen. Allein was man da für einen Mitarbeiteroverhead trotz extrem hoher Automatisierung für bestimmte Bereiche(Logistik etc.) hat bei so kleinen Zahlen... Und LG, SDI, Panasonic müssen da quasi nur noch die Blaupausen aus der Schreibtischschublade ziehen. Der Aufwand geht allein schon in den achtstelligen Bereich.

Und dann muss man beim Zell-Know-How halt zumindest an der Spitze dabei sein oder als Herausforderer sogar vorne liegen. Irgendwie muss man die Autohersteller auch überzeugen. Auch in preislicher Hinsicht. Darum sagt ja Bosch auch, dass sie da nur einsteigen, wenn sie mit ihrer Feststoffentwicklung einen Vorsprung schaffen können. MeToo-Produkte kann man ja vergessen. Das ist ja ein knallhartes Massengeschäft.

Und mal abgesehen davon, scheinen die Energiekosten und Umweltauflagen mit Polen und Ungarn nicht mithalten zu können.

Chinesische Hersteller haben quasi unbegrenzten Zugang zu Geldmitteln um jetzt im NMC-Markt Fuß zu fassen, nachdem sie mit der einfachen LiFePo4-Technik in der Sackgasse sind/waren. Da muss dann auch nicht so knallhart auf den ROI geschaut werden. GIbt ja schon einen Grund, warum die PV-Hersteller nach Mauscheleien wieder vom Aktienmarkt genommen und teils verstaatlicht werden. Und Provinzfürsten haben dann mal einfach riesige PV-Parks spontan realisiert, wenn die Nachfrage nicht stimmte. Das kann man in einer westlichen Marktwirtschaft schon aus Wettbewerbsgründen nicht bringen. Allein diese Aussperrung von LG, Samsung und Co. im Akkuzellbereich trotz der lokalen Werke... CATL baut da jetzt einfach 35 GW. Und in der EU wollen sie jetzt auch fußfassen....

Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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Das bestätigt mich hier nur wieder in dem was ich hier im Forum vermisse. Wenn es um Argumente für oder gegen etwas geht dann sehen wieder viele Leute nur die kurzfristigen Profite als ihren "Stein des Weisen" an, etwas anderes kennen die leider nicht.
Dass es hier um langfristige strategische Weichenstellungen und Entscheidungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und dessen Zukunft geht verkennen die völlig. Die Kompetenz in diesem wichtigen Bereich muss im Land sein und auch gehalten werden, an den guten Köpfen die man benötigt dafür mangelt es hier jedenfalls nicht. Ich weiß nicht, aber habt ihr mal über Tesla dahingehend nachgedacht ? Wieviel wurde da schon investiert bis jetzt und wo bleibt der ROI ? Ohne Persönlichkeiten wie Musk die sowas durchziehen wäre die Welt wohl auch in geistiger Hinsicht sehr viel ärmer. Trotzdem hofft Musk sicher langfristig und berechtigter Weise auf seinen ROI. Und sowas können unsere "Bleistiftspitzer des Managements" auch nie verstehen.
Prof. Dr. Schuh ist, wie man inzwischen unschwer verkennen kann, auch eine der Persönlichkeiten die hier in D. etwas bewegen.
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Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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Zumindest ich interessiere mich nur ganz bedingt für ROI. Vor allem in der Anlaufphase eines Unternehmens kann man nicht entspannt genug mit Startinvestitionen umgehen.

Allerdings rechne ich auch ganz gerne mal und habe das mit den offiziell bekannten Zahlen halt mal gemacht. Mit denkbar starken Vereinfachungen einfachste Kennzahlen erzeugt. Ich war selber überrascht wie deutlich die beiden Werte zwischen der Gigafactory und der angeteaserten deutschen Fabrikation differieren. Es ist ja letztlich egal, welchen ROI (oder welche Abschreibung) man der Investition hinterlegt, solange es die gleiche Größenordnung ist. Irgendwann muss die Kohle wieder drin sein oder es bleibt jemand drauf sitzen oder der Staat (und damit der Steuerzahler) trägt die Differenz.

Auch damit gehe ich wertfrei um. Es ist ok, wenn die Allgemeinheit in der Startphase unterstützt, schließlich hat sie später über Steuerzahlungen ja (hoffentlich) auch den Nutzen davon. Aber weder individuelle noch sozialisierte Verluste können ein Geschäftsmodell sein.

Mich erstaunen diese Differenzen von Faktor 2! Leider ist es naheliegend, das es so nicht funktionieren kann, aber es ist natürlich nicht bewiesen.
Gruß

tango

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Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

zitic
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Mich interessiert auch nicht nur der kurzfristige ROI. Aber von einfach mit Visionen zu kommen, ist sicherlich einfach, aber hilft auch nicht weiter. Das macht Elon Musk genauso wenig. Der weiß auch, wie der Hase läuft. Das beides zu verbinden, darin liegt die Kunst. Und er bedient ja nun auch ein anderes Segment. Tesla hat nur funktioniert, weil er da diesen Apple Appeal umsetzen konnte. Hier geht es halt um ein knallhartes Commodity Product. Da müssen Werte und Preis stimmen. Das Problem ist dabei der CAPEX und das Wettwerbsfeld(5-6 Player die das Know How im Blut haben + Chinesische Emporkömmlinge, die über sowas wie CAPEX lachen können).

Ich habe das ja auch nicht als falsch dargestellt. 1 GWh halte ich halt einfach für zu klein. Think Big a la Musk und Co.. LG baut zu einem Bruchteil der Kosten pro Wh, natürlich durch das Wissen, aber auch durch ganz andere Skalierungen. 250 Mio. für aussichtslose 1 GWh treibt man auch nicht so einfach auf. Vieles geht da ja auch in Maschinen etc., die einem nicht unbedingt langfristig Vorteile bietet. Wichtig ist eine große F&E-Abteilung, deren Kosten sich auf viele Wh verteilen lassen. Aber ob man das mit der aktuellen Technik (NMC) schafft da wettbwerbsfähig zu sein gegen diese Player um damit andere Techniken zu entwickeln? Das muss alles bedacht werden.
Gegen Herrn Schuh habe ich ohnehin nichts und bewundere seinen Tatendrang. Aber hier nennt er ja nur Zahlen und liefert auch keine richtige Lösung. Mit TerraE haben wir ja einen Ansatz. Da ist viel KnowHow vereint und man plant auch größere Kapazitäten. Auftragsfertigung soll wohl auch kommen, was durchaus ein cleverer Weg sein kann in dieses Business. Ich drücke in jedem Fall die Daumen.

Nebenbei hat Musk den Zellmarkt auch nicht angefasst. Man hat mit Panasonic am Anfang gleich auf etablierte Hersteler, Technik und Zellen gesetzt. Heute arbeitet man für Autos mit Panasonic, Großspeicher mit Samsung SDI. Tesla hat wohl ein großes Forschunglabor, aber das haben die Autohersteller und Zulieferer wie Bosch alle um den Markt zu beobachten, Zuliefererware zu beurteilen und für die Zukunft zu forschen um halt neue Lösungen zu finden um selbst tätig zu werden. Ähnliches könnte kommen, wenn VW jetzt seine Modulfertigung mit der LG-Zellfertigung in eine Fabrik packt und Logistik mit übernimmt. Aber ganz so viel ist damit nicht geschafft. Das wesentliche Wissen behalten die Koreaner / Japaner. Sonst würden sie sich ja abschaffen. Ansonsten baut LG ohnehin in der EU. Panasonic/Tesla in den USA wo es dort am lukrativsten ist.

Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

150kW
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bm3 hat geschrieben:Dass es hier um langfristige strategische Weichenstellungen und Entscheidungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und dessen Zukunft geht verkennen die völlig.
Das wird nicht verkannt. Man muss aber realistisch bleiben. Wenn LG und Samsung Zellen in Osteuropa bauen, muss man auch einen Plan haben wie man das in Deutschland günstiger und/oder besser hinbekommen will. Sonst ist man wieder beim "Li-Tec Phänomen".

Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

bernd71
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Also bevor man Akkuzellen produziert muss man doch auch entsprechende Technik besitzen/beherschen. Man kann ja nicht einfach die Zellen "so wie LG" bauen. Ich schätze auch da wird fleißig patentiert.
Und muss man wirklich die Zellen selbst produzieren? Ist da wirklich die Wertschöpfung? Die Zellen zu Akkus verbauen die Hersteller ja schon selbst.

Re: Prof. Schuh: Batteriezellenfertigung in Deutschland

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bernd71 hat geschrieben:Und muss man wirklich die Zellen selbst produzieren? Ist da wirklich die Wertschöpfung?
Ich denke daß es da nicht nur um Wertschöpfung, sondern auch um Abhängigkeit von fernöstlichen Herstellern geht.... :?
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