Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

dkt
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Eine Frage, die ich mir immer wieder stelle und auf die ich bis heute keine schlüssige Antwort weiß, stelle ich jetzt mal Euch den E-Auto Fahrern, bzw. den Fachleuten hier.

Wenn man vom normalen Fahrverhalten ausginge, wäre es doch auch beim E-Auto etwa so:

Beim Gas geben beschleunigt das Auto, will man Geschwindigkeit halten, dann reguliert man das mit dem Gaspedal, bzw. dem Tempomat.

Nimmt man den Fuß vom Gaspedal, dann verzögert der Verbrenner, bzw. im Falle des E-Autos sind dann zwei Einstellungen denkbar: Einmal das „Segeln“ oder aber eine eingestellte Rekuperation.

Davon ausgehend jetzt meine Überlegung:

Warum bleibt im neutralen Zustand, also ohne „Gas“ und ohne Bremsen nicht der Segelzustand, also antriebslos und frei von Bremsen, bzw. warum wird nicht dem Bremspedal eine Rekuperation zugeordnet, die sich nach der Dynamik des Bremsvorgangs und Pedaldrucks richtet, bzw. zum Schluss – im Notfall – auch die mechanische Bremse aktiviert? Wozu braucht man dabei eine „Vorwahl“ der Rekuperationsqualität (Siehe Mercedes B, 3 Stufen, z. Bsp.)?
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Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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Das was du beschreibst gibt es. Bei meinem Auto wird beim Gas wegnehmen gesegelt und Reku geht erst beim Tritt auf die Bremse bzw. automatisch beim bergab fahren an. Die Reku arbeitet variabel, je nach Dauer der Bremsbetätigung. Sie bleibt dann auch beim loslassen des Bremspedals aktiv, bis man wieder Gas gibt. Es ist lediglich eine Programmiereinstellung in der Motorsteuerung und die meisten Hersteller entscheiden sich halt für eine Reku bei Ruhestellung des Gaspedals, was prinzipiell auch nicht schlecht ist.

Nachteil der Reku-beim-Bremsen Funktion ist, dass man den Punkt zwischen elektrischer und mechanischer Bremse nicht genau bestimmen kann und dass man eben mit zwei Pedalen arbeiten muss. Letzteres ist lediglich ein Komfortproblem für besonders faule Füße, aber den ersten Punkt richtig einzuschätzen fällt selbst mir nach über einem Jahr immer noch schwer. Ich glaub ich hab zu oft die Bremsbeläge mit den Scheiben verheiratet, obwohl es die Situation gar nicht erfordert hätte. Aber das lässt sich sicher bei einem modernen Fahrzeug mit einer Art "kick-down" am Bremspedal kombinieren, so dass man den Übergang problemlos spüren könnte.

Vorteil ist halt die uneingeschränkte Segelfunktion, ohne erst wie z.B. beim Leaf in N oder R schalten zu müssen. Und sie wird erstaunlich oft und effektiv genutzt. Ich persönlich finde diese Standardeinstellung super.

Von verschiedenen Rekuperationsstufen bin ich auch nicht 100%ig überzeugt. Man wollte ja schließlich vom schalten wegkommen und anstatt Gänge zu rühren, rührt man nun am Rekuschalter oder Paddel. Ziel war sicher, dass man damit so effektiv wie möglich fahren kann und vor allem: jeder nach seinen Vorlieben! Das macht Individuen aus, jeder fährt gern mit seiner eigenen Einstellung.

Gruß
Micha
2012-2015: Think PIV4 || 2016-2018: VW e-up!
2018-2020: Mietfahrzeuge || 2021-2023: Renault Twingo Electric
Und nun Deutschlandticket Nutzer ohne Auto.

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

dkt
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PowerTower hat geschrieben:Vorteil ist halt die uneingeschränkte Segelfunktion, ohne erst wie z.B. beim Leaf in N oder R schalten zu müssen. Und sie wird erstaunlich oft und effektiv genutzt. Ich persönlich finde diese Standardeinstellung super.

Von verschiedenen Rekuperationsstufen bin ich auch nicht 100%ig überzeugt. Man wollte ja schließlich vom schalten wegkommen und anstatt Gänge zu rühren, rührt man nun am Rekuschalter oder Paddel. Ziel war sicher, dass man damit so effektiv wie möglich fahren kann und vor allem: jeder nach seinen Vorlieben! Das macht Individuen aus, jeder fährt gern mit seiner eigenen Einstellung.
Hallo Micha,

danke für die ausführliche Antwort. Also wenn ich es richtig verstehe, dann wäre es technisch kein Problem, das Bremspedal so zu programieren, dass es je nach Stellung stärker rekupiert, bzw. dann irgendwann (ich vermute mal, wenn der Bremseffekt der Rekuperation ausgereizt ist) ein Kickdown-Effekt, die mechanische Bremse zuschaltet. Beim Tempomat könnte es sicherlich auch so sein, dass entweder Strom oder Rekuperation das Tempo halten, bzw. beim Abstandsradar-Tempomat zum Schluss auch die mechanische Bremse zu geschaltet wird.

