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Wo wir stehen und weshalb es nicht vorangeht

Adoptionskurve Elektroautomarkt
Marktdurchdringungskurve
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Nach den wiederholt schwachen Verkaufszahlen für Elektroautos im November, habe ich ein wenig über die Gründe der Marktentwicklung nachgedacht. Schlussendlich hat mich Jack Richard auf die Lösung gebracht. Weshalb wir noch nicht so weit sind und uns die OEMs nur bedingt weiterhelfen können.

 

Diagramm Adoptionskurve ElektroautomarktRechts seht ihr eine Marktdurchdringungskurve, auch Adoptionskurve genannt. Sie zeigt wie sich Technologien, Gerücht, etc im Markt und in der Gesellschaft verbreiten. Die Prozentsätze sind nicht ganz fix und die Anteile der einzelnen Phasen können sich etwas verschieben, im Allgemeinen verhält sich die Marktdurchdringung jedoch wie im Diagramm gezeigt.

Die erste Phase wird von Innovatoren bestimmt, die sich durch eine Vorliebe für neue Technologien, aber eben auch durch eine sehr hohe Zahlungsbereitschaft auszeichnen. Bis zu einem Marktanteil von 2,5 Prozent hält diese Phase an. Danach folgen die frühen Übernehmer, die das Feld bis zu einem Anteil von 16 % bestimmen. Sie interessieren sich stark für neue Technik, die Zahlungsbereitschaft ist jedoch deutlich geringer als bei der ersten Gruppe. Mit der frühen Mehrheit endet die Phase derer, die für ein Produkt mehr ausgeben als es unbedingt notwendig ist. Die letzten 50 Prozent des Marktes sind von denen bestimmt, die erst dann auf eine neue Technologie umsteigen, wenn es nicht mehr anders geht, vor allem bei der Gruppe der Nachzügler.

Mit den ersten 2,5 Prozent ist so gut wie kein Geld zu verdienen. Den hohen Investitionskosten stehen derart kleine Stückzahlen gegenüber, dass die OEMs, die nur das Bestreben nach Profit kennen, auf diesem Markt (noch) nicht mitspielen können. Sie kommen erst in einer späteren Phase ins Spiel, wenn die Margen zwar sinken, es jedoch hauptsächlich um ein schnelles Hochfahren der Produktionskapazitäten geht. Die Anbieter der ersten Stunde können diese Geschwindigkeit oft nicht mitgehen, gehen unter oder werden aufgekauft.

Auch ist der Schritt von den Innovatoren zu den frühen Übernehmern nicht zwangläufig. Wie Gerüchte einfach so wieder verschwinden und nie wirklich Verbreitung finden, so verschinden auch Technologien wieder vom Markt, wenn die nächste Zielgruppe, die andere Bedürfnisse hat als die vorherige, nicht erreicht wird.

Die Frage ist nun: Wo stehen wir?

Nehmen wir einfach mal die Zahlen vom Jahreswechsel 2011/2012. Etwa 3,17 Millionen PKW wurden im vergangenen Jahr neu zugelassen. Dem stehen 2.154 Elektroautos gegenüber, nach Adam Riese ein Anteil von 0,068 Prozent. Bis wir also die unrentable Phase verlassen, braucht es in etwa 80.000 neue Elektroautos pro Jahr. Wenn das zweite Halbjahr hält was das erste versprochen hat (1.419 neue E-Autos), werden wir in diesem Jahr auf etwa 3.000 neue Elektroautos kommen. Dies wäre immerhin ein respektabler Zuwachs von 50 Prozent, der Anteil der gewerblichen Neuzulassungen von 80 Prozent und mehr zeigt jedoch, dass diese Autos entweder noch bei Händlern auf dem Hof stehen oder von Firmen rein aus Imagegründen oder zum Ausspähen der Konkurrenz gekauft werden. Am Markt sind sie jedenfalls noch nicht angekommen.

Bei den Elektroautos haben wir das besondere Phänomen, dass sich eigentlich viel zu früh große Automobilhersteller engagieren. Durch staatliche Subventionen wird derzeit versucht ein Markt zu puschen, der eigentlich noch nicht so weit ist. Das kann aufgehen, wenn sich jedoch die Hoffnungen der OEMs nicht erfüllen, werden sie sich zurückziehen, die Investitionen abschreiben und der Markt wird sich am Ende langsamer entwickeln als es ohne diesen frühen Hype der Fall gewesen wäre.

