
Mercedes-Benz Trucks testet gemeinsam mit MANSIO ein Pilotprojekt im Fernverkehr. Dabei tauschen Lkw in der Mitte ihrer Strecke die Auflieger, um Auslastung und Fahrzeiten zu optimieren – unter Einsatz eines eActros 600.
Pilotprojekt verbindet Elektro- und Diesel-Lkw im Stafettenverkehr
Mercedes-Benz Trucks erprobt gemeinsam mit dem Aachener Technologieunternehmen MANSIO ein neues Logistikkonzept, das sich am Prinzip des historischen Pony-Express orientiert. Ziel des Pilotprojekts ist die effizientere Nutzung von Lkw im Fernverkehr durch sogenannten Begegnungsverkehr. Dabei tauschen zwei Lastwagen ihre Auflieger an einem festgelegten Punkt auf halber Strecke und kehren jeweils an ihren Ausgangsort zurück. Im Unterschied zum ursprünglichen Pony-Express, bei dem es um Schnelligkeit ging, steht bei der modernen Umsetzung die bessere Fahrzeugauslastung im Fokus.
Der tägliche Rundlauf, der in Zusammenarbeit mit der Spedition Logistik Schmitt durchgeführt wird, erstreckt sich über eine Strecke von rund 1.000 Kilometern zwischen dem Daimler Buses-Werk in Mannheim und einem Zulieferbetrieb bei Leipzig. Als Fahrzeuge kommen ein vollelektrischer Mercedes-Benz eActros 600 und ein konventionell angetriebener Actros L zum Einsatz. Der Austauschpunkt liegt zentral, voraussichtlich im Raum Hermsdorfer Kreuz, wo auch Ladeinfrastruktur von Milence verfügbar ist. Der eActros 600 wird sowohl am Werk in Mannheim als auch am Ladepark am Hermsdorfer Kreuz geladen.
Einsatz digitaler Plattformen für unternehmensübergreifende Koordination
Die Umsetzung des Projekts basiert auf einer intelligenten Softwarelösung des Unternehmens MANSIO, das eine Echtzeit-Synchronisierung der beteiligten Fahrzeuge ermöglicht. Die Plattform verbindet die IT-Systeme verschiedener Speditionen und ermöglicht damit eine koordinierte Übergabe von Aufliegern unabhängig von Unternehmensgrenzen. Entscheidend für den Erfolg des Begegnungsverkehrs ist die nahtlose Abstimmung der Fahrten – Wartezeiten an den Übergabepunkten würden den Effizienzvorteil zunichtemachen.
Zu den erfassten und ausgetauschten Daten gehören unter anderem der aktuelle Standort der Fahrzeuge, die geschätzten Ankunftszeiten, Batterieladezustände bei Elektro-Lkw sowie Details zu den Routen und Transportaufträgen. Das System erlaubt so eine flexible und präzise Steuerung der Transportketten – sowohl für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor als auch für batterieelektrische Modelle.
Mehr Fahrkomfort und Rückkehrmöglichkeiten für das Fahrpersonal
Ein weiterer Vorteil des Modells: Der Fahrer kann nach dem Rückweg zu seinem Heimatstandort die Schicht beenden und zu Hause übernachten, anstatt auf einem Rastplatz im Fahrzeug. Dieser Aspekt gewinnt angesichts des wachsenden Mangels an Berufskraftfahrern zunehmend an Bedeutung. Verbesserte Arbeitsbedingungen könnten dazu beitragen, den Beruf wieder attraktiver zu machen. Die Rückkehrmöglichkeit nach jeder Schicht ist bislang nur bei Speditionen mit mehreren Depots gängige Praxis. Das neue System könnte dies nun auch für kleinere oder spezialisierte Transportunternehmen ermöglichen.
Das Pilotprojekt ist im Frühjahr 2025 angelaufen und soll zunächst über einen Zeitraum von sechs Monaten betrieben werden. Dabei liegt der Fokus auf dem Zusammenspiel von Elektromobilität, digitaler Steuerung und effizienter Ressourcennutzung – mit dem Ziel, langfristig neue Standards im Straßengüterverkehr zu etablieren.
Historisches Vorbild: Der Pony-Express als Logistik-Inspiration
Das zugrundeliegende Konzept greift die Idee des Pony-Express aus dem Jahr 1860 auf, bei dem Reiter auf einer Strecke von etwa 3.200 Kilometern Post von Missouri nach Kalifornien übergaben. Durch regelmäßige Reiterwechsel konnte die gesamte Strecke innerhalb von rund zehn Tagen bewältigt werden – ein damals revolutionäres Logistiksystem, das jetzt in abgewandelter Form auf den modernen Lkw-Verkehr übertragen wird.
Was haltet ihr von dem Konzept des Begegnungsverkehrs im Ferntransport – praktikable Lösung oder schwer umsetzbar im Alltag?