Ich meine, für den Individualisten, kann ja so ein Programm, zusätzlich Möglichkeiten der individuellen Einstellung anbieten, also ganz nach Wunsch.

VG

Dieter

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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Bei der bei mir verbauten Siemens Steuerung aus dem Jahr 1999 sind um die 900 Parameter hinterlegt und eine Vielzahl davon kann mit dem passenden Programmiergerät angepasst werden. Da finden sich natürlich auch die Einträge für Brems- und Gaspedal wieder und die entsprechende Aktion, die dann ausgeführt werden soll.

Man sollte nur Bedenken, dass wenn man in Eigenregie in der Software des Umrichters rumspielt, man auch viele Sicherheitsfunktionen außer Kraft setzen und Motorsteuerung sowie Motor zerstören kann!

Moderne Motorsteuerungen in der aktuellen Fahrzeuggeneration arbeiten nach dem selben Prinzip, nur werden sie vermutlich nicht mehr im DOS programmiert. :mrgreen: Hier ist man aber auf den Hersteller angewiesen, dass dieser verschiedene Softwareversionen zur Verfügung stellt und der Kunde selber entscheiden kann, wie er sein Auto ausgeliefert haben möchte. Mir ist kein Auto bekannt, bei dem man beim Händler sagen kann: "ich hätte die ZOE aber gern mit serienmäßiger Segelfunktion." Da muss jeder nehmen was er kriegt, oder halt ein Auto wählen mit Einstellung der Rekustufen per Schalter.
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Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

dkt
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PowerTower hat geschrieben:Man sollte nur Bedenken, dass wenn man in Eigenregie in der Software des Umrichters rumspielt, man auch viele Sicherheitsfunktionen außer Kraft setzen und Motorsteuerung sowie Motor zerstören kann!

Moderne Motorsteuerungen in der aktuellen Fahrzeuggeneration arbeiten nach dem selben Prinzip, nur werden sie vermutlich nicht mehr im DOS programmiert. :mrgreen: Hier ist man aber auf den Hersteller angewiesen, dass dieser verschiedene Softwareversionen zur Verfügung stellt und der Kunde selber entscheiden kann, wie er sein Auto ausgeliefert haben möchte. Mir ist kein Auto bekannt, bei dem man beim Händler sagen kann: "ich hätte die ZOE aber gern mit serienmäßiger Segelfunktion." Da muss jeder nehmen was er kriegt, oder halt ein Auto wählen mit Einstellung der Rekustufen per Schalter.
Wenn ich Deinen Hinweis als Laie richtig interpretiere, dann ist eine dynamische Rekuperationsfunktion, zuerst ein Problem der Motorsteuerung. D.h. wenn ich es recht verstehe, dann kann man damit auch bis zur Zerstörung des Motors gehen.

Wenn ich nun meine Praxis mit medizintechnischen Geräten als Versuch zum Verständnis hinzuziehe, habe ich dazu eine Frage:

In der Medizintechnik, besonders in allen lebenserhaltenden Funktionen muss das Programm so gestaltet sein, dass der erste Fehler oder eine erste mögliche Fehlfunktion, durch eine sichere Schaltung abgefangen wird.
Und jetzt die Frage:

Kann das nicht auch der Motorenhersteller, bei einer solchen dynamischen Rekuperationsschaltung, aufbauen?
Zuletzt geändert von dkt am So 12. Jan 2014, 09:59, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

Spürmeise
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dkt hat geschrieben:Warum bleibt im neutralen Zustand, also ohne „Gas“ und ohne Bremsen nicht der Segelzustand, also antriebslos und frei von Bremsen, bzw. warum wird nicht dem Bremspedal eine Rekuperation zugeordnet
Das Problem hiermit: Beim Druck auf das Bremspedal muss wohl das Bremslicht angehen - der Hinterherfahrenden missversteht u.U. eine leichte Rekuperation im Gefälle als Anhalten und zängt sich vorbei, obwohl der Rekuperierende nur die Geschwindigkeit halten will.