Die Entwicklung des Marktes ist dann auch eher ein soziologisches als ein technisches Problem. Wie sich ein Gerücht plötzlich verselbständigt, wenn ein gewisser Anteil der Bevölkerung davon weiß (etwa 2,5 Prozent), so muss sich auch die Gesellschaft erst mit dem Thema Elektromobilität beschäftigen, sie erfahren, im wahrsten Sinne des Wortes, bevor sie sich wirklich durchsetzen kann.

Wie die ersten ihren völlig überteuerten Palm herumgereicht, das Interesse an einem Computer für die Hosentasche bei anderen geweckt haben, so gilt es auch das Elektroauto zu zeigen, darüber zu berichten.

Auch wenn ich noch immer davon überzeugt bin, dass das Elektroauto der richtige Weg ist, so bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass der Weg noch sehr viel länger ist als er heute scheint und dieser Anlauf nicht unbedingt der letzte gewesen sein muss.

Danke an Jack von EVTV für den Erkenntnisgewinn, wenn er auch manchmal in ein wenig viel Blabla verpackt ist 😉 Wer die Sendung schon mal gesehen hat, der weiß wovon ich spreche.

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5 Kommentare zu “Wo wir stehen und weshalb es nicht vorangeht

  1. Sehr interessant. Danke. Hätte auch nicht gedacht, dass wir so weit am Anfang stehen.

  2. Ja, sehr cool mal etwas aus den Wirtschaftswissenschaften heran zu ziehen. Elon Musk und Tesla scheinen ihr Handeln ja auch daran zu orientieren: sie verfolgen einen Top-Down-Ansatz der Modelle für zahlungskräftigen Enthusiasten heraus bringt, um auch mit den ersten Prozent Gewinn zu machen. Die Fahrzeuge werden immer günstiger, die Stückzahl steigt und jedes Modell ist für sich lukrativ und legt die Basis für das Nächste, bis wir bei der Masse der Mittelklasse angekommen sind. Fragt sich, ob die Großen wie GM und Nissan da aber nicht früher sind. Die verbrennen eben das Geld, bis sie was haben, was sich lohnt (wie Toyota beim Prius). Nur wäre das ohne Tesla wohl nicht angestoßen worden.

  3. Ja, so in der Richtung gehen auch meine Szenarien.

    Vom vollständigen (vorläufigen) Flop bis zum Marktanteil im zweistelligen Bereich in den nächsten 10 Jahren ist alles denkbar.

    Die Realität wird irgendwo dazwischen liegen.

    Die Einflüsse des wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Umfeldes sind jedoch derart komplex, dass eine Vorhersage unmöglich wird.

    Was wir tun können:
    E-Mobilität vorleben, nicht als etwas exotisches, sondern alltäglich, unspektakulär.
    Wenn dein Umfeld mal geschnallt hat, dass E.-Autos „ganz normal“ nutzbar sind, wird es auch über eine eigene Anschaffung nachdenken.
    Und wenn dann noch die Industrie vertretbare Angebote macht, bewegt sich auch was.

  4. Die Analyse ist sicher richtig. Aus meiner Sicht ist das entscheidende Problem jedoch, dass Elektroautos im Moment keinen einzigen realen Produktvorteil bieten. Sie sind nicht schneller, schöner, billiger, sexier, komfortabler etc. als Verbrenner. Und je nach Rechnung auch nicht günstiger. Das Bild kann sich mit steigenden Spritpreisen, staatlichen Subventionen, höheren Reichweiten etc. innerhalb von Monaten wenden – etwa, wenn die deutschen Hersteller voll einsteigen.

    Vielleicht begeht die Industrie auch den Fehler, Elektroautos als etwas sensationell Anderes zu positionieren. M.E. sollte sie darauf hinweisen, dass es ganz normale Alltagsfahrzeuge sind – nur eben ohne Abgase. Was dann allerdings die „Innovatoren“ und die „Early Adopters“ nicht gerade anmachen würde…

  5. Es ist ja nicht das erste Mal dass E-Mobile floppen, 1990 gab es schon mal nen Versuch. Gut nun haben wir LiFePO4 statt NiMH aber dadurch wird die Chose auch teurer. Ich denke der Durchbruch wird nur mit einer CAFE Lösung kommen wo BMW, Audi und Co. CO2-Vorgaben im Bezug auf die verkaufte Flotte erfüllen müssen um die zu nennen dies sich das auch leisten können…

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