Prof. Wirl: Elektroautos zu 100% fossil unterwegs

[cpeter]

In der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ findet sich heute im Wirtschaftsteil ein Interview mit Prof. Franz Wirl, seit dem Jahr 2000 Inhaber des Lehrstuhls für Industrie, Energie und Umwelt am Institut für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Wien.

Er behauptet in dem Artikel kühn, dass Elektroautos überall auf der Welt zu 100% fossil unterwegs sind - auch in Österreich mit 75% Anteil von Erneuerbaren im Strommix. Man sollte besser Erdgas im Verkehr einsetzen, anders könne man CO2 im Verkehr nicht einsparen.

Die Argumentation ist nicht neu, aber dass ein Universitätsprofessor, dessen Institut zu den Themen Energie und Umwelt forscht, so einen Schwachsinn verzapft, ist besorgniserregend. Die Studenten, die dort Vorlesungen und Seminare besuchen, werden das sicherlich auch so als „Faktum“ gelehrt bekommen.

Der Artikel ist eigentlich ein Interview zum Thema Erdöl Fördermengen und Erdölpreise, aber Titel und Untertitel sind eindeutig ein Frontalangriff auf die Elektromobilität.

[Dentec]

Auch Professoren erkranken hin und wieder am Gehirn !
Wenn man die Argumente liest, erübrigt sich jede Diskussion.

[Odanez]

Der meint also, dass in Österreich 100% der erneuerbar produzierten Energie eh schon verbraucht wird, und von den fossilen Kraftwerken nur ein Teil, der dann, wenn zusätzlich E-Autos geladen werden, dessen Anteil steigt? Welche Kraftwerke sind denn dynamisch regel- und abschaltbar? Die fossilen oder die erneuerbaren? Tatsache ist also eher, dass es genau andersrum ist.

Was passiert denn, wenn überschüssige Strom nicht verbraucht wird? Ist das dann besser, als diesen in ein Autoakku zu leiten?

Was ist mit nachts, bei Niedriglast, dort wird eh mehr Strom produziert als verbraucht?

Und was ist mit allen, die PV auf dem Dach haben, und was ist mit denen, die mit ihrem Stromkosten 100% erneuerbare Anlagen finanzieren?

Der Typ ist einfach nur beschränkt, sorry wenn ich das so sagen muss. So wie alle E-Auto Kritiker, wird ein kleiner Teil rausgezogen, darauf rumgehackt, und oft auch sogar total falsch dargestellt.

Soll doch einer seiner Studenten genau diese Fragen im Vorlesungssaal stellen, wenn er mal versucht diese Propaganda als Fakt an seine Studenten weiterzugeben.

[electic going]

Naja, solche festgefahrenen Köpfe gibt es halt überall: https://youtu.be/W-WbpUWWfe4

[EVduck]

Sobald dieses Argument, gerne als 'Grenzbetrachtung' dargestellt, kommt, breche ich die Diskussion wegen Zwecklosigkeit ab. Die Anhänger dieser These sind mE entweder dumm oder unredlich.

[kub0815]

Sein Argument ist das gleich wie beim richtigen Ökostrom. Da macht ein umstellen auch nur sinn wenn im gegenzug der Ökostrom um diesen weiteren Verbrauche erhöt bzw ausgebaut wird. Damit ein Elektroauto auch wirklich den CO2 verbraucht senkt muss für diese auch ein CO2 freier Stromerzeuger gebaut werden. Wenn man also die vielen pseudo Ökostromtarife die bei uns rumgesitern als grundlage nimmt hat er recht.

[EVduck]

Nein, das Argument beißt sich schon von vornherein.
1. Selbst wenn ich zu 100% mit Kohlestrom unterwegs wäre, würde ich real weniger CO2 aussoßen, als mit einem Verbrenner, selbst dann, wenn ich mir den Verbrenner mit den NEFZ Werten schön rechne!
2. Wird immer noch mehr regenerative Leistung zugebaut als der Strombedarf für die Mobilität wächst. Also könnte ich sogar argumentieren, alle neu zugelassenen Fahrzeuge sind zu 100% regenerativ unterwegs, wenn ich sein 'Grenzbetrachtung'sargument benutze.
3. Wird mein Fahrzeug mit steigendem regenerativem Stromanteil von Jahr zu Jahr besser, jeder Verbrenner wird von Jahr zu Jahr hingegen schlechter.

[bm3]

Die Pseudo-Ökostrom-Tarife kann man aber nicht als Grundlage nehmen, ich kann nicht für Ö. schreiben aber wer in D. echten Ökostrom einkaufen will der bekommt auch welchen. Außerdem laden viele E-Auto-Fahrer inzwischen schon ihren eigenen Strom vom Dach, wenigstens zu einem großen Teil und sparen auch noch Verteilungsverluste im Netz damit ein. Den Strommix kann man auch nicht einfach ausblenden oder anderen (Lieblings-)Verbrauchern zuschieben. Schaffung von alternativen Fakten ... für einen Mann mit öffentlichem Lehrauftrag höchst bedenklich ...

[cpeter]

@kub0815: Die Argumentation, dass zertifizierter Grünstrom nur pseudo CO2 neutral ist vergisst aber (absichtlich?), dass es natürlich einen gewaltigen Unterschied macht, ob die Konsumenten nach erneuerbaren Energien fragen oder nicht. Durch den hohen Bedarf an erneuerbaren Energien werden ja Firmen bzw. Projekte, die erneuerbare Energieerzeugung ausbauen finanziert.

Wenn‘s mir als Konsument egal ist und ich nur den billigsten Strom einkaufe, dann bekomme ich potentiell Atomstrom oder Kohlestrom und fördere den Ausbau der entsprechenden Kraftwerke.

Ich beziehe meinen Strom übrigens von einem Betreiber und Errichter von Windparkanlagen. Dadurch, dass mein Vertrag über diese Firma läuft, trage ich also ganz persönlich dazu bei, dass neue Windräder aufgestellt werden.

Hier liegt eben auch einer der gravierenden Fehler in der Argumentation von Prof. Wirl: die Kapazität der erneuerbaren Energieerzeugung ist nicht statisch, sondern wird ganz im Gegenteil kontinuierlich ausgebaut. In Österreich wird Zusatzbedarf (egal, ob das ein neues Shoppingcenter oder Elektroautos sind) primär durch den Ausbau von erneuerbarer Energie abgedeckt.

Der Ausbau der erneuerbaren elektrischen Energieversorgung richtet sich selbstverständlich nach dem Gesamtzusatzbedarf - inklusive des Zusatzbedarfs durch Elektromobilität.

[Cerebro]

Welche Forschungsgelder er wohl dafür bekommen hat??? Universitäten sind doch schon ewig nicht mehr unabhängig, sondern abhängig von Geldern aus der Wirtschaft.