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Tankstellen im Umbruch: Vom Kraftstoffverkauf zum Mobilitätsknoten

Tankstelle der ZukunftEine neue Studie von BearingPoint zeigt: Tankstellen müssen sich neu erfinden. Stadt, Land und Autobahn erfordern unterschiedliche Konzepte – mit Fokus auf Digitalisierung, Services und Schnellladen.

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Rückläufige Zahlen und neue Anforderungen

Der Tankstellenmarkt in Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Eine aktuelle Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint zeigt, wie sich das Geschäftsmodell der Tankstelle bis 2040 grundlegend wandeln könnte. Seit dem Höchststand im Jahr 1970 mit über 46.000 Standorten ist die Zahl der Tankstellen auf aktuell rund 14.442 gesunken – ein Rückgang von etwa 68 Prozent. Prognosen zufolge könnte diese Zahl bis 2035 je nach Entwicklungsszenario weiter auf 12.800 oder sogar 11.000 sinken. Besonders betroffen sind ländliche Standorte, denen es an wirtschaftlicher Perspektive mangelt.

Gründe für diesen Wandel sind vielfältig: sinkender Kraftstoffabsatz durch effizientere Fahrzeuge, zunehmende Elektromobilität mit Heimladeoptionen, verändertes Mobilitätsverhalten sowie steigende Betriebskosten und regulatorische Anforderungen. Die Rolle der Tankstelle als reiner Kraftstofflieferant verliert damit zunehmend an Bedeutung.

Neue Erlösquellen: Shop und Services gewinnen an Gewicht

Trotz des nach wie vor dominanten Anteils von Kraftstoffen am Umsatz zeigen die Ergebnisse der Studie deutlich: Der wirtschaftliche Fokus verschiebt sich. Bereits heute wird rund 60 Prozent des Gewinns durch das Shopgeschäft erzielt – mit Produkten wie Getränken, Snacks oder Tabakwaren. Zusätzliche Services wie Autowäsche, Paketdienste oder Geldautomaten ergänzen das Angebot und erhöhen die Kundenfrequenz.

In städtischen Lagen mit hoher Frequenz und begrenztem Platzangebot sind insbesondere ertragsstarke und kompakte Shoplösungen gefragt. Auf dem Land hingegen bleibt der Kraftstoffverkauf zentral, wird jedoch zunehmend durch regionale Angebote wie Waschanlagen oder Produkte aus der Umgebung ergänzt. An Autobahnen wiederum entwickeln sich Tankstellen zu Verweilorten mit Gastronomie, WLAN und Schnellladepunkten – ein klarer Bruch mit dem traditionellen Schnellstopp.

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Digitalisierung als zentraler Hebel der Transformation

Ein zentrales Ergebnis der Analyse ist die steigende Relevanz digitaler Services für die Tankstelle der Zukunft. Über 60 Prozent der befragten Konsumenten würden eine Tankstelle eher nutzen, wenn Treueprogramme, Rabatte oder digitale Bonuspunkte angeboten würden. Auch kontaktloses Bezahlen, digitale Preisinformationen und In-Car-Payment werden stark nachgefragt.

Für viele Betreiber stellt die digitale Transformation allerdings eine Hürde dar: Hohe Investitionskosten, komplexe Systemlandschaften und Fachkräftemangel erschweren die Umsetzung. Dennoch zeigt die Studie: Die konsequente Digitalisierung von Kundenkontaktpunkten und Prozessen bietet Potenzial zur Effizienzsteigerung und zur Stärkung der Kundenbindung.

Drei Szenarien: Stadt, Land und Autobahn

Je nach Standort unterscheidet die Studie drei strategische Entwicklungspfade für Tankstellen:

In der Stadt entwickelt sich die Tankstelle zum Mobilitäts-Hub. Ladepunkte für Pkw, E-Bikes und Mikromobilität, Pick-up-Stationen, autonome Kioske und digitale Buchungssysteme machen sie zur vernetzten Plattform für Mobilität und Versorgung. Flächenknappheit und hohe Mieten erfordern kompakte, technologiegetriebene Konzepte.

Auf dem Land stehen klassische Tankstellen unter Druck. Geringere Frequenz, Heimladen und Bevölkerungsrückgang reduzieren die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Zukunftsfähig bleiben nur Standorte, die durch lokale Integration, technische Services oder Nahversorgungsfunktionen eine neue Rolle finden – etwa als Teil eines Dorfladens oder Gemeindezentrums.

Entlang von Autobahnen transformiert sich die Tankstelle zur modernen Verweilstation. Längere Ladezeiten bei E-Autos machen Aufenthaltsqualität zum entscheidenden Faktor. High Power Charging, Gastronomie, digitale Dienste und Co-Working-Angebote kennzeichnen die neue Ausrichtung.

Veränderte Marktstrukturen und Handlungsempfehlungen

Die Studie geht auch auf die strukturellen Veränderungen im Markt ein. Derzeit kontrollieren die fünf großen Marken Aral, Shell, TotalEnergies, Esso und Jet etwa zwei Drittel des Kraftstoffabsatzes. In Zukunft könnten neue Player aus dem Energie-, Handels- oder Technologiesektor an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig gewinnen mittelständische Betreiber an Relevanz – vor allem durch regionale Nähe und Flexibilität.

BearingPoint leitet aus der Analyse mehrere Handlungsempfehlungen für Betreiber ab:

  • Standortanalyse und strategisches Portfoliomanagement
  • Entwicklung standortspezifischer Konzepte für Stadt, Land und Autobahn
  • Aufbau von Partnerschaften mit Energie-, Handels- und IT-Unternehmen
  • Digitalisierung von Prozessen und Kundenkontaktpunkten
  • Ansprache neuer Zielgruppen wie Flotten- oder Plattformbetreiber

Die Branche steht an einem Wendepunkt – und wer rechtzeitig reagiert, kann neue Geschäftsmodelle erschließen und langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichern.

Wie stellt ihr euch die ideale Tankstelle der Zukunft vor – eher als Serviceplattform oder als Ort der kurzen Pause?

Hier gehts zu Studie: bearingpoint.com

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2 Kommentare zu “Tankstellen im Umbruch: Vom Kraftstoffverkauf zum Mobilitätsknoten

  1. Die Tankstelle der Zukunft steht bei meinem Arbeitgeber auf dem Firmenparkplatz und hängt dann auch bei Mietwohnungen an der Wand.

  2. Ich denke, das Laden innerhalb von 5 Minuten wird noch längere Zeit eher den Ankündigungsspalten und dann vielleicht der Oberklasse vorbehalten bleiben.
    Insofern besteht sicherlich Interesse an einer Aufenthaltsqualität, wenn man das Auto 15-30 Minuten lang laden möchte. Saubere Toilette, ein kleiner Imbiss, leckerer Kaffee und andere Getränke.

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