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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Beim LEaf ist es so, das im Modus "D" Die Rekuperation schwach ist (ähnlich einer Motorbremse beim Verbrenner)
Stärkere Rekuperation bekommt man dann über Bremspedal. Wenn man sehr stark bremst, kommen die mech. Bremsen kaum spürbar hinzu. Sehr weicher Übergang, aber man kann schwer bewußt ausschließlich el. bremsen.

@Spürmeise das könnte man ja entsprechend so regeln, da erst ab einem gewissen punkt das bBemslicht an geht ist ja beim i3 und Model S auch so umgesetzt worden.
Verwendung korrekter physikalischer Einheiten
"Online" heißt nicht, das ich gerade hier im Forum aktiv bin.

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Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

dkt
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Spürmeise hat geschrieben:Das Problem hiermit: Beim Druck auf das Bremspedal muss wohl das Bremslicht angehen - der Hinterherfahrenden missversteht u.U. eine leichte Rekuperation im Gefälle als Anhalten und zängt sich vorbei, obwohl der Rekuperierende nur die Geschwindigkeit halten will.
Wenn ich das richtig verstehe, dann ist das ein klassisches Übergangsproblem zwischen den "Verbrennern" und E-Autos.

D.h. der Verbrennerfahrer vermutet, dass das E-Auto "Verbrenner-Eigenschaften" zeigt.

Wie eDEVIL anmerkt, haben hier die E-Autohersteller, das natürliche Motorbremsverhalten des "Verbrenners", in der Software (Bremslicht erst bei einem bestimmten Grad der Verzögerung durch Rekuperation anschalten), nachgeahmt.

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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eDEVIL hat geschrieben:Beim LEaf ist es so, das im Modus "D" Die Rekuperation schwach ist (ähnlich einer Motorbremse beim Verbrenner)
Stärkere Rekuperation bekommt man dann über Bremspedal. Wenn man sehr stark bremst, kommen die mech. Bremsen kaum spürbar hinzu. Sehr weicher Übergang, aber man kann schwer bewußt ausschließlich el. bremsen.

@Spürmeise das könnte man ja entsprechend so regeln, da erst ab einem gewissen punkt das bBemslicht an geht ist ja beim i3 und Model S auch so umgesetzt worden.
So ist es beim Ampera auch, im D Modus leichte Rekuperation, bei tritt aufs Bremspedal stärkere bzw. mechanische Bremse. Der Übergang ist nicht fühlbar und man weiß nie ob jetzt Energie in form von Reibung durch die mechanischen Bremsen vorloren gegangen ist oder nicht.
Da findeich Tesla und i3 besser, Einpedalsteuerung halt, die Bremse hat nichts mehr mit Rekuperation zu tun.
Ist vielleicht auch eine Eingestellungssache seitens des Fahrers. Der eine mag es so der Andere so.

Bei i3 und Tesla wird es so geregelt mit den Bremslichter:
Tritt auf die Bremse immer Bremslicht sofort.
Bei der Rekuperation hängt es von dem Verzögerungsmoment ab. Leichte Reku kein Bremslicht, starke Reku Bremslicht.

Beim Ampera gehen sobald man den Fuß auf die Bremse stellt (auch wenn man dann nur leicht Rekuperiert) die Bremslichter an. Anders ist man aber im L Modus dort ist die Reku ohne Bremse schon stark, da geht dann nichts hinten an.

Alles nicht wirklich so klar geregelt. Aber es ist schon richtig, sobald das Bremspedal betätigt wird müssen die Lichter angehen.

Re: Warum müssen Rekuperationsstufen gewählt werden?

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Ich würde die Frage ganz anders stellen.
Warum können Rekuperationsstufen gewählt werden?

Die Nutzung der Reku hängt meiner Meinung nach viel von der Umgebung ab.
Im Stadt- und Berufsverkehr gibt es quasi kaum die Gelegenheit zum Segeln. Dafür kann man sich mit der Motorbremse aber meist recht gut an den Verkehrsfluß anpassen. Hier ist ein Auto mit Reku über das Bremspedal im Nachteil.

Bei Überlandfahrten kann man hingegen meist recht gut und lange Segeln, zum Beispiel vor Ortseinfahrten oder Kreisverkehren. Da ist es entspannter, wenn man den Fuß einfach von Gas nehmen kann um die Strecke zu segeln.

Ich finde es daher grundsätzlich positiv, wenn der Hersteller einem die Möglichkeit gibt die Charakteristik der Bremse einzustellen. Für wen welches Profil dann besser ist, hängt dann von den Vorlieben und der Streckenwahl ab. Und je unkomplizierter die Wahl der Profile ist, um so eher und öfter wird es genutzt. Bei meinem Smart nutze ich die Paddels dazu recht gerne und oft.
Gruß Ingo